22. September 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit Stimmen zur Deutschen Bahn, die erstmals eine Frau an der Spitze bekommen soll. Kommentiert wird auch die Anerkennung von Palästina als Staat durch weitere Länder. Doch zunächst geht es um die Verletzung des NATO-Luftraums durch russische Kampfflugzeuge.

Russischer Kampfjet fliegt vor weißen Wolken am Himmel
Ein Thema in den Zeitungen: Die wiederholte russische Verletzung des Luftraums von NATO-Staaten (Archivbild). (picture alliance / Zoonar / Alexander Strela)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG findet, das Militärbündnis sollte die Vorfälle ernst nehmen, jedoch: "Hysterie ist fehl am Platz. Die Vorstellung, man müsse auf solche Provokationen das nächste Mal mit Abschuss reagieren, wäre eine solche Überreaktion. Es gibt eine Reihe von abgestuften Möglichkeiten, eindringende Flugzeuge abzufangen und zur Umkehr zu zwingen. Wahr ist allerdings auch, dass sie letztlich nur dann wirksam sind, wenn die verteidigenden Luftstreitkräfte äußerstenfalls die Option haben, das Feuer zu eröffnen - und wenn sie das glaubwürdig vermitteln können. Darum geht es, wenn die NATO sich mit den jüngsten Übergriffen der Russen befasst. Sie muss eine Reaktion zeigen, die Moskau, aber auch den Hauptstädten der eigenen Mitgliedstaaten zeigt, dass das Verteidigungsversprechen immer noch glaubhaft ist", betont die F.A.Z.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf glaubt: "Die Europäer stehen nun vor einem Dilemma: Auf die russischen Provokationen müssen sie eine Antwort finden – irgendetwas zwischen Nichtstun und dem Abschuss von russischen Jets. Ein Abschuss hätte kurzfristig unkalkulierbare Folgen, Nichtstun hätte das sicherlich langfristig. Europa muss sogar darauf gefasst sein, dass Trump sich ganz zurückzieht - und auch für einen solchen Fall einen Plan haben. Der US-Präsident hat schon früher betont, dass zwischen Washington und Moskau ein Ozean liege. Es bleibt also zu hoffen, dass die NATO bei ihren kommenden Beratungen auf die schwierigen Fragen gute Antworten findet", notiert die RHEINISCHE POST.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kritisiert US-Präsident Trump: "Weder hat er schärfere Sanktionen gegen Russland angeordnet, noch hat er amerikanische Jets an die NATO-Ostgrenze entsandt, um Solidarität mit den Verbündeten zu zeigen. Von Trump gab es bisher nicht einmal eine unzweideutige Stellungnahme, die Russland als den Provokateur benennt und das in Artikel 5 des NATO-Vertrags festgelegte Versprechen bekräftigt: Wenn ein Mitglied des Bündnisses angegriffen wird, helfen ihm alle anderen – sprich: auch Amerika – bei der Verteidigung. De facto demontiert Trump auf diese Weise das, was die Allianz zusammenhält und stark macht: die glaubwürdige gemeinsame Abschreckung", meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU empfiehlt: "Um den betroffenen Staaten an der NATO-Ostflanke beizustehen, sollte das Verteidigungsbündnis die eigenen Fähigkeiten zur Luftverteidigung ausbauen und vor allem die Drohnenabwehr verbessern. Politisch sollten die Europäer die Vorfälle durch die UNO mit dem Ziel aufklären lassen, sie zu verurteilen. Schließlich bedrohen derartige Attacken den Frieden. Klare Ansagen gegenüber dem russischen Regime und zusätzliche Sanktionen wären ebenfalls hilfreich, um die Provokationen zu stoppen", hält die FRANKFURTER RUNDSCHAU fest.
Der Kreml bestreite die Vorwürfe, konstatiert die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam: "Aber wer soll das glauben? Russland hat den estnischen Luftraum allein in diesem Jahr schon viermal verletzt. Versehentlich? Und nun wieder, nach all der Empörung über die Drohnen in Polen? Putin will Angst bei den einen schüren, Ärger bei den anderen."
"Die Rechnung von Putin geht auf", schreibt die SÜDWEST PRESSE: "Die Europäer in der NATO zeigen sich auch dieses Mal nicht als starke Gemeinschaft, sondern als der ewige Debattierklub. Man will, kann aber nicht so richtig und kommt am Ende zur Entscheidung, mit weiteren wachsweichen Sanktionen zu drohen, die auch nur halbherzig umgesetzt werden. Abschrecken kann man so niemanden mehr. Damit wird die Entschlossenheit Europas immer weiter infrage gestellt, und das ist das eigentliche Ziel des russischen Herrschers: Die EU so lange vorzuführen, bis sie sich politisch selbst zerlegt." Wir zitierten die SÜDWEST PRESSE aus Ulm.
Themenwechsel. Die LANDSHUTER ZEITUNG beschäftigt sich mit der Anerkennung von Palästina als Staat durch weitere Länder. Das Blatt vermutet dahinter den Versuch, "diplomatischen Druck auszuüben. Er wird keine konkreten Folgen haben, das Leid auf beiden Seiten nicht beenden, kein einziges Menschenleben retten. Aber er ist ein wichtiges Bekenntnis dafür, dass an der Zwei-Staaten-Lösung festgehalten werden muss – so weit entfernt sie heute erscheint, auch angesichts des Hasses auf beiden Seiten. Sie ist der einzige Weg für Stabilität und Sicherheit, auch für Israel", ist die LANDSHUTER ZEITUNG überzeugt.
Das FLENSBURGER TAGEBLATT vertritt diese Ansicht: "Wenn von einem Staat Palästina geredet wird, kann man mit einer klassischen Definition eines Staates fragen: Wo sind Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt? Eine einseitige Anerkennung eines nicht lebensfähigen Palästinenser-Staates ist gefährlich. Es muss einen anderen Weg zu einem Waffenstillstand in Gaza geben. Er beginnt damit, dass die Hamas ihre Waffen niederlegt und ihre Geiseln endlich freilässt. Am besten gleich alle zwei Millionen Menschen in Gaza", schlägt das FLENSBURGER TAGEBLATT vor.
Nun geht es um die Deutsche Bahn. Bundesverkehrsminister Schnieder will heute die künftige Strategie für den Staatskonzern vorstellen. Erwartet wird auch, dass er die Vorständin Palla als Nachfolgerin von Bahnchef Lutz präsentiert. Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG führt aus: "Die Südtirolerin kam 2019 von der deutlich pünktlicheren Österreichischen Bahn zur DB, führt seit drei Jahren den Regionalverkehr und erwirtschaftete dort zuletzt sogar Gewinn. Sie hat sich einen ausgezeichneten Ruf und das Vertrauen der Mitarbeiter erarbeitet. Sie gilt als hart, aber flexibel, als klug und bedacht. Auch, dass jetzt zum ersten Mal eine Frau die Weichen stellt, steht für den notwendigen und ersehnten Neustart. Wunder wird Palla allerdings nicht vollbringen können. Die Probleme, die sich vor ihr auftürmen, sind zu gigantisch. Marode und heillos überlastete Infrastruktur. Verschleppte Digitalisierung. Verspätungen, Zugausfälle, zu wenig und überfordertes und schlecht gelauntes Personal. Daran wird auch die neue Bahn-Strategie über Nacht kaum etwas ändern", prophezeit die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
DER SPIEGEL ist sich sicher: "Sollte es Palla gelingen, ihre Erfolge im Regionalverkehr auf den Gesamtkonzern zu übertragen, würde sich bei der Bahn vieles verbessern. Zwar ist Palla wie ihr Vorgänger Richard Lutz ein Zahlenmensch, auch sie kommt aus dem Konzerncontrolling. Auch hat sie als Teil des alten Bahn-Vorstands unter Lutz viele fragwürdige Entscheidungen leise mitgetragen. Doch anders als Lutz, der fast sein gesamtes Berufsleben im Konzern verbracht hat, hat sie zuvor auch in anderen Unternehmen außerhalb der Bahnbranche gearbeitet. Und, viel wichtiger: Sie weiß, was an der Basis los ist", unterstreicht DER SPIEGEL.
Die TAGESZEITUNG - TAZ - verweist auf ein innerbetriebliches Problem: "Der Bahnkonzern leidet unter den jahrzehntelang aufgebauten Hierarchien, die ihn träge und wenig effizient werden ließen. Das könnte sich unter Palla ändern. Diese Managementqualitäten hat sie bereits unter Beweis gestellt. Allerdings hält der Job der Bahnchefin noch einige weitere Anforderungen parat. Palla wird zur öffentlichen Person, die auch immer wieder erklären muss, was sie tut und warum. Vor allem auch, warum das eine oder andere immer wieder schief geht. Leicht ist das nicht. Aber eine motivierte Aufsteigerin kommt damit womöglich besser klar als ein kritikentwöhnter Supermanager. Auf jeden Fall hat der Konzern jetzt schnell klare Verhältnisse nötig. Die Koalitionäre haben mit ihren nebulösen Vereinbarungen wie mehr Fachkompetenz in Vorstand und Aufsichtsrat der Bahn schon genug Unsicherheit ins Unternehmen getragen", bilanziert die TAZ.