26. November 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Themen sind die Forderung von Bundespräsident Steinmeier nach einem Kompromiss in der Rentendebatte sowie die Handball-Weltmeisterschaft der Frauen. Zunächst aber Kommentare zur Aussage der Präsidentin des Verbands der Familienunternehmen, Ostermann, Gespräche mit der AfD führen zu wollen.

Porträtaufnahme von Marie-Christine Ostermann
Marie-Christine Ostermann (Archivbild) (picture alliance / dpa / Karlheinz Schindler)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt: "Die Vorstellung, die gesamte Wirtschaft könne Kontakte mit einer Partei vermeiden, die in den Umfragen bei rund 25 Prozent liegt und in vielen Parlamenten vertreten ist, muss als wirklichkeitsfremd bezeichnet werden. Es ist kein Geheimnis, dass die AfD zu ihren Wählern auch Unternehmer zählt, die sie teils aus Überzeugung wählen, zum überwiegenden Teil aber aus Enttäuschung über die etablierte Politik, in der sich die Union zu häufig zum Büttel der SPD macht. Die Wut und die Verachtung, die manche Vertreter von Unternehmen hinter verschlossenen Türen über die Regierung zeigen, erreichen mittlerweile ein erschreckendes Maß. Der Verband tut sich jedoch keinen Gefallen mit Bekundungen, man suche den Kontakt zur AfD, um sie zu entzaubern. Das erinnert an die Naivität mancher deutscher Wirtschaftsführer aus den Jahren 1928 bis 1932. Die AfD ist nicht eine rechtspopulistische Partei wie andere in Europa. Sie ist in Teilen verfassungsfeindlich und sie vertritt außenpolitische Positionen, die geeignet sind, dieses Land ins Unglück zu stürzen", meint die F.A.Z.
Der MÜNCHNER MERKUR beobachtet: "Drei Viertel der Unternehmer, ergab gerade eine neue Umfrage, sind unzufrieden mit der Politik der Regierung. Nun kann reden ja nicht schaden. Doch wenn Frau Ostermann mit Alice Weidel spricht, wird sie vermutlich anderes zu hören kriegen als, sagen wir, von Björn Höcke. Der vertritt anders als Weidel keine wirtschaftsliberale Agenda, sondern eine national-soziale. Die AfD will das Rentenniveau nicht wie die Regierung bei 48 Prozent des letzten Nettoeinkommens festschreiben, sondern sogar bei 70 Prozent und das aus dem klammen Bundeshaushalt finanzieren. Das passt so gar nicht zu den Erwartungen der Arbeitgeber an eine Reformpolitik, die Betrieben wieder Luft zum Atmen gibt. Dennoch: Im Mittelstand und großen Teilen der Handwerkerschaft hat die AfD längst Fuß gefasst. Die Wirtschaft stellt sich darauf ein, dass nach den Wahlen im Osten die AfD auch in Regierungsverantwortung gelangen könnte." So weit der MÜNCHNER MERKUR.
Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG sieht es so: "Der Verband der Familienunternehmer macht die AfD salonfähig. Und der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, sagt: Es sei 'nicht die Aufgabe von Wirtschaftsvertretung, über politische Brandmauern zu entscheiden.' So kann man sich natürlich auch aus der Verantwortung stehlen. Nach dem Motto: Wir sind nicht für gesellschaftliche Entwicklungen und für Rechtsextremismus zuständig. Wie armselig! So, als würde das Wirtschaftsleben keine gesellschaftliche Rolle spielen. So als habe nicht jeder Einzelne eine Verantwortung. Zur Erinnerung: Die Nationalsozialisten kamen auch deshalb an die Macht, weil die Großindustrie – also Akteure des Wirtschaftslebens – fleißig half, den Steigbügel für Hitler zu halten", unterstreicht die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.
Das STRAUBINGER TAGBLATT wirft ein: "Familiengeführte Unternehmen – das klingt nach dem Bäcker von nebenan, doch hier versammeln sich BMW, Miele, Bahlsen und andere Schwergewichte. Können und wollen sich solche Firmen eine Vorsitzende Ostermann mit ihrer Botschaft eigentlich leisten? Die Exportnation Deutschland ist auf internationale Handelsbeziehungen angewiesen, aber die AfD lehnt die EU grundsätzlich ab und will den Euro abschaffen. Keine NATO, hetzerische Anti-Ausländer-Politik, die auch integrierte Fachkräfte bedroht, eine prorussische Politik und klare Ablehnung der Sanktionen – das alles gefährdet die Verlässlichkeit und Stabilität des Landes mitsamt seinen Bündnissen, es schreckt ausländische Investoren ab. Der Verlust von Wohlstand ist mit dieser nationalistischen AfD programmiert, das wissen Unternehmer wie der 'Schraubenkönig' Reinhold Würth und sie sagen es auch laut", merkt das STRAUBINGER TAGBLATT an.
Die ZEIT ergänzt: "Die AfD stellt Rentenforderungen auf, die schlicht unfinanzierbar sind und gefährdet mit ihrem Widerstand gegen die erneuerbaren Energien genau jene Sektoren der deutschen Wirtschaft, die in den letzten Jahren erfolgreich gewachsen sind. Und dass auch Familienunternehmen Zuwanderung brauchen, dass eine identitäre, rassistische und xenophobe Politik das Ansehen Deutschlands, den sozialen Frieden und den Wohlstand gefährden, wissen die Unternehmer auch. Gerade deshalb aber müssen Unternehmer mit der AfD reden. Wichtig wäre nun, dass 'Die Familienunternehmer' der AfD erklären, warum sie für sie nach wie vor nicht wählbar ist", fordert die ZEIT.
Themenwechsel. In der Debatte über eine Rentenreform hat Bundespräsident Steinmeier die Koalition von Union und SPD zu einem Kompromiss aufgerufen. Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm meint: "Steinmeier hat im Grunde nur das Offensichtliche beschrieben: schwieriges Thema, Streit normal, Abstriche von allen Seiten gefordert, Kompromiss nötig. Es ist die Betonung auf Letzterem, die den Worten des Bundespräsidenten eine gewisse Dramatik verleiht. Auch das Staatsoberhaupt scheint die Sorge umzutreiben, dass es die schwarz-rote Koalition in dem Konflikt zerlegen könnte."
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg bemerkt: "Gegen das Rentengesetz von Union und SPD hat sich ein illustrer Widerstand weit über die Oppositionsparteien hinaus formiert. Ihnen ist schon die Haltelinie, die Sicherung des Rentenniveaus von 48 Prozent bis 2031, ein Graus. Nur zaghaft wird vernünftiges geäußert – etwa das Rentensystem auf die Beamten auszudehnen. Immer wieder angeregt, hat sich noch nie ein Kabinett an einen solchen Umbau herangewagt. Würde die Bundesregierung jetzt bei der Rente einbrechen, wären ihre Tage gezählt. Die Haltelinie ist das Rettungsseil für Merz und Schwarz-Rot", glaubt die VOLKSSTIMME.
Der WESER-KURIER fasst zusammen: "Mit der angekündigten Ablehnung des Rentenpakets springen die jungen Unionsrebellen deutlich zu kurz. Durch eine schnellere Senkung des Rentenniveaus wird kein Problem der Alterssicherung wirklich beseitigt, stattdessen werden sie nur verlagert. Wer an einer nachhaltigen Lösung bei der Rente interessiert ist, muss an ein paar Stellschrauben mehr drehen. Deshalb ist es notwendig, die sozialen Sicherungssysteme neu und zukunftsfest aufzustellen. Darauf aufmerksam gemacht zu haben, das ist das Verdienst des Aufstands der jungen Unionsabgeordneten", unterstreicht der WESER-KURIER aus Bremen.
Zum Schluss zu einem Sport-Thema. "Haben Sie es mitbekommen?", fragt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Deutschland richtet aktuell die Handball-Weltmeisterschaft der Frauen aus. Ja, wirklich. Man kann es nur leider sehr leicht übersehen – denn im Free-TV findet das Turnier praktisch nicht statt. ARD und ZDF steigen erst ab dem Viertelfinale ein, sofern die DHB-Auswahl überhaupt so weit kommt. Das ist bitter: Denn gerade eine Heim-WM wäre der Moment, in dem eine Sportart wachsen kann – an Reichweite, Nachwuchs und öffentlicher Wahrnehmung. Die Entscheidung, die frühe Turnierphase nicht im Free-TV zu zeigen, ist ein Armutszeugnis für den öffentlich-rechtlichen Auftrag, nach dem Sportvielfalt abgebildet werden soll. Rund 400 Stunden Live-Berichterstattung bieten ARD und ZDF im Wintersport-Programm, aber für drei Vorrundenspiele der deutschen Handball-Frauen ist kein Platz. Wer die Hallen füllen will, muss erst einmal die Wohnzimmer erreichen. Wer Mädchen fürs Handballspielen begeistern will, muss ihre Vorbilder sichtbar machen. Und wer Gleichberechtigung fordert, darf sie nicht erst dann einlösen, wenn die Favoriten im Viertelfinale Quote versprechen." Das war ein Auszug aus der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG - und damit endet die Presseschau.