
Dazu schreibt die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen: "Am 9. November 1938 machte der Mob Jagd auf 'die anderen'. Damals wollte man die Juden loswerden, heute sind es Migranten. Das Gedankengut ist dasselbe. Dass solches Gedankengut bei einem immer größer werdenden Anteil der Deutschen wieder Anklang findet, ist völlig unbegreiflich und erschreckend. Denn wir müssten es eigentlich besser wissen."
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU führt aus: "Lange war Nachgeborenen unbegreiflich, wie das so fortschrittliche Deutschland einst so schnell in eine Diktatur umkippen konnte. Heute haben wir ein recht plastisches Gefühl dafür: Nicht nur in Russland und der Türkei, auch in Demokratien wie Ungarn und sogar den USA sind Kräfte an der Macht, die gar nicht daran denken, je wieder von ihr zu lassen. Die gegen Kritiker vorgehen, Justiz und Wahlsystem zu ihrem Vorteil umbauen. Es war erstaunlich, aber richtig, wie klar die Warnung ausfiel, für die der Bundespräsident das Gedenken an den 9. November nutzte: Auch in Deutschland könne das - wieder - passieren", hält die FRANKFURTER RUNDSCHAU fest.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vermerkt: "In einer von ihm bisher nicht gehörten Deutlichkeit hat Steinmeier gewarnt, dass die Demokratie in Gefahr sei. Und er hat an alle – Politiker, Bürger, Gerichte – appelliert, das Nötige dagegen zu tun. Steinmeier hat dabei nicht nur die Bedeutung der Brandmauer bekräftigt, die die Union zur AfD errichtet hat. Er hat zu Recht auch darauf hingewiesen, dass so eine Mauer porös ist, sofern nicht auch Distanz zur Sprache, zu den Ressentiments, zu den Feindbildern der Rechtsextremen gewahrt werde. Das war eine überfällige Mahnung an einige in der Union. Es ist gut, dass Steinmeier auch SPD und Grüne in die Pflicht genommen hat. Es sei wenig hilfreich, jede unliebsame Äußerung pauschal als rechtsextrem zu diskreditieren", unterstreicht die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Den Gedanken nimmt auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG auf: "Der mantrahaft wiederholte stolze Hinweis auf selbst errichtete Brandmauern und das freudige Wedeln mit einem AfD-Verbotsantrag mögen der moralischen Selbsterhöhung dienen, erhöhen aber offensichtlich nicht automatisch die eigenen Zustimmungswerte. Sich auf die Schulter zu klopfen, ist noch keine Politik. Wer freilich unsere freiheitliche Grundordnung bekämpft, muss das auch spüren. Die Möglichkeit eines Verbots ist demokratisch gewollt. Auch in einer freiheitlichen Ordnung hat niemand einen Persilschein für deren Abschaffung. Wer in freier Auseinandersetzung nicht mehr weiterkommt, muss das überzeugend begründen - und für die Folgen geradestehen", ist die F.A.Z überzeugt.
Und damit zum nächsten Thema, dem Zustand der Bundesregierung ein Jahr nach dem Scheitern der Ampel. Dazu heißt es im STRAUBINGER TAGBLATT: "Das Hauptproblem ist, dass Merz sein Versprechen einer geräuschlosen Regierung nicht einlösen konnte. Gestritten wird ebenso viel wie zur Ampel-Zeit. Manche in der Koalition sprechen inzwischen offen über einen Bruch. Das Problem: Wer Geländegewinne bei den eigenen Wählern auf dem Rücken des Partners einfahren möchte, schwächt sich am Ende vor allem selbst. Das haben FDP und Grüne nie verstanden. Und man hat nicht wirklich das Gefühl, dass Schwarz-Rot daraus gelernt hat. Die Union darf kein Interesse an einer schwachen SPD haben, sie ist ihre einzige realistische Machtoption. Umgekehrt gilt das genauso", mahnt das STRAUBINGER TAGBLATT.
Einen anderen Aspekt beleuchtet die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder - und zwar die Milliarden Schulden, die Schwarzrot macht: "Die Bundesregierung hat mit recht die Weichen dafür gestellt, dass Deutschland sicherheitspolitisch erwachsen werden kann. Sie drückt sich aber davor, mit den Menschen im Land ehrlich über den Preis zu reden, den das haben wird. Damit setzt Friedrich Merz als Kanzler bislang die Politik seines Vorgängers Olaf Scholz fort, der immer warnte, es dürfe keine Politik des Entweder-oder geben: also entweder mehr Geld für Verteidigung oder zusätzliche Haushaltsmittel für die Rente. Die Wahrheit ist: Jeder Euro kann nur entweder für die Bundeswehr oder zum Beispiel für Soziales ausgegeben werden. Es ist nicht schön zu entscheiden, ob es dringender neue Panzer oder neue Schwimmhallen braucht. Es sind aber Fragen, die sich stellen werden", prognostiziert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Und die MEDIENGRUPPE BAYERN bezieht sich auf eine Umfrage, nach der sich viele Deutsche Angela Merkel als Bundeskanzlerin zurückwünschen: "Wie auch die sprichwörtlichen Ostalgie-Anhänger sehnen sich sicher viele nach einer vermeintlich guten alten Zeit zurück. Dabei hätte auch eine Bundeskanzlerin Angela Merkel im heutigen Zustand der Dauerkrise alle Hände voll zu tun – nicht zuletzt damit, die vielen eigenen Versäumnisse auszubügeln. Bemerkenswert ist die Parteiverortung bei Merkel-Sentimentalität. Am meisten wird sie vermisst von, in dieser Reihenfolge, Linken-, Grünen-, und SPD-Wählern. Erst dann kommt Merkels eigene Partei. Für die aktuelle CDU muss man von einem Zustand des Nicht-Vermissens sprechen – oder in den Worten der Jungen Union: Man ist von ihr 'genervt'. Und gibt ihr Verantwortung für die Wähler-Abwanderung zum rechten Rand, was – sollte sich dieser Trend dauerhaft verfestigen – sicher ihr problematischstes Vermächtnis wäre", urteilt die MEDIENGRUPPE BAYERN.
Und damit zur Klimakonferenz in Brasilien, zu der es Ende der Woche einen Auftritt vieler Staats- und Regierungschefs gab. Die TAGESZEITUNG aus Berlin kritisiert: "Friedrich Merz’ Rede auf dem Treffen in Belém war, anders lässt es sich nicht sagen, peinlich. Er sprach auf globaler Bühne davon, 'Wettbewerbsfähigkeit mit Klimaschutz zu verbinden' – die Wettbewerbsfähigkeit aller gegen alle? Das Wort steht schon auf europäischer Ebene nur für sinkende Löhne und Deregulierung. Auf globaler Bühne verliert es jeden Sinn. Die einzige Technologie, die Merz erwähnte, war die unterirdische CO2-Speicherung, deren langfristiger Nutzen noch völlig unklar ist. Über den Ausstieg aus den Fossilen verlor Merz kein Wort. Damit sendet er vor allem ein Signal: Wir machen weiter Klimaschutz oder tun wenigstens so, aber beschleunigen werden wir gar nichts. Damit verabschiedet sich Deutschland von seiner traditionellen Rolle als Vorreiter", bedauert die TAZ.
Die STUTTGARTER NACHRICHTEN konstatieren: "Die Stimmung ist mau, die internationale Klimadiplomatie hat den Schwung von Paris verloren - aus gleich zwei gewichtigen Gründen. Zum einen hat sich die Wertigkeit des Themas geändert. Zum anderen ist der allgemeine Wille zu multinationaler Verständigung schwächer geworden. Nach dem Ende der großen Blockkonfrontation von Ost und West in den 1990er Jahren keimte für einige Jahre die Hoffnung auf immer mehr Multilateralismus. Inzwischen schwingt das Pendel zurück. Trump verspottet und bekämpft alle multilateralen Abkommen und Institutionen. Er will kein regelbasiertes internationales System", ist in den STUTTGARTER NACHRICHTEN zu lesen.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG unterstreicht: "Dass US-Präsident und Klimawandelleugner Donald Trump auf eine hochrangige Vertretung der USA in Belém keinen Wert legt, kann auch ein Vorteil sein. Wäre er dort, würde er auch die Agenda bestimmen. Stattdessen übernimmt China eine Führungsrolle, was ihm kaum gefallen wird. China hat allein im ersten Halbjahr 2025 doppelt so viel Solarstrom zugebaut, als Deutschland in den vergangenen 25 Jahren. Dass die Chinesen den europäischen Markt mit günstigen E-Autos fluten, ist ein Problem für die deutsche Autoindustrie, für den Klimaschutz ist es ein Gewinn. In Deutschland werden massenhaft Solardächer installiert und haben Wärmepumpen Konjunktur. Während man in der westlichen Welt den Eindruck gewinnen kann, Klimaschutz sei als Thema erfolgreich von der Agenda verdrängt worden, sieht es weltweit anders aus."
