24. November 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Konferenzen beschäftigen die Zeitungen in ihren Kommentaren: Sowohl die Ukraine-Gespräche in Genf als auch die Weltklimakonferenz und ihre Ergebnisse. Außerdem blicken die Kommentatoren auf die Renten- und Sozialdebatte in Deutschland.

Andrij Jermak (l), Leiter des Präsidialamts der Ukraine, und US-Außenminister Marco Rubio sprechen mit Journalistenin der US-Vertretung in Genf. Im Hintergrund sind die Landesflaggen der USA und der Ukraine.
Andrij Jermak (l), Leiter des Präsidialamts der Ukraine, und US-Außenminister Marco Rubio (dpa / Martial Trezzini)
Zunächst nach Genf, wo ein Plan der USA auf Änderungswünsche der Ukraine und ihrer europäischen Verbündeten trifft. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG gibt zu bedenken, dies sei - so schwer es falle - Zitat: "Der erste Plan, über den man ernsthaft nachdenken sollte. Es bleibt nichts anderes. Die Ukraine hat nur dann eine Chance, diesen Krieg zu überleben, wenn ihre europäischen Partner weiterhin Waffen aus den USA kaufen dürfen und sie von dort Aufklärungsinformationen bekommt. Und es gibt noch einen Grund, den Plan nicht sofort in Gänze zu verwerfen, mit allen möglichen Konsequenzen. Mit viel Fantasie kann man in einigen Punkten den Ansatz für etwas Positives entdecken. Zum Beispiel, dass die Ukraine die Möglichkeit bekommen soll, in die Europäische Union aufgenommen zu werden. Im EU-Vertrag steht, dass im Falle eines bewaffneten Angriffs auf einen Mitgliedstaat die anderen Mitgliedstaaten ihm 'alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung schulden'", zitiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG in ihrem Kommentar.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz hält den europäischen Verbündeten der Ukraine vor, US-Präsident Trump viel zu lange unterschätzt zu haben: "Die Zeichen, dass auf Washington kein Verlass mehr ist, sind seit dem Wechsel im Weißen Haus klar. Doch Europas Staats- und Regierungschefs schienen sich von Wunschdenken und Verzweiflung täuschen zu lassen und glaubten offenbar, Trump stünde schlussendlich auf der Seite des Westens. Das tut er nicht. Das Problem für viele Staatenlenker in Europa bleibt, dass die kriegsmüden Bevölkerungen die kostspielige Unterstützung für die Ukraine mehr und mehr infrage stellen. Hinzu kommt die Uneinigkeit innerhalb der Gemeinschaft, durch die weitreichende Pläne für mehr Hilfen für die Ukraine blockiert oder etwa eingefrorene russische Vermögen nicht für Kiew genutzt werden", warnt die FREIE PRESSE.
Die PASSAUER NEUE PRESSE blickt auf die von US-Präsident Trump gestellte Frist für eine Entscheidung der Ukraine zum Plan und hegt Zweifel: "Das Donnerstags-Ultimatum wird wohl ohne echte Lösung für den Ukrainekrieg verstreichen. Das liegt nicht nur daran, dass dies mit den meisten Trumpschen Ultimaten so geschehen ist. Sondern vor allem daran, dass ein solcher Diktatfrieden nicht funktionieren kann. Nichtsdestotrotz müht sich Kanzler Merz um Fortschritte in Richtung einer Waffenruhe – eine Blitz-Offensive, für die ihm nur Erfolg zu wünschen ist. Aber dennoch: Auch ein angepasster Plan wird am Ende viele Grausamkeiten enthalten. Die Europäer haben im Ukrainekrieg schon lange den Anspruch aufgegeben, echte Mitentscheider zu sein. Und der Präsident Wolodymyr Selenskyj bereitet die Ukraine bereits auf einen der 'schwierigsten Momente' ihrer Geschichte vor", betont die PASSAUER NEUE PRESSE.
Auch die Erwartungen der FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG sind gedämpft: "Immerhin hat Trump weder den Plan noch sein Ultimatum an Kiew in Stein gemeißelt. Wer die Realität sieht, wird sich freilich keine Illusionen machen: Russlands Präsident Putin würde in seiner derzeit komfortablen Lage kaum einen Pakt schließen, der für Kiew und Europa tatsächlich akzeptabel wäre. Bestenfalls ließe Trump Änderungen an dem Papier zu, die ein Njet des Kremls provozieren, und gäbe daran nicht Kiew die Alleinschuld. Dann wäre die Ukraine noch einmal vor ihrem stärksten 'Freund' gerettet. Aber noch lange nicht vor dem Feind", prognostiziert die F.A.Z.
Zum nächsten Konferenzort - nach Belém in Brasilien. Dort ist der Weltklimagipfel mit einem Minimalkonsens zu Ende gegangen. Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm bilanziert: "Konfrontation, Blockade, Egoismus: Der Ausgang der Konferenz ist ein deprimierender Tiefschlag im Kampf gegen die Erhitzung der Erde. Ging vom Pariser Abkommen vor zehn Jahren das Signal aus, die Weltgemeinschaft halte zusammen, um die Krise gemeinsam zu bekämpfen, ist die Botschaft 2025 das Gegenteil: Ein Plan für die Abkehr von Öl, Kohle und Gas ist in weiter Ferne, jeder ist sich selbst der Nächste, das 1,5-Grad-Ziel unerreichbar. Die Gräben zwischen Europa, fossilen Imperien wie Saudi-Arabien oder Russland und dem 'globalen Süden' brechen zudem für jeden sichtbar auf – während die USA unter Donald Trump ohnehin nicht mehr dabei sind. Die Erosion der Klimapolitik spiegelt somit das Zerbrechen der globalen Ordnung insgesamt wider: Gemeinsame Regeln und internationale Kooperation weichen, das Gesetz des Dschungels ist auf dem Vormarsch", fasst die SÜDWEST PRESSE ihre Eindrücke zusammen.
"Belém hätte ein historischer Gipfel werden können", schreibt die TAZ: "Wäre die EU nicht ohne Geld im Gepäck angereist. Und dann beschwerte sich Bundesumweltminister Carsten Schneider von der SPD auch noch über die mangelnde Unterstützung der Staaten, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind. Dass der EU die Sympathien nicht zufliegen, sollte allerdings niemanden überraschen. Sie hatte sich schon im Vorfeld des Gipfels als Klimavorreiter unglaubwürdig gemacht, weil das Klimaziel des Blocks viel zu spät verabschiedet und darüber hinaus mit geschwächten Klimaschutzmaßnahmen erkauft wurde. Schlimmer aber war etwas anderes: Die EU konnte in Belém dieErzählung nicht entkräften, nur Ehrgeiz zu fordern, um die eigenen Geldversprechen herunterverhandeln zu können", hebt die TAZ hervor.
Auch die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG zeigt sich unzufrieden mit der Rolle der EU-Länder auf dem Gipfeltreffen in Brasilien: "Bei Abschlusserklärungen von Klimakonferenzen zählt nicht der Idealismus, sondern der Einfluss. Und davon hat Europa derzeit zu wenig. Der einst wichtigste Partner Amerika kämpft derzeit mit einer ganz eigenen politischen Überhitzung, war in Belém offiziell nicht einmal dabei. Die stets bremsenden Ölstaaten treten derzeit besonders selbstbewusst auf. Und viele Entwicklungsländer können es sich trotz teurer Folgen teilweise einfach nicht leisten, auf so etwas wie fossile Energie zu verzichten. An dieser Stelle ist es China und nicht Europa, das etwa in Afrika mehr und mehr Ländern unter die Arme greift und seinen Einfluss ausbaut. Will Europa künftig mehr Staaten überzeugen, müssen die EU-Länder sich ihrerseits im Vorfeld früher einigen", empfiehlt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Nun ins Inland - zu den Debatten über Sozialleistungen in Deutschland. Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus nimmt sich das Beamtentum vor, für das Reformvorschläge bereits vorlägen: "Der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann will deutlich weniger Beamte, Bärbel Bas und die SPD wollen die Einzahlungen in die gesetzliche Rente. Beides wird vermutlich nicht kommen, dafür sind die Widerstände zu groß. Dabei wäre es an der Zeit, darüber nachzudenken, was mit den vielen Behörden-Mitarbeitern wird, deren Arbeit durch Digitalisierung oder KI ersetzt wird. Denn so schön es ist, dass wir Autoanmeldungen und Wohnungswechsel online mit dem Staat verhandeln, was wird aus den Menschen, die bisher diese staatlichen Aufgaben erfüllten? Es wird also einen Umbruch geben. Es wäre klug, dem jetzt schon Rechnung zu tragen und nicht noch lebenslang geltende Verträge zu unterschreiben, die möglicherweise Kosten ohne Gegenleistungen produzieren", lautet die Schlussfolgerung der LAUSITZER RUNDSCHAU.
Auch die AUGSBURGER ALLGEMEINE befasst sich mit Reformen. Sie mahnt tiefgreifende Veränderungen an: "Wie bei der Rente und der Pflege ist es auch im Gesundheitswesen mit kosmetischen Korrekturen nicht getan. Deutschland braucht keine 94 gesetzlichen Krankenkassen mit 94 Verwaltungsapparaten. Auch kostendämpfende Maßnahmen nach dem Vorbild der privaten Kassen, die Versicherte mit Selbstbehalten oder Beitragsrückerstattungen zum Sparen animieren, kennt das System bisher kaum. Den Preis dafür zahlen die Versicherten und ihre Arbeitgeber mit immer höheren Beiträgen", kritisiert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.