19. November 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit weiteren Stimmen zum Besuch von Vizekanzler Klingbeil in China. Zudem geht es um den UNO-Sicherheitsrat, der den US-amerikanischen Gaza-Friedensplan mit breiter Mehrheit angenommen hat. Doch zunächst zum deutsch-französischen Gipfel für digitale Souveränität in Berlin. 

Bundeskanzler Merz steht beim Gipfel zur Europäischen Digitalen Souveränität hinter einem Rednerpult.
Ein Thema in den Kommentaren: Der Gipfel zur Europäischen Digitalen Souveränität in Berlin mit Bundeskanzler Merz (CDU). (picture alliance / Andreas Gora / Andreas Gora)
Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN führen aus: "Der Zug ist noch nicht abgefahren - diesen Satz hörte man auf dem Gipfel, der mit Kanzler und französischem Staatspräsidenten hochkarätig besetzt war, immer wieder. Eigentlich hört man ihn leider immer noch. Denn schon seit vielen Jahren wird erzählt, dass Europa im digitalen Wettbewerb den Anschluss noch nicht verloren hat oder ihn zumindest wieder finden könne. Der europäische Zug steht aber halt immer noch im Bahnhof. Nun ist es gut, dass es eine länderübergreifende Initiative gibt. Deutschland und Frankreich haben mit Airbus dafür schon einmal einen Beleg geliefert, dass das gehen kann. Hardware können wir. Dass wir Software auch können, müssen wir aber noch beweisen. Und letztlich braucht es auch und besonders den bewussten Verbraucher. Ohne dessen bewusste Entscheidung, von amerikanischen oder chinesischen Plattformen und Apps auf europäische umzusteigen, passiert gar nichts", betont die MEDIENGRUPPE BAYERN.
Das STRAUBINGER TAGBLATT findet: "Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit war selten so offensichtlich wie beim Berliner Gipfel. Zwar betonen Bundeskanzler Friedrich Merz und Präsident Emmanuel Macron den Willen zur Unabhängigkeit von US-Technologiekonzernen, doch im Alltag bleibt Europa auf amerikanische Cloud-Dienste, Betriebssysteme und KI-Plattformen angewiesen. Noch steht Europa am Anfang: Doch ohne mehr Ehrgeiz, eine mutige Industriepolitik und den gemeinsamen politischen Willen bleibt Souveränität am Ende nichts weiter als eine Floskel", notiert das STRAUBINGER TAGBLATT.
DIE RHEINPFALZ aus Ludwigshafen mahnt: "Fatal wäre es, wenn Europa für diese Aufholjagd etwas über Bord werfen würde, was im internationalen Konkurrenzkampf zunehmend als Ballast empfunden wird: die Regulierung von Technologie. Die EU verfügt über ausdifferenzierte Digitalgesetze, sie sind ein Trumpf. Brüssel ist nun dabei, im Sinne des Bürokratieabbaus die Gesetze zu überarbeiten, womit vor allem eine Aufweichung der Kontrollmechanismen einhergehen dürfte", befürchtet DIE RHEINPFALZ.
"Ganz so groß, wie sie oft erscheint, ist die Übermacht der US-Internetkonzerne nicht", glaubt die VOLKSSTIMME aus Magdeburg: "Denn insbesondere Deutschland hat einige digitale Schwergewichte zu bieten, beispielsweise SAP oder die Schwarz-Gruppe. Wenn sich solche Unternehmen noch stärker mit europäischen Partnern vernetzen, wie auf dem Digitalgipfel gefordert, rückt die digitale Souveränität ein gutes Stück näher. Allen Beteiligten muss aber auch klar sein: Die Abhängigkeit wird sich nur verschieben. Auch künftig werden die europäischen Staaten auf wenige, dann eben heimische Großkonzerne angewiesen sein", prognostiziert die VOLKSSTIMME.
Themenwechsel. Der UNO-Sicherheitsrat hat eine Resolution zur Absicherung des Friedensplans von US-Präsident Trump für den Gazastreifen verabschiedet. Dazu bemerkt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Zwar haben Russland und China der Gaza-Resolution nicht zugestimmt wie die übrigen 13 Mitglieder des wichtigsten Gremiums der Weltorganisation. Aber sie haben sich 'konstruktiv enthalten'. Und auch der Umstand, dass die Vereinigten Staaten diesen Rahmen gesucht haben, um dem nach ihrem Präsidenten benannten Plan für Gaza eine völkerrechtliche Grundlage zu verleihen, ist bemerkenswert. Schließlich macht Trump aus seiner Geringschätzung gegen den Multilateralismus im Allgemeinen und die Vereinten Nationen im Besonderen keinen Hehl. Dass den beiden Kriegsparteien, um die es geht, die Resolution nicht schmeckt, muss nicht per se gegen sie sprechen", argumentiert die F.A.Z.
DIE KIELER NACHRICHTEN stellen fest: "Erstmals seit Langem erweist sich die für internationale Konfliktlösungen so wertvolle Organisation als handlungsfähig. Trump, der sonst auf Alleingänge setzt, hat wohl gemerkt, dass man mit multilateraler Zusammenarbeit auch etwas durchsetzen kann. Für Gaza bedeutet es, dass die Stationierung internationaler Soldaten näher rückt, die die Waffenruhe absichern sollen. Es ist eine zentrale Voraussetzung dafür, die Region zu stabilisieren. Es zeigt sich aber erneut, wie gering das Interesse mancher vor Ort an Frieden ist. Die Terrororganisation Hamas will ihre Waffen behalten und warnt vor Parteilichkeit der internationalen Truppe. Sie ignoriert, dass das Vorgehen auch von arabischen Staaten getragen wird. Und rechtsextreme Minister in Israel sehen ihren Plan zerbröseln, einen palästinensischen Staat zu verhindern. Diese Widerstände zu überwinden ist die große praktische Aufgabe, vor der nun alle stehen, die sich um die Beruhigung des Konflikts bemühen." So weit die Einschätzung der KIELER NACHRICHTEN.
Die STUTTGARTER ZEITUNG lobt die Entwicklung: "Das politische Momentum, das Trump mit seinem Friedensplan vor einigen Wochen erzeugt hatte, schien gerade zu erlahmen. Jetzt hat es wieder Schwung."
Die TAGESZEITUNG - TAZ - urteilt: "Der Trump-Regierung ist mit der Resolution, das muss man anerkennen, ein diplomatischer Wurf gelungen. Sie hat es geschafft, dass China und vor allem Russland, das noch vor Kurzem einen eigenen Plan einbrachte, die Resolution durchgewunken haben. Und sie hat es geschafft, sich die Unterstützung arabischer und muslimischer Staaten zu sichern. Ein Grund dafür dürften die deutlichen Veränderungen im Vergleich zum vor einiger Zeit geleakten Entwurf sein: So erhält die Resolution einen neu hinzugefügten, längeren Absatz zur Etablierung eines palästinensischen Staats. Er ist weniger schwammig als zuvor – wenn auch weiter schwammig – und enthält etwa eine Referenz auf den Vorschlag zur Zwei-Staaten-Lösung von Saudi-Arabien und Frankreich", stellt die TAZ heraus.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU gibt zu bedenken: "Es sind nicht nur zahlreiche Detailfragen zu klären. Wichtiger dürfte allerdings sein, wie schnell die Bereitschaft bei Israelis und Palästinensern wächst, diese zu beantworten. Die Zustimmung der Autonomiebehörde zur UNO-Resolution mag da ein positives Zeichen sein. Doch damit ist nicht geklärt, wie der Einfluss der Hamas in Gaza zurückgedrängt werden kann. Zudem ist die israelische Regierung von Benjamin Netanjahu derzeit nicht bereit, mit der Autonomiebehörde von Mahmoud Abbas zu kooperieren. Die Deeskalation kann nur gelingen, wenn beide Seiten sich bewegen." Das war die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Nun zum China-Besuch von Bundesfinanzminister und Vizekanzler Klingbeil. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bilanziert: "Er fand in China den richtigen Ton, ohne Belehrungen. Er sagte, dass China den Druck auf Russland zur Beendigung des Krieges in der Ukraine erhöhen solle, erklärte die EU-Sanktionen gegen zwei chinesische Banken, weil sie Moskau bei der Umgehung von Sanktionen geholfen haben sollen. Und immer wieder mahnte er eine Zusicherung an, von weiteren Exportkontrollen für Seltene Erden abzusehen – diese Abhängigkeit kann Deutschland erpressbar machen. Zusicherungen bekam Klingbeil nicht. Deshalb ist es zu begrüßen, dass er nicht blauäugig auftrat, Lehren aus dem Russland-Debakel gezogen hat", lautet das Fazit der SZ.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf ist überzeugt: "Es muss eine Planbarkeit zwischen Berlin und Peking geben. Die Chinesen haben nämlich durchaus ein Interesse an guten Beziehungen zu Deutschland. Sie wollen nicht an den Pranger der EU gestellt werden, sie konstatieren, dass auch Europa protektionistische Töne anschlagen kann. Das Land, das im März 2026 seinen neuen Fünf-Jahres Plan vorlegen will und selbst mit Problemen wie einer hohen Jugendarbeitslosigkeit und den Folgen einer 50 Jahre währenden Ein-Kind-Politik kämpft, hat trotz aller Vormachtstellung ebenfalls Interesse an manchem Ausgleich. Dies gilt es klug zu nutzen", empfiehlt die RHEINISCHE POST, mit der diese Presseschau endet.