27. Oktober 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit einer Vielzahl an Themen. Unter anderem beschäftigen die Zeitungen weiterhin die Aussagen von Bundeskanzler Merz zum "Stadtbild".

Friedrich Merz bei der Pressekonferenz zu den Ergebnissen der Präsidiumsklausur der CDU im Konrad-Adenauer-Haus (Berlin, 20.10.2025)
Bundeskanzler Merz steht mit seinen Äußerungen zum "Stadtbild" weiterhin in der Kritik. (picture alliance / Geisler-Fotopress / Bernd Elmenthaler)
Dazu schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Mit seiner Bemerkung über das 'Stadtbild' hat Friedrich Merz in ein Wespennest gestochen. Prompt hob ein aufgeregtes Schwirren und Surren an. Gut, seine anfängliche Aussage war so beiläufig, ein Stichwort, das er fallen gelassen hat, dass man mit genug Unterstellungswillen alles Mögliche hineinlesen konnte. Aber längst hat Merz seine Aussage konkretisiert. Ihm geht es demnach nicht um die integrierten Personen mit welchem Hintergrund und Aussehen auch immer. Sondern für ihn stören diejenigen das Stadtbild, die keinen rechtmäßigen Aufenthalt haben, nicht arbeiten, sich nicht an die Regeln halten. Dass solche Personen in bestimmten Gegenden das Stadtbild prägen, und zwar zum Nachteil, wird nur bestreiten können, wer mit ideologischer Inbrunst die Augen davor verschließt", unterstreicht die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG thematisiert in diesem Zusammenhang die Forderung der Gewerkschaft der Polizei nach mehr Streifen an Bahnhöfen: "Brauchen wir tatsächlich mehr Polizei an Bahnhöfen, damit das Stadtbild schöner wird? Mehr Polizisten könnten das Sicherheitsgefühl dort verbessern. Mehr als 60 Prozent der Deutschen können verstehen, was Merz am Stadtbild stört. Gerade an Bahnhöfen ist offensichtlich, was der Kanzler meinte. Wer beispielsweise regelmäßig am Hannoveraner Hauptbahnhof um- oder aussteigt, weiß: Der angrenzende Raschplatz wird in der Regel von einer bestimmten Klientel aus Obdachlosen, Suchtkranken und Kriminellen belagert, die vielen Bürgern Angst bereitet. Suchtkranke, Obdachlose und andere, die Bürgern Angst machen, wird die Polizei aber nicht mit Taschenkontrollen von Deutschlands Bahnhofsvorplätzen vertreiben können. Um dieses Problem nachhaltig in den Griff zu bekommen, braucht es Sozialarbeiter, Integrationshelfer und Streetworker. Warum also nicht auch deren Präsenz vor deutschen Bahnhöfen erhöhen?", fragt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
In einem Gastkommentar der TAZ ist zu lesen: "Es ist fast schon ein Volkssport: Debattieren über Nebensächlichkeiten, bis keiner mehr weiß, worum es eigentlich geht. Kaum sagt jemand etwas Unbequemes, schaltet das Land binnen weniger Stunden kollektiv in den Skandal-Modus. Nehmen wir die jüngste Debatte um Friedrich Merz' 'Stadtbild'-Äußerung. Sie war pauschalisierend, überspitzt, ohne Kontext. Aber anstatt nüchtern zu widersprechen, kam der gewohnte Reflex: 'Rassismus! Nazi!' Zack, Diskussion beendet. Und das, obwohl hinter Merz' plumpem Satz ein reales Problem steckt: Die meisten sehen irreguläre Migration kritisch. Nur hätte der Kanzler sich und uns allen einen Gefallen getan, wenn er nicht suggeriert hätte, dass Migration zwangsläufig dazu führe, dass sich Menschen auf den Straßen unwohl fühlen", gibt die TAZ zu bedenken.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz beschäftigt sich mit dem Zustand der Regierungskoalition aus Union und SPD: "Teile der Mitte driften zur AfD, weil sie verunsichert sind und nicht den Eindruck haben, dass die Politiker – obwohl diese die Probleme des Landes sehr wohl kennen – etwas daran ändern. Ein erster Schritt wäre, wenn CDU, CSU und SPD schnell klare, konkrete Antworten auf die großen Fragen liefern, am besten mit Zeitplan: Wie viel kostet künftig Energie? Wann wird Wohnen bezahlbarer? Wie sieht der Sozialstaat in fünf Jahren aus? Wie werden Innenstädte wieder sauber und sicher? Stattdessen wird über Mütterrente, Pendlerpauschale oder Losverfahren beim Wehrdienst diskutiert", beobachtet die RHEIN-ZEITUNG.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG widmet sich der Debatte über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht: "Nach fast zwei Jahren Debatte, zwei Kabinettsbeschlüssen, aber keinem Beschluss im Bundestag, stellt sich schon die Frage, ob allen wirklich klar ist, in welcher Lage sich Europa und Deutschland befinden. Sicher, man kann die Gefahr durch Russland negieren oder auch übersehen, wie China gerade die Abhängigkeit von seltenen Rohstoffen als Waffe einzusetzen scheint. Man kann auch die Risiken negieren, dass die USA Europa im Stich lassen könnten und lieber über das deutsche Stadtbild streiten. Aber klug ist das nicht. Denn parallel zur Wehrdienst-Debatte hat sich die Lage verschärft. Schon immer wurde zu den Themen Krieg und Frieden hart diskutiert. Gerade der Kalte Krieg hat aber auch gezeigt, dass der Ansatz, vom Schlimmsten auszugehen, damit das Schlimmste nicht eintritt, getragen hat. Dazu gehörte auch eine starke Armee – und eine Wehrpflicht", bemerkt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER nimmt die Abschiebepolitik der Regierung in den Fokus: "Die Empörung der Linken über die gestiegene Zahl der Abschiebungen führt in die Irre. Es stimmt nicht, dass die Behörden 'kaum noch Tabus' kennen, um die Zahl der Abschiebungen in die Höhe zu treiben. Es handelt sich auch nicht um Massenabschiebungen, sondern um den richtigen Versuch, die Zahl der sogenannten unmittelbar Ausreisepflichtigen zu reduzieren. Nach offiziellen Angaben leben rund 220.000 Menschen ohne entsprechenden Aufenthaltstitel in Deutschland, 180.000 davon geduldet. Die Zahl der unmittelbar Ausreisepflichtigen belief sich im Sommer auf rund 41.500. Wenn sich also die Abschiebungen mit 17.651 von Januar bis September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund ein Fünftel erhöht haben, ist das ein wichtiges Signal ins In- und Ausland. Auch die deutschen Aufnahmekapazitäten sind begrenzt", stellt der KÖLNER STADT-ANZEIGER klar.
Die Stimme des HANDELSBLATTS legt den Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Lage: " 'Ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt.' Der Hit von Geier Sturzflug aus dem Jahr 1982 war mehr als ein Ohrwurm: Er spiegelte den Geist eines Landes wider, das in einer Rezession steckte, dessen Arbeitslosigkeit über zehn Prozent lag und das intensiv nach Aufbruch suchte. Trotz aller Härten herrschte der Wille anzupacken. Heute sind die Rahmenbedingungen zwar anders – die Stimmung aber ähnelt der von damals: Die deutsche Wirtschaft lahmt, Investitionen bleiben aus, die Produktivität stagniert. Geier Sturzflug würde heute keinen Nummer-eins-Hit mehr in den Charts landen: Der Aufbruchswille von damals scheint verloren zu sein. Statt über notwendige Reformen zu sprechen, diskutiert die Öffentlichkeit über Veggie-Burger, Stadtbilder oder linke und rechte TV-Moderatoren. Die Diagnose ist klar: Sozialstaat, Mittelstand, Leistungskultur – alles muss reformiert, entlastet, modernisiert werden. Die Einsicht ist vorhanden, der Mut, Verantwortung zu übernehmen, fehlt", urteilt das HANDELSBLATT.
Zum Neustart der AfD-Jugend erläutert die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG: "Die Junge Alternative wurde vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft – eine Kategorisierung, die der Parteiführung auch in Bezug auf die Nachfolgeorganisation, die 'Generation Deutschland', Magenschmerzen bereiten dürfte. Droht diese Bewertung der Verfassungsschützer doch auch der Bundespartei. Der politische Nachwuchs der hart am rechten Wind segelnden AfD wird sich disziplinieren müssen. Sollte die Partei sich weiterhin mit unmissverständlich braunem Nachwuchs herumplagen müssen, dann dürfte dies der Reputation in der Bevölkerung schweren Schaden zufügen." So weit die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide.
Abschließend noch ein Kommentar zur deutschen und europäischen Klimapolitik. Die VOLKSSTIMME erklärt: "Klimaziel erreicht – Industrie am Boden. So kann man überspitzt den aktuellen Kurs der Europäer zusammenfassen. In Sachsen-Anhalt schließen erste Chemie-Anlagen, in NRW stehen ebenfalls Fabriken vor dem Aus. Auch Stahl und Autobranche streichen Zehntausende Arbeitsplätze. Nun dämmert es auch Gewerkschaften und der SPD, dass der Greta-Thunberg-Kurs gescheitert ist. Klimaschutz mit Vollgas geht gegen den Baum."