04. November 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert werden die Suche nach einem Atommüll-Endlager sowie die Debatte über die Wehrpflicht. Zunächst geht es aber um die Diskussion über Rückführungen nach Syrien.

Ein Mann steht vor zerstörten Gebäuden und hört einen Gesprächspartner zu.
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) verschaffte sich einen Eindruck von der Zerstörung durch den Bürgerkrieg in Syrien. (picture alliance / AA / photothek.de / Dominik Butzmann)
"Seltsam, wie sich die Befunde widersprechen", schreibt die STUTTGARTER ZEITUNG: "Der deutsche Außenminister Wadephul hat bei einer Reise nach Syrien den Eindruck gewonnen, eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge sei zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr eingeschränkt möglich. Bereits vor sechs Wochen hatte das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen hingegen mitgeteilt, dass eine Million Flüchtlinge aus benachbarten Ländern schon nach Syrien zurückgekehrt sei. Jeder einzelne von ihnen widerlegt Wadephuls Vorbehalte."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vermerkt: "Es ist verständlich, dass Menschen lieber in einem Land bleiben, das ihnen im Vergleich zu ihrem zerstörten Heimatland wie das Paradies vorkommen muss. Aber Deutschland kann nicht alle Kriegsflüchtlinge dieser Welt für immer aufnehmen. Wenn der Krieg vorbei und damit der Grund für die gewährte Aufnahme entfallen ist, muss ein Großteil von ihnen wieder zurück. Ja, Deutschland braucht Ärzte, Pfleger und Ingenieure, Syrien aber braucht sie noch dringender", argumentiert die F.A.Z.
"Ja, hört in dieser Koalition denn gar keiner mehr auf den Kanzler?", fragt sich der MÜNCHNER MERKUR: "Mit seiner Absage an Abschiebungen nach Syrien konterkariert Wadephul nicht nur den CSU-Innenminister. Er bricht auch ein weiteres Unions-Wahlversprechen und weckt Zweifel an der Führungsstärke des Kanzlers. Die Unionsspitze kann sich noch so sehr mühen, den Dissens zum Missverständnis zu verniedlichen. Das Problem bleibt: Wadephul klingt zu oft wie Baerbock. Kein Wunder, dass Grüne und SPD ihm zujubeln. Doch sollte die Sicherheit der eigenen Bevölkerung auch für einen Außenminister, erst recht einen der Union, die oberste Richtschnur sein", findet der MÜNCHNER MERKUR.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz unterstreicht: "Zur Migrationswende gehört nun mal auch, dass Menschen, die keinen Anspruch mehr auf Asyl haben, nach Afghanistan und erst recht nach Syrien zurückkehren sollen. Denn in beiden Ländern hat der Bürgerkrieg ein Ende gefunden. Das kann man politisch wie humanitär falsch finden angesichts der Zerstörungen gerade in Syrien. Aber es ist nun mal Regierungslinie, zumal die Syrer schon selbst ihr Land aufbauen müssen, wenn auch mit deutscher Unterstützung. Sollte Außenminister Wadephul damit ein Problem haben, muss er dies klipp und klar sagen und für seine Haltung einstehen. Was jedoch nicht geht, ist Außenpolitik aus dem Bauch heraus zu machen oder sich emotional zu sehr von seinen Eindrücken leiten zu lassen", moniert die RHEIN-ZEITUNG.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE konstatiert: "Das eigentliche Problem ist nicht der Außenminister, der quasi bei der Wahrheit ertappt wurde. Das eigentliche Problem ist, dass Kanzler Merz und seine Koalition ständig zwischen markigen Sprüchen, rechtlichen Zwängen und Menschlichkeit pendeln – und noch immer keinen gemeinsamen, tragfähigen Plan entwickelt haben, wie sie künftig mit Syrien umgehen wollen."
Die TAGESZEITUNGTAZ – meint: "Die Kritiker Wadephuls ignorieren nicht nur die desaströse Menschenrechtslage in Syrien. Auch wenn man die moralischen und juristischen Fragen außen vor lässt, ist die Vorstellung absurd, man könne Hunderttausende Syrer aus Deutschland abschieben. Zur Erinnerung: Mit Riesenaufwand hat die aktuelle Bundesregierung die Zahl der Abschiebungen in diesem Jahr auf gerade einmal 17.651 gesteigert. Und die Behörden sind schon gut ausgelastet, ohne in Hunderttausenden Fällen bereits erteilte Schutzzusagen noch einmal zu überprüfen", notiert die TAZ.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm betont: "Diejenigen, die Wadephul nun so hart attackieren, interessiert weniger die Realität vor Ort, sie fürchten vielmehr die mögliche Signalwirkung der Außenminister-Sätze: eine mögliche Abschwächung der erkämpften Härte bei Grenzkontrollen, Migrationsrecht und Abschiebungen. Dahinter steckt, nicht schwer zu erraten, die Furcht vor der nächsten AfD-Grätsche." Soweit die SÜDWEST PRESSE. Und so viel zu diesem Thema.
In der Wehrdienst-Debatte hat sich der Generalinspekteur der Bundeswehr, Breuer, gegen das Losverfahren ausgesprochen. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg mahnt: "Will die Bundesregierung das neue Wehrdienstgesetz noch vor dem Jahresende unter Dach und Fach bekommen, wird sie sich strecken müssen. Im Bundestag war die Debatte verschoben worden. Denn Verfechter des freiwilligen Dienstes hatten über Nacht noch einen Lostopf für die Musterung in den Entwurf hineindiskutiert. Ein perfektes Eigentor für die Koalition – das wievielte eigentlich? Wenn die Bundeswehr einen Elektriker sucht, aber ein Koch aus dem Lostopf gefischt wird, kann es ganz schnell zum Kurzschluss kommen", gibt die VOLKSSTIMME zu bedenken.
"Dass das Los darüber entscheiden soll, wer zum Medizin-Check muss und gegebenenfalls für den Wehrdienst infrage kommt, ist ein abstruser Vorschlag", kritisiert auch DIE GLOCKE aus Oelde: "Während Freunde nach der Schulzeit auf Weltreise gehen, ein Studium aufnehmen oder mit einer Ausbildung beginnen, soll man selbst ein paar Monate Drill, Geländeübungen und Kasernenleben mitmachen müssen? Das würde sich jeder fragen, auf den das Musterungs-Los gefallen ist. Klagen gegen dieses Verfahren wären programmiert. Zudem bleiben Fragen offen: Was passiert, wenn von den für tauglich befundenen Ausgelosten eine große Zahl den Dienst an der Waffe verweigert? Gibt es dafür Reserve-Lose? Muss die Losfee erneut antreten? Das alles ließe sich irgendwie lösen – würde die Gesamtprozedur aber unnötig verkomplizieren. Nein, die einzig faire Lösung ist: wenn mustern, dann alle, mindestens die Männer", fordert DIE GLOCKE.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG kommentiert: "Ein transparenter Auswahlprozess, der Motivation, Eignung und Lebenssituation berücksichtigt, ist keine Ungerechtigkeit, sondern Ausdruck von Verantwortung. Wer das Losverfahren für die fairste Lösung hält, scheint zu glauben, alle jungen Menschen säßen nach dem Schulabschluss untätig zu Hause und warteten auf einen staatlichen Weckruf in Flecktarn. Nebenbei blockiert die Diskussion über das Losverfahren die eigentliche Reform. Noch immer weiß niemand, wann das neue Wehrdienstgesetz kommt oder was es konkret verlangt. Deutschlands Nachwuchs erfährt einfach nicht, was die Alten ab dem kommenden Jahr von ihm verlangen", bemängelt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Auf der Suche nach einem Endlager für den deutschen Atommüll haben die zuständigen Experten die geeigneten Regionen auf 25 Prozent der deutschen Landesfläche eingegrenzt. Die FREIE PRESSE aus Chemnitz analysiert: "Deutschland schrumpft, zumindest auf der Karte jener Sucher, die bis 2046 einen Standort benennen sollen, an dem Deutschlands Vermächtnis aus dem Kernkraft-Zeitalter im Untergrund verschlossen wird. Auf eine Million Jahre sicher sollen 1900 Castorbehälter mit strahlendem Inhalt verstaut werden. Da niemand wirklich Garantien für solche Zeiträume aussprechen kann, ist es bei hochradioaktivem Müll nicht anders als bei trivialen Unannehmlichkeiten: Atommüll-Endlager? Muss wohl sein, aber nicht vor meiner Tür! Ein menschlicher Gedanke, der nur leider niemandem weiterhilft", stellt die FREIE PRESSE fest.
Das STRAUBINGER TAGBLATT betont: "Der Zwischenbericht zur Suche nach einem Atommüll-Endlager ist ein wichtiger, aber auch ernüchternder Meilenstein auf einem Weg, der das Land noch über Jahre fordern wird. Deutlich wird vor allem eines: Die Komplexität technischer, geologischer und gesellschaftlicher Ansprüche übersteigt nach wie vor alles, was bei früheren Großprojekten wie Gorleben oder Asse erprobt wurde. Mit jeder neuen Studie wird klarer, wie ehrgeizig und zugleich konfliktreich das Ziel ist, für den hochradioaktiven Müll einen sicheren und auch politisch akzeptierten Standort zu finden", heißt es im STRAUBINGER TAGBLATT. Und damit endet diese Presseschau.