
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER bilanziert: "Eigentlich ist ein 80. Geburtstag ein Anlass zum Feiern, aber dann passiert das: Man bekommt ein Sparprogramm verordnet, schon der zweite Festredner bezichtigt einen der Unfähigkeit, die Familienmitglieder streiten sich ohnehin seit Jahren und an die gemeinsamen Regeln halten sich auch nicht alle. So geht es gerade der UNO, die zu ihrer 80. Generalversammlung zusammengekommen ist und der US-Präsident Donald Trump gleich zu deren Beginn fehlende Konfliktlösungsfähigkeit, Lügen und die Verantwortung für gravierende Probleme der Welt vorwarf. Als Problemlöser empfahl Trump stattdessen, kaum überraschend, sich selbst. Es lassen sich fröhlichere Feste vorstellen", schätzt der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die SÜDWEST-PRESSE aus Ulm sieht es so: "Donald Trump ist unberechenbar. Die große Frage dabei ist, ob er absichtlich erratisch handelt oder nicht. Seine Anhänger neigen der sogenannten 'Mad-Man'-Theorie zu, die bereits der republikanische Präsident Richard Nixon pflegte. Durch irrationale, widersprüchliche Aussagen wollte Nixon vor allem die Sowjetunion in Unklarheit darüber lassen, was denn nun sein eigentlicher Kurs sei. Trump würde nach dieser Lesart also geplant und überlegt handeln, sein Kurs stünde fest. Trumps Gegner bezweifeln das. Welches die richtige Einschätzung ist? Schwer zu sagen. Falls er wirklich nur auf verrückt und gaga macht, gelingt ihm das immer wieder auf bemerkenswerte Weise", so die Überlegung der SÜDWEST-PRESSE.
Der CICERO notiert: "Als Trump im Jahr 2017 ähnlich scharfe Kritik an den Vereinten Nationen und insbesondere an Europa geäußert hatte, quittierte der eine oder andere UN-Delegierte – darunter der damalige deutsche Außenminister Heiko Maas, der heute maximal noch als Fußnote der Geschichte taugt – Trumps Rede noch mit einem Lachen. Diesmal lachte niemand mehr. Wahrscheinlich, weil den Zuhörern im Saal dämmerte, dass an der Kritik des US-Präsidenten durchaus etwas dran sein könnte", unterstreicht der CICERO.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU beobachtet: "Ganz offensichtlich sind die vielen politisch Verantwortlichen dazu übergegangen, Trump einfach reden zu lassen. Einige, weil sie ihm zustimmen. Doch bei den meisten scheint sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, den mächtigsten Mann der Welt nicht an seinen Worten, sondern an seinen Taten zu messen. Statt jeden der zahlreichen kritikwürdigen Punkte seiner Rede zu widerlegen, werden sie hinter den Kulissen versucht haben, herauszufinden, was genau es bedeutet, wenn Trump 'zu hundert Prozent' hinter den Vereinten Nationen steht, die er zuvor wortreich als ineffizient beschimpft hat", analysiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen schreibt: "Wie weit Trump inzwischen zu gehen bereit ist, zeigte sein Auftritt vor der UN-Vollversammlung. Es war ein weiterer Beweis dafür, wie wenig Respekt Trump für seine Partner empfindet. Umso fataler ist, dass führende Europäer auf solche Provokationen nicht mit Klartext reagieren", so die Meinung der RHEINPFALZ.
Die Zeitung ND.DER TAG aus Berlin führt zu Trumps Bemerkungen über Russland aus: "Russland sei schwach und wirke nach dreieinhalb Jahren ohne echte militärische Erfolge wie ein 'Papiertiger', schrieb der US-Präsident auf seinem Online-Kurznachrichtendienst.Was will er damit sagen? Ungefähr das: Fürchtet euch nicht, liebe Nato-Staaten, der Krieg gegen Russland muss immer weitergehen – irgendwann wird es besiegt sein. Damit wechselt Trump von der Friedens- zur Kriegspropaganda. Aber vielleicht fällt ihm morgen schon wieder etwas ganz anderes ein?", fragt ND.DER TAG.
Der TAGESSPIEGEL aus Berlin stellt fest: "Trump laviert weiter herum. Denn er steckt in einem Dilemma. In Bezug auf die Ukraine ist seine Maga-Bewegung gespalten. Die Devise lautet: Nie wieder Weltpolizist spielen auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers. Negieren darf Trump diese Strömung nicht. Nach außen darf er rhetorisch radikal klingen, nach innen muss er auf den Zusammenhalt seiner Maga-Bewegung achten. Das weiß natürlich leider auch der Herrscher im Kreml, Wladimir Putin. Wird er glauben, dass Trump es jetzt ernst meint? Eher nicht", folgert der TAGESSPIEGEL.
Der MÜNCHNER MERKUR kommentiert: "Der Kremlchef hat sein Blatt überreizt. Vor allem hat er seinen Kumpel Trump blamiert. Wenn es den einen Fehler im Umgang mit dem US-Präsidenten gibt, dann ist es dieser: ihn vor den Augen der Welt bloßzustellen. Putin hat nicht nur Trumps Hoffnung zerstört, ihm mit einem Frieden in der Ukraine zum Nobelpreis zu verhelfen. Er hat ihn, schlimmer, als schwach dastehen lassen, als er anfing, immer dreister die Nato selbst zu attackieren. Es gehört zu Trumps Narrativen, dass so etwas 'schwachen' Präsidenten wie seinen verhassten Amtsvorgängern Obama und Biden passierte, nie aber ihm selbst", gibt der MÜNCHNER MERKUR zu bedenken.
Die TAZ kritisiert Bundeskanzler Merz nach der Generaldebatte im Bundestag: "Der Kanzler hat die ungute Neigung, Erwartungen zu wecken, die er nicht erfüllt. Da war zuerst die Ansage, es werde schon bald allen besser gehen, weil er ja im Kanzleramt sitzt. Danach verkündete Friedrich Merz den Herbst der Reformen, bei dem niemand so recht weiß, was gemeint ist. Dann beerdigte er den Sozialstaat, um sich seitdem wortreich zu ihm zu bekennen. Die einzige Konstante bei Merz scheint zu sein, dass er Produktenttäuschungen in immer höherer Frequenz liefert. Wäre Merz Kaufmann, der Bankrott wäre nah", vermutet die TAZ.
"So verkommt der Herbst der Reformen zum Running Gag", schreibt DIE ZEIT und fährt fort: "Klar, der Kanzler kann nicht einfach per Regierungserklärung ein paar Großreformen aus dem Ärmel schütteln. Nur: Wer vollmundig einen Herbst der Reformen ausruft, sollte auch eigene Ideen entwickeln, die über Schlagworte hinausgehen, Wahrheiten aussprechen, auch wenn sie manchen nicht gefallen – er kann nicht einfach nur um Geduld bitten. Für Merz und seine Koalition steht viel auf dem Spiel: Eine Regierung, die die Probleme des Landes lösen will, hätte es schwer mit einem Mann an der Spitze, der als Ankündigungskanzler gilt", erwartet DIE ZEIT.
Die NÜRNBERGER ZEITUNG sieht es dagegen so: "Friedrich Merz hat einen guten Umgang damit gefunden, dass jedes denkbare Verhalten, das er an den Tag legt, auf Widerspruch stößt. Er macht einfach das, was er für richtig hält, und lässt sich durch das ständige Hin und Her der Kritiker nicht irritieren. Denn ihnen könnte er es unter keinen Umständen Recht machen", unterstreicht die NÜRNBERGER ZEITUNG.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz kommt zu folgendem Schluss: "Friedrich Merz war ein begabter Oppositionsführer. Er konnte zuspitzen, die Regierung vor sich hertreiben. Und er war sich selten zu schade dafür, auch dann schnelles Handeln zu verlangen, wenn dies aus nachvollziehbaren Gründen schwierig war. Der Oppositionsführer Merz hätte dem Kanzler Merz also kräftig Druck gemacht, dass es mit dem versprochenen Herbst der Reformen nun rasch vorangehen müsse. Die Probleme in den Sozialversicherungen sind schon lange bekannt. Deshalb ist es ein Fehler, dass Schwarz-Rot zur Analyse der Probleme im Sozialstaat Kommissionen vorgeschaltet hat. Eine sorgfältige Debatte ist notwendig, aber sie sollte ohne Verzögerung zwischen den regierungstragenden Parteien stattfinden", fordert die NEUE PRESSE aus Chemnitz.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt: "Bisher ist Merz gern als Anpacker aufgetreten, der Dinge ohne große Absprachen entscheidet. Zumindest ausweislich seiner Rede scheint er jetzt begriffen zu haben, dass ein solches Vorgehen im System unserer parlamentarischen Demokratie regelmäßig zum Scheitern verurteilt ist", findet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Und damit endet diese Presseschau.