
"Merz’ Tonfall? Gleichförmig ruhig und zurückgenommen, positiv ausgedrückt präsidial, böse gesagt ein Merkel-Echo", beschreibt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG den Auftritt des Bundeskanzlers. "Die Körpersprache? Seltsam gehemmt, mal mit beiden Händen am Rednerpult, mal mit ineinander verhakelten Fingern vorm Manuskript, als suche er Halt. Und inhaltlich? Buchhalterisch bieder: Nur einmal, als es um die Energiewende ging, sprach Merz kurz frei über die aus seiner Sicht verdienstvolle Arbeit seiner Wirtschaftsministerin. Aber sonst las er nur vor, und dazu gehörten Trockenheiten wie: 'Der Generationenvertrag muss neu gedacht werden', oder: 'Wenn die Gesellschaft sich ändert, dann muss sich die Politik ändern.' Den Bundestag mitreißen? Man sah mehrere Abgeordnete im Plenum tatsächlich gähnen", notiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU resümiert: "Die Regierung bemüht sich nun offenbar ernsthaft um die innerbetriebliche Kommunikation. Es war bei der Debatte deutlich zu spüren, dass die Partner der schwarz-roten Koalition jetzt mal für eine Weile halbwegs harmonisch zusammenarbeiten wollen. Es gibt ja auch genug zu tun. Der Kanzler hat in seiner Rede deutlich gemacht, dass er sich einen Mentalitätswandel im Land wünscht. Allerdings reicht ihm wohl auch da die Sparversion – alle müssen halt einfach ein bisschen mehr arbeiten, dann wird das schon. Dieser einseitige Blick könnte unser Land teuer zu stehen kommen. Wenn die Zeiten wirklich so ernst sind wie immer wieder beschworen, müsste der Herbst der Reformen viel größer gedacht werden", findet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Kritik kommt vom STRAUBINGER TAGBLATT: "Zwar hat Merz die anhaltenden Streitigkeiten über die richtige Haushaltspolitik, soziale Ungleichgewichte, die angespannte Lage der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung, die demografischen Herausforderungen und die wirtschaftliche Schwäche angesprochen. Doch konkrete Antworten auf Strukturprobleme blieben aus."
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz meint, Merz habe die Botschaft gesetzt, die er wollte – und die nach Lage der Dinge auch absolut richtig sei: "Im deutschen Sozialstaat muss sich manches ändern und vieles effizienter funktionieren, damit er nicht irgendwann kollabiert. Es geht darum, ihn zu erhalten und so aufzustellen, dass er dauerhaft finanzierbar bleibt. Wenn die SPD eine Partei der Arbeit sein will, dann muss sie ihren Beitrag dazu leisten, dass Arbeit in Deutschland nicht durchgehend zu teuer ist. Sowohl in Sachen Haushalt als auch in der Sozialstaatsdebatte befindet sich Schwarz-Rot momentan noch in dem Stadium, in dem die Dinge einigermaßen leicht zu bewältigen sind. Der mehr als 500 Milliarden Euro schwere Haushalt für 2025 war nicht so schwer aufzustellen. Aber auch die härteste Reformdebatte ist am Ende nur eine Wohlfühldebatte, wenn sie nicht konkret geführt wird. Union und SPD müssen jetzt zeigen, ob sie das gemeinsam hinbekommen", bemerkt die FREIE PRESSE.
Nach Meinung der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG wird es erst konkret, "wenn die von der Koalition beauftragten Kommissionen ihre Arbeit gemacht haben. Im Dezember könnten Vorschläge für den Sozialstaat vorliegen. Erst dann geht es um die Glaubwürdigkeit der Koalition und des Kanzlers: Was machen sie daraus? Bis dahin sind es ungelegte Eier, auf die sich die Opposition stürzt - mit Ausnahme der schon gebrochenen Wahlversprechen, des 'CDU-Umfallens', wie es die AfD bezeichnet und ausschlachtet", konstatiert die F.A.Z.
Die STUTTGARTER ZEITUNG sieht die große Herausforderung im Etat für 2027, "in dem eine Lücke von 30 Milliarden Euro klafft. Die Regierung hat bislang nur gezeigt, dass sie Geld ausgeben kann. Der Beweis, ob sie sparen kann, steht noch aus. Und die Sozialversicherungsdebatte bewegt sich weiter auf dem Niveau, dass alle zwar sagen, wo sie hinwollen – aber gleichzeitig sehr wenig darüber sprechen, wie das Ganze funktionieren könnte. Und – jenseits abstrakter Aussagen – erst recht nicht darüber, dass es allen, wirklich allen Anstrengungen und Opfer abverlangen wird", unterstreicht die STUTTGARTER ZEITUNG.
Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Sanktionen gegen Israel sind Thema in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG: "Auch dieses zweite vorgeschlagene Sanktionspaket wird absehbar nicht dienötige Mehrheit unter den 27 Mitgliedstaaten finden. Es hat ja schon das erste,harmlosere Sanktionspaket keine Mehrheit gefunden. Das mindeste, was man deshalb von der EU-Kommission erwarten kann: Sie sollte nicht noch ein drittes chancenloses Sanktionspaket auf den Weg bringen, dessen Scheitern dem Ruf der EU weiteren Schaden zufügen würde. Sie sollte ihre Machtlosigkeit anerkennen und die Nahostpolitik den Mitgliedstaaten überlassen", rät die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Und der KÖLNER STADT-ANZEIGER betont: "Auch wenn EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen genau weiß, dass ein Großteil der Sanktionen nicht die nötigen Stimmen der Mitgliedstaaten finden wird, darf man die Wirkung nicht kleinreden. Dieser Schritt ist ein Wendepunkt. Er sendet das lange erwartete, längst überfällige Signal: Europa ist nicht länger bereit, tatenlos in Gaza zuzuschauen. Die Botschaft ist unmissverständlich: Israel muss seine Angriffe stoppen, das Leid im Gazastreifen beenden, einen Exit-Plan für den Krieg vorlegen und endlich eine Perspektive für die Menschen in Gaza eröffnen. Wer Partner sein will, muss sich an Recht und Gesetz halten", verlangt der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Aus Sicht der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) wird der Druck aus Brüssel wird immer größer. "Eine Idee der EU-Kommission für Sanktionen gegen die Regierung Netanjahu ist tatsächlich überzeugend: Strafmaßnahmen gegen extremistische israelische Minister. Klar, das wäre vor allem Symbolik, eine Verhaltensänderung würde man damit wohl kaum erreichen. Aber es wäre eben genau das richtige Symbol. Wegen der Drohung seiner Minister, Netanjahu die Mehrheit in der Knesset zu entziehen, wenn er den Konflikt beendet, wird der brutal geführte Krieg gegen die Steinzeit-Islamisten der Hamas nicht beendet. Nicht richtig wären hingegen Sanktionen gegen den Freihandel mit Israel. Höhere Zölle auf fast 40 Prozent der Importe eines befreundeten Landes sind keine gute Idee. Eine klare Mehrheit der Israelis ist Umfragen zufolge für einen Waffenstillstand. Warum sollte Deutschland Maßnahmen ergreifen, die diesen Menschen genauso schaden wie den Kriegstreibern?", fragt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
"Das Scheitern der Europäer ist beschämend angesichts der Völkerrechtsverstöße Israels im Gazastreifen und der Siedlungspolitik im Westjordanland, die eine Zwei-Staaten-Lösung mittlerweile unmöglich machen", lautet das Fazit der NÜRNBERGER ZEITUNG: "Damit die EU ihre Glaubwürdigkeit nicht in Gänze verliert, braucht es mehr als Sonntagsreden oder gutes Zureden. Und obwohl es sich bei den vorgeschlagenen Sanktionen um kaum mehr als Symbolpolitik handelt, wäre zumindest eine Botschaft in Richtung Jerusalem wichtig. Dass diese höchstwahrscheinlich wegen interner Streitigkeiten ausbleibt, offenbart zum wiederholten Mal die Doppelstandards der Europäer", moniert die NÜRNBERGER ZEITUNG.
DIE RHEINPFALZ aus Ludwigshafen geht auf die Haltung Deutschlands ein: "Wenn Deutschland der Freund Israels sein will, dann muss es Netanjahu endlich signalisieren, dass er den Bogen völlig überspannt hat. Dann darf es EU-Sanktionen nicht länger blockieren. Denn Netanjahus Regierung ist inzwischen nicht nur verantwortlich für tausendfaches Sterben im Gazastreifen, sie ist auch dafür verantwortlich, dass für die letzten in der Gewalt der Terrororganisation Hamas verbliebenen Geiseln das Schlimmste befürchtet werden muss." Wir zitierten DIE RHEINPFALZ zum Abschluss der Presseschau.