
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG zieht ein ernüchterndes Fazit: "Juden in Deutschland müssen seit dem 7. Oktober 2023 mit einem doppelten Trauma leben: Der gewaltsame Übergriff der Hamas auf Israel hat einerseits die Erinnerung an den Holocaust als kollektives Schlüsselerlebnis wachgerufen, andererseits zu einer spürbaren Bedrohung des jüdischen Lebens im Alltag geführt. Je öfter das 'Nie wieder' beschworen wird, desto stärker steigen die antisemitischen Straftaten. Es scheint, als habe der 7. Oktober die Gespenster der alten Vorurteile und kollektiven Schuldzuweisungen wieder zu neuem Leben erweckt. Links- und rechtsextremistischer Antisemitismus verbinden sich mit islamistischem Judenhass und antiisraelischem Affekt, gespeist durch den Gazakrieg. Kritik an Israel ist legitim, aber von Hass und Vernichtungsphantasien zu unterscheiden", unterstreicht die F.A.Z.
Die TAGESZEITUNG – TAZ kritisiert, das offizielle Gedenken ignoriere die von Israels Armee getöteten Palästinenser: "Das Leid der Menschen im Gazastreifen lässt sich nicht mit dem Leid auf israelischer Seite aufwiegen. Man kann die Toten nicht verrechnen. Warum aber sollte Gedenken ein Nullsummenspiel sein? Warum ist das offizielle Deutschland so empathielos und kalt, wenn es um Palästinenserinnen und Palästinenser geht? Warum tut es sich so schwer damit, anzuerkennen, dass auch sie Opfer sind? Statt zu fragen, wie es ihnen hierzulande geht, werden sie seit zwei Jahren mit Ermahnungen und Repressionen überzogen, und zu antipalästinensischem Rassismus gibt es weder Studien noch ein öffentliches Interesse daran. Zur Komplexität des Konflikts gehört zudem, dass die letzten Geiseln schon längst zu Hause wären, hätte sich Israels Premierminister Benjamin Netanjahu schon früher auf eine Verhandlungslösung eingelassen. Wer angesichts dieser Komplexität einseitig Partei nimmt, macht es sich zu einfach", stellt die TAZ klar.
Der WESER-KURIER aus Bremen notiert: "Der 7. Oktober ruft in Erinnerung, welches konkrete Ereignis den mit aller Brutalität geführten Krieg Israels gegen die im Gazastreifen herrschende Terrororganisation Hamas ausgelöst hat. Es war der menschenverachtende Anschlag auf ein Musikfestival, auf dem Menschen friedlich miteinander gefeiert haben. Auch heute ist von Pro-Palästina-Aktivisten kaum ein Wort des Bedauerns über den Anschlag vor zwei Jahren zu hören. Mitgefühl muss unteilbar bleiben. Es gilt ebenso den jüdischen Opfern der Terrorattacke vom 7. Oktober 2023 wie den unschuldigen Opfern der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen. Bleibt nur zu hoffen, dass es bis zu einem Ende des Krieges und der Freilassung der noch lebenden israelischen Geiseln nicht zu einem dritten Jahrestag kommt. Die Chancen dafür stehen derzeit dank des US-amerikanischen Friedensplans so gut wie selten zuvor", befindet der WESER-KURIER.
Ähnlich optimistisch blickt die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf auf die aktuellen Verhandlungen in Ägypten über eine Beendigung des Gaza-Kriegs: "Erstmals seit Jahrzehnten besteht wieder die Chance, dass ernsthafte Schritte zur Lösung des Nahostkonfliktes gegangen werden. Der Nahe Osten hat sich seit dem 7. Oktober 2023 grundlegend verändert. Gerade die Erzfeinde Israels sind deutlich geschwächt. Mächtige arabische Staaten haben sich dazu bekannt, dass die Hamas in der Region keine Zukunft mehr hat. Es sind neue Bündnisse von Akteuren aus arabischen, muslimischen und europäischen Ländern entstanden, die den 20-Punkte-Friedensplan von Donald Trump mitentworfen haben. Klar ist, ein jahrzehntelanger Konflikt löst sich nicht über Nacht. Damit die Vermittlungen erfolgreich sind, müssen alle Länder mitmachen, die Einfluss auf die Konfliktparteien haben, und sich nach einem Waffenstillstand am Wiederaufbau des palästinensischen Gazastreifens beteiligen wollen", hält die RHEINISCHE POST fest.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kommentiert die Lage in Frankreich. Dort sucht der zurückgetretene Premierminister Lecornu im Auftrag von Präsident Macron nach Wegen aus der Regierungskrise. "Man muss wohl hoffen, dass Lecornu und die anderen politisch Verantwortlichen die letzte Chance nutzen, um doch noch ein Regierungsbündnis zu schmieden. Es könnte die Grand Nation bis zur Präsidentschaftswahl 2027 stabilisieren. Unmöglich ist das nicht. Die politische Elite des Nachbarn würde zeigen, dass sie lernfähig ist und nach Jahrzehnten von Mehrheitsregierungen eine Minderheitsregierung hinbekommt. Wahrscheinlich ist es allerdings nicht, dass Lecornu in zwei Tagen gelingt, was er in den 27 Tagen zuvor nicht geschafft hat. Der einzige Lichtblick ist, dass Macron außenpolitisch handlungsfähig bleibt. Frankreich wird also weiter mit den anderen EU-Staaten die Ukraine unterstützen, sich für eine Lösung des Nahost-Konflikts einsetzen und US-Präsident Donald Trump wo nötig kontra geben", vermerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) beobachtet: "Gleich zwei ehemalige Regierungschefs distanzierten sich von Macron: Sein Zögling Gabriel Attal gab öffentlich zu, die Entscheidungen des Staatschefs nicht mehr zu verstehen. Und Edouard Philippe forderte vorgezogene Präsidentschaftswahlen. Dabei sind die Probleme des Landes inzwischen so groß, dass kein Mann und keine Frau sie allein lösen kann. Die von Charles de Gaulle 1958 geschaffene Fünfte Republik scheint am Ende zu sein. Und Macron hat entscheidend dazu beigetragen", stellt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG fest.
"Innenpolitisch kann Macron nichts mehr bewegen – er ist eine lahme Ente im Elysee-Palast", ist sich das MAIN-ECHO aus Aschaffenburg sicher. "Ob neuerliche Parlamentswahlen, mit der viele Beobachter rechnen, eine Lösung der Krise bringen? Man darf es bezweifeln. Vielleicht wäre eine Regierung des Macron-Lagers mit Sozialisten und Grünen noch die beste Lösung. Denn Frankreichs Demokraten brauchen einen Hoffnungsträger, wenn die Rechtspopulisten 2027 wieder nach dem Präsidentenamt greifen", bemerkt das MAIN-ECHO.
Zu einem weiteren Thema. Die Europäische Kommission will EU-Zölle auf Stahlimporte deutlich ausweiten. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG erläutert: "Die EU verteuert bewusst ein Material, auf das viele wichtige Industrien angewiesen sind. Doch für diesen Schritt gibt es gute Gründe. Er soll eine bedeutende Branche gegen unfaire Konkurrenz verteidigen, vor allem aus China. Die Hüttenwerke dort profitieren von Subventionen und können Stahl daher billig exportieren. Und der amerikanische Präsident riegelt den heimischen Markt gegen Stahlimporte ab. Deshalb drängt noch mehr asiatischer Stahl nach Europa. Zölle alleine werden die deutsche Stahlindustrie allerdings nicht retten können. Die Branche steckt in einer tiefen Krise, und schuld daran sind neben den Billigimporten die hohen Energiepreise im Land", gibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zu bedenken.
Das HANDELSBLATT findet mit Blick auf die europäischen Stahl-Zölle: "Ohne Gegenleistung sollte die Politik keinen Schutz gewähren.Seit Jahren verzögert die Branche den Umbau zu klimafreundlicheren Produktionsverfahren. Wenn selbst ein globaler Konzern wie Arcelor-Mittal den Sprung in die Klimaneutralität nicht wagt, sendet das ein fatales Signal an die gesamte Branche. Die EU will Leitmärkte schaffen, in denen grüner Stahl aus Europa Vorrang bekommt – etwa durch Quoten bei öffentlichen Aufträgen. Damit der Schutz gerechtfertigt bleibt, muss die Branche ihre Versprechen jetzt auch einlösen – und das zusätzliche Geld in moderne Werke und klimafreundliche Produktionsprozesse stecken. Damit auch wirklich wieder investiert wird – und nicht nur den Aktionären das Wasser im Mund zusammenläuft", heißt es im HANDELSBLATT.