
Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf schreibt zu den Finanzplanungen der Bundesregierung: "Die Koalition hat ihren neuen Finanzspielraum gleich zu Beginn genutzt, um sich noch alle möglichen Wünsche - von einer höheren Pendlerpauschale über Steuergeschenke für Gastronomen bis zur Mütterrente - zu erfüllen. Nun wird sie den Verdacht der Zweckentfremdung nicht mehr los. Wollen Union und SPD die Aufbruchstimmung nicht vollends verspielen, müssen sie nun bei einem zweiten Versprechen liefern: Die kreditfinanzierten Investitionen müssen durch wachstumssteigernde Reformen flankiert werden. Auf den Herbst der Schulden muss der von Kanzler Merz versprochene Herbst der Reformen folgen", mahnt das HANDELSBLATT.
"Da die Koalitionspartner immer noch nicht wissen, wie sie ihre unterschiedlichen Überzeugungen auf zentralen politischen Feldern unter einen Hut bringen sollen, ist der Herbst der Reformen vertagt worden", konstatiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Allen drei Parteien ist zudem bewusst, dass die Deutschen nur dann fröhlich Reformen fordern, wenn diese nicht ihre Besitzstände schmälern, ob durch Kürzungen bei der Alimentation oder durch höhere Steuern. Doch nur mit Trippelschritten, da hat Klingbeil recht, entkommt Deutschland der Abwärtsspirale nicht, in die es nicht nur, aber auch durch eigene Schuld geraten ist. Für den Wiederaufstieg sind beherzte Sprünge nötig – und der Abwurf von Ballast."
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz kritisiert: "Kanzler Merz und Finanzminister Klingbeil machen – auch auf Druck von CSU-Chef Söder – eine Politik, die Wahlgeschenke wie die Ausweitung der Mütterrente finanziert."
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU blickt auf die Sozialausgaben: "Knapp die Hälfte des Bundeshaushalts 2026 fließt in den Sozialetat, 243 Milliarden Euro. Das ist eine gigantische Summe, allerdings wird etwa die Hälfte davon benötigt, die erworbenen Ansprüche der Rentnerinnen und Rentner zu erfüllen. Den Sozialstaat müssen wir uns leisten. Er ist sogar im Grundgesetz festgeschrieben. Wir müssen ihn uns aber auch leisten können. Vor diesem Hintergrund ist eine Reform des Bürgergelds dringlich, die all jene Empfänger in Arbeit bringt, die einer Erwerbsarbeit nachgehen können. Weniger Bürgergeldbezieher bedeuten nicht nur weniger Ausgaben für den Staat, sondern auch mehr Steuereinnahmen und mehr Einnahmen für die Sozialkassen", analysiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
"Der Finanzminister geht mit dem Haushalt 2026 ins Risiko", urteilt die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz: "Der Wetteinsatz der schwarz-roten Regierung ist hoch. Ob er sich auszahlt? Es ist auch ein persönliches politisches Risiko, das der SPD-Chef eingeht. Er wird nicht nur an seinen Reden, sondern auch seinem Handeln gemessen werden."
"Klingbeil tat gewissermaßen das, was Scholz als Bundeskanzler schuldig geblieben war: die 'Zeitenwende' auszubuchstabieren", meint CICERO aus Berlin: "Er machte dies auch ganz ausdrücklich vor dem Hintergrund eines aggressiven Russlands, welches in diesen Tagen mit der Verletzung estländischen Luftraums seinen Willen zur Konfrontation unter Beweis gestellt hatte. Klingbeil ging sogar so weit, ausdrücklich mehr 'europäischen Patriotismus' von der Bevölkerung einzufordern. Seine Kernaussage lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Wenn die Bundesrepublik wirtschaftlich nicht schnellstmöglich aus dem Quark kommt, riskiert sie ihre Existenz."
Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG geht auf die Drohnenflüge an den Flughäfen in Kopenhagen und Oslo ein, die das Blatt mit Russland in Verbindung bringt: "Möglich, dass es abermals darum ging, Grenzen auszutesten, die Verteidigungsfähigkeit der Europäer auf die Probe zu stellen, Kriegsangst in den europäischen Bevölkerungen zu schüren und die NATO zu spalten. Denn längst nicht alle Mitglieder sind bereit, eine Eskalation im Osten zu riskieren. Entsprechend fällt die gestrige Warnung der NATO nach den Artikel-4-Konsultationen aus, die Estland nach der Verletzung seines Luftraums durch russische Kampfflugzeuge beantragt hatte. Alle notwendigen militärischen und nichtmilitärischen Mittel einzusetzen: Das soll nach Entschlossenheit klingen, der Begriff 'Abschuss' fällt aber nicht. Alle Erklärungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die NATO eklatante Schwächen bei der Abwehr hybrider Bedrohungen und bei der Flughafensicherheit hat. Ein moderner Schutz vor Drohnen, vernetzte Sensorik, IT-Resilienz und eine intensivere Zusammenarbeit sind gefordert – und zwar schneller, als politische Mühlen bislang mahlen", fordert die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.
"Wie geht man mit eindringenden Kampfjets um, die Grenzen austesten oder die provozieren wollen?", fragt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder: "Von 'Abschießen' bis 'Besonnenheit' ist auf NATO-Seite in der Debatte alles dabei. Es gibt bisher keine einheitliche Linie; die NATO ließ jetzt nur verlauten, man werde 'alle notwendigen militärischen und nichtmilitärischen Mittel' zur Verteidigung einsetzen. Bei Drohnen wiederum zeigt sich, dass es noch an der technischen Ausstattung fehlt, um solche Geschosse zuverlässig vom Himmel zu holen. Es ist nicht so, dass die Probleme nicht erkannt würden und es nicht schon Bestrebungen gäbe, ihnen abzuhelfen. Aber das Tempo muss anziehen."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG plädiert für eine Demonstration der Stärke gegenüber Russland: "Denn Moskau testet ganz offensichtlich die militärischen Kapazitäten und die politische Willensstärke der Allianz; anders sind die jüngsten massiven Luftraumverletzungen durch Drohnen und Kampfjets nicht zu erklären. Jedes Geeiere der NATO animiert Moskau zu weiteren Provokationen. Und jede Provokation birgt das Risiko, dass es zu Missverständnissen oder Zusammenstößen kommt, die katastrophale Folgen haben können. Je klarer Russland daher mitgeteilt wird, was passiert, wenn es weiterhin Fluggeräte über die Ostgrenze des Bündnisses schickt, desto berechenbarer ist die Lage für Moskau. Setzt man voraus, dass auch Russlands Präsident Putin im Moment keinen Krieg mit der NATO führen will, vermindert man so die Gefahr einer ungewollten Eskalation. Dass Polen nun recht eindeutig droht, von jetzt an jedes russische Flugobjekt über seinem Territorium abzuschießen, kann man als Versuch sehen, Klarheit und damit mehr Sicherheit zu schaffen", betont die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die STUTTGARTER ZEITUNG mutmaßt, dass Putin von wirtschaftlichen Problemen in seinem Land ablenken will: "Putin braucht den Konflikt, um das eigene politische Überleben zu sichern. Für das freie Europa sind das bittere Aussichten. Solange Putin an der Macht ist, wird die Auseinandersetzung mit Russland selbst nach einem möglichen Friedensschluss zwischen Moskau und Kiew keinesfalls enden. Die Demokratien müssen sich auf diese neue, feindliche Umwelt einstellen. Wollen sie die Bedrohung überstehen, müssen sie beweisen, dass sie nach innen und außen wehrhaft sind, ohne dabei den Kern einer offenen Gesellschaft zu zerstören."
Zum Abschluss noch ein Blick der LAUSITZER RUNDSCHAU in die USA, wo die abgesetzte Late-Night-Show von Jimmy Kimmel wieder auf Sendung geht: "Disney und seine Tochter ABC-Fernsehen hatten die Empörung in der Öffentlichkeit unterschätzt. Zahlende Kunden wollten Streaming-Abos stornieren und drohten, sich nie wieder einen Kinofilm aus der traditionsreichen Unterhaltungsfabrik anzusehen. Die Stimme des Volkes hat also gesprochen und ihren Willen durchgesetzt. Das ist ein Etappensieg für die Demokratie, der aber mit Vorsicht zu genießen ist. Unklar ist nämlich, wie lange diese in den USA noch Bestand haben wird. Schließlich drohen Trump und seine Handlanger, jedes Medium mundtot zu machen, das nicht nach der Pfeife des Präsidenten tanzt. Anders ausgedrückt: das nicht regimekonform ist. Es könnte eine Frage der Zeit sein, bis der letzte Widerstand bricht", fürchtet die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus.