29. Oktober 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Unter anderem geht es um die Bundeswehr und ihre Liegenschaften sowie die Situation im Sudan. Doch zunächst zu den Plänen für einen SPD-Mitgliederentscheid zum Bürgergeld.

Zu sehen sind Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU), Bundeskanzler Merz (CDU), die Bundesministerin für Arbeit und Soziales Bas (SPD) und Bundesfinanzminister Klingbeil (SPD. v.li.).
Die schwarz-rote Koalition steht wegen der Pläne für ein SPD-Mitgliederentscheid zum Bürgergeld unter Druck. (IMAGO / Christian Spicker )
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER erinnert: "Bundeskanzler Merz versprach den 'Herbst der Reformen'. Wenn die innerparteilichen Unstimmigkeiten zu jedem Gesetzesentwurf jetzt jedes Mal im Nachhinein verhandelt werden, wird es allerdings der Herbst 2026 werden. Dabei eröffnen Splittergruppen innerhalb der Koalition immer neue politische Nebenkriegsschauplätze. Erst probt die junge Gruppe der CDU den Aufstand wegen der Rentenreform. Jetzt initiieren SPD-Mitglieder um Juso-Chef Türmer einen Parteientscheid aufgrund der Bürgergeldpläne. Anstatt der Handlungsfähigkeit der Regierung und dem Ansehen ihrer eigenen Parteien zu schaden, sollten die genannten Gruppen keine Zwergenaufstände anzetteln, sondern selbst zur Sacharbeit zurückkehren", verlangt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg meint: "Die Sozialdemokraten reichern den Selbstzerstörungsprozess der Bundesregierung mit dem Widerstand gegen die Bürgergeld-Reform innerparteilich an. Zwar hat Kanzler Merz als Bürgergeld-Ersatz eine faire und gerechte Grundsicherung versprochen. Der Glaube daran, dass dies auch so passiert, fehlt allerdings nicht nur den aufsässigen SPD-Genossen. Vorläufig riskieren die Initiatoren des Begehrens eine weitere, schwere Beschädigung des schwarz-roten Regierungsbündnisses. Dann gibt es aktuell noch die Debatte ums Stadtbild, aus der SPD-Linke die Flüchtlingsfrage tunlichst heraushalten wollen. Früher oder später wird es keine Kompromisse mehr geben – die Koalition bewegt sich zügig auf einen Totalschaden zu", befürchtet die VOLKSSTIMME.
Die STUTTGARTER ZEITUNG hält fest: "Die SPD ist laut ihrem eigenen Grundverständnis eine Partei der Arbeit. Sie vertritt dabei nicht nur die Interessen derer, die arbeiten, sondern war auch immer solidarisch mit denen, die nicht arbeiten können. Das zeichnet sie aus. Solidarität mit denen, die nicht arbeiten wollen, gehört dagegen nicht zu den Grundwerten der SPD. Sie sollte aus ganzer Überzeugung zu der geplanten Reform der Grundsicherung stehen. Das wäre erstens richtig. Und zweitens könnte sie so auch in der eigenen Kernwählerschaft am besten überzeugen", ist sich die STUTTGARTER ZEITUNG sicher.
Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG bezeichnet es als verständlich, "dass die SPD sich nach drei Jahren als Kanzler-Partei schwertut als Juniorpartner – ausgerechnet – von Friedrich Merz. Doch sie muss sich endlich entscheiden, ob sie wirklich regieren will. Der Mitgliederentscheid könnte die Koalition sprengen. Sind sich die Rebellen über die möglichen Folgen ihrer Revolte im Klaren?"
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN kritisieren eine fehlende Disziplin in der schwarz-roten Koalition: "Es ist nicht zu fassen: Da ringt sich die Koalition nach wochenlangen Debatten zu Kompromissen durch – und ein paar Tage später wird diese Einigung torpediert, vor allem durch den linken Flügel der SPD: Wenn dieses Bündnis so weitermacht und statt dem Willen zur Einigung die Lust an der Spaltung betont, dann wird es eng. Inzwischen glaubt die Hälfte der Bürger nicht mehr daran, dass die Koalition diese Legislaturperiode durchhält – eigentlich also Alarmstufe Rot für Kanzler Merz", konstatieren die NÜRNBERGER NACHRICHTEN.
Die RHEINISCHE POST kommentiert die vom Bundeskanzler angestoßene Stadtbild-Debatte und unterstreicht, dass diese ohne Merz kaum so viel Aufmerksamkeit erfahren hätte: "Und von deren Rückenwind jetzt einige profitieren. Jüngstes Beispiel ist ein offener Brief, den unter anderem Umweltaktivistin Neubauer und Grünen-Politikerin Lang unterzeichnet haben. Er zeigt: Merz hat mit seiner Aussage zwar polarisiert, damit aber auch einen Nerv getroffen. Der Brief ist nun eine Chance, um die Stadtbild-Debatte zu versachlichen. Konkret thematisieren die Unterzeichnerinnen die Sicherheit von Frauen. Der Brief spricht vieles Richtige an. Zu seinen Stärken gehört, dass er Probleme ausbuchstabiert und zum Teil sogar Lösungen vorschlägt. Immerhin dürften einige der Vorschläge, zum Beispiel der nach sicheren Wegen an Bahnhöfen, Haltestellen und in Parks, einen breiten gesellschaftlichen Konsens genießen", notiert die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf.
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG heißt es: "Natürlich ist es unehrlich und grundfaul zu behaupten, man könne Verwahrlosung, Drogenkriminalität, Gewalt und Frauenfeindlichkeit abschieben. Aber es ist auch nicht ehrlicher, so zu tun, als hätten all diese Probleme rein gar nichts mit Migrationspolitik zu tun. Und es ist in der jetzigen Lage politisch nicht hilfreich, wenn der Eindruck entsteht, dass die Sprache beziehungsweise die Instrumente dafür nur Mitte rechts bis ganz rechts zu finden sind", betont die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die Empörung über Merz' Äußerungen zeigen aus Sicht der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG wie eng der Korridor geworden ist, in dem Politiker gesellschaftliche Missstände ansprechen dürfen: "Wer den Kanzler nur abkanzelt und verächtlich macht, betreibt das Spiel jener, die jede gesellschaftliche Schieflage zur nationalen Identitätsfrage erklären wollen. Die AfD profitiert von dieser Fixierung auf Empörung und kann es sich deshalb leisten, in der Stadtbild-Debatte auffällig still zu sein. Linke, Sozialdemokraten und Grüne – aber auch die Mitte der Zivilgesellschaft – sollten sich gut überlegen, ob sie dieses Spiel mitspielen wollen." Soweit die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Dass das Verteidigungsministerium die Umwandlung militärisch genutzter Liegenschaften für zivile Zwecke aussetzt, ist Thema in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG: "Der Verteidigungsminister soll und will die mehr als zwei Jahrzehnte lang schrumpfende und immer noch deutlich unter Plan anwachsende Bundeswehr wieder erheblich vergrößern. Dafür braucht er Liegenschaften. Deshalb war es ein notwendiger Schritt, dass das Verteidigungsministerium die sogenannte Konversion gestoppt hat, also die Umwandlung militärischer in zivile Immobilien."
"Das ist ein weiterer, wenn auch nicht ganz überraschender Schritt zur materiellen Mobilmachung", unterstreicht die Zeitung N.D. DER TAG: "Verwunderlich ist lediglich, wie eilfertig alle relevanten Akteure, in diesem Fall die Vertreter von Städten und Gemeinden, die vom Bund vorgegebenen Narrative übernehmen. All das sei 'selbstverständlich und Voraussetzung zur dringend erforderlichen Wiedererlangung der Verteidigungsfähigkeit', teilen sie mit. Niemand fragt, ob die Atommacht Russland uns tatsächlich mit ihrem Heer angreifen würde."
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) befasst sich mit der Situation im Bürgerkriegsland Sudan: "Zwölf Millionen Menschen sind auf der Flucht. Krankenhäuser und Flüchtlingslager werden bombardiert, Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft gejagt, ermordet, vergewaltigt. Tatsächlich ist es nicht leicht, Einfluss auf die sudanesischen Kriegsparteien zu nehmen. Die Militärregierung gilt ebenfalls nicht gerade als Hüterin der Menschenrechte. Aber andere mischen sich längst ein, liefern Waffen, schicken Söldner. Versinkt dieses riesige Land endgültig im Chaos und bleiben ethnische Säuberungen ungesühnt, dann wird das Auswirkungen haben. Erst auf Afrika, dann auf Europa", ist in der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG zu lesen.
"Der verdrängte Konflikt" titelt die MEDIENGRUPPE BAYERN und führt aus: "Was in der sudanesischen Großstadt Al-Faschir geschieht, weiß hierzulande kaum jemand. Oder will kaum jemand wissen. Doch schon seit Wochen herrscht unter den verbliebenen etwa 300.000 Einwohnern der Stadt eine schwere Hungersnot, es gibt Berichte über Massaker an Zivilisten. Welche Gräueltaten den Bewohnern von Al-Faschir drohen, nachdem die Stadt nun an die RSF-Miliz gefallen ist, will man sich nicht ausmalen – aber man muss. Denn ohne Aufschrei der Weltöffentlichkeit könnte im Sudan ein zweites Ruanda drohen. Dem Töten in Al-Faschir könnte mit dem Druck der Weltgemeinschaft ein Ende bereitet werden." Mit diesem Zitat der MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der auch der Donaukurier gehört, endet die Presseschau.