04. Dezember 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Zwei Themen beherrschen weiterhin die Kommentare in den deutschen Zeitungen: die bevorstehende Abstimmung des Bundestages über das Rentenpaket und die diplomatischen Bemühungen um ein Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.

Das Foto zeigt den Bundestag von innen.
Der Bundestag stimmt am Freitag über das Rentenpaket an - das nach wie vor auch die Kommentatorinnen und Kommentatoren beschäftigt. (IMAGO / photothek)
"Über dem Rentenpaket schwebte bis zuletzt ein dickes Fragezeichen", schreibt die STUTTGARTER ZEITUNG zum ersten Thema. "Für den Kanzler und dessen Koalition hätte dieses Fragezeichen leicht zum Fallbeil werden können. Nun ersparen ausgerechnet die Linken Friedrich Merz eine mögliche Blamage. Mit ihrer kollektiven Enthaltung ebnen sie den Weg zu einem Beschluss zur Sicherung des Rentenniveaus – selbst im Falle etlicher Gegenstimmen aus der Nachwuchsriege der Union. So dürfen die schwarzen Renten-Rebellen mit dem Segen der Linken ihre Prinzipientreue demonstrieren – was ihren Mut zu einem Nein allerdings erheblich weniger heldenhaft erscheinen lässt", merkt die STUTTGARTER ZEITUNG an.
"Bei Heidi Reichinnek können Friedrich Merz und Jens Spahn noch etwas lernen: Wie man Mehrheiten im Parlament organisiert", kommentiert die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg. "Die Linken-Fraktionsvorsitzende ermöglicht nämlich mit ihrer Ankündigung, dass die Linken-Abgeordneten sich bei der Rentenabstimmung enthalten werden, die Verabschiedung eines Gesetzespaketes, das parteiübergreifend als notwendig erachtet wird. Ein Coup, wie es ihn lange nicht im Bundestag gegeben hat. Vor allem der überforderte Unionsfraktionschef Jens Spahn steht blamiert da."
"Gerne nimmt man in der Not die rettende Hand", wirft die Zeitung DIE WELT ein - und schränkt ein: "... auch wenn eine Zusammenarbeit mit den Linken eigentlich dem Grundsatz der Union widerspricht, nicht mit den Radikalen am linken und rechten Rand zusammenzuarbeiten."
"Beschämend ist die helfende Hand vom ungeliebten linken Rand für die CDU allemal", unterstreicht auch der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER. "Mit der Beruhigungspille des vorerst stabilen Rentenniveaus versucht die Regierung, ihre sinkenden Umfragewerte zu therapieren. Doch während im ehemaligen 'Kanzlerwahlverein' Meuterei in der Luft liegt, kann sich die Linke ganz staatstragend als Retterin der Altersbezüge präsentieren."
"Entwickeln sich hier womöglich Schnittmengen zwischen Schwarz-Rot und – wie aus der CSU in früheren Zeiten zu hören war – 'Blutrot'?", fragen die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN. "Wohl kaum. Die Linke nutzt mit ihrem überraschenden Manöver lediglich die gewaltige Bresche in der koalitionären Bundestags-Formation. Das hartnäckige Unions-Unvermögen, die eigenen Reihen zu schließen, gibt der kleinsten Bundestagsfraktion größte Aufmerksamkeit – und lässt den Kanzler wieder einmal schlecht aussehen", resümiert die MEDIENGRUPPE BAYERN.
Und für das STRAUBINGER TAGBLATT steht fest: "Kommt das Rentenpaket nur durch, weil die Linke sich enthält, wäre das kein Sieg, sondern eine Niederlage."
DER TAGESSPIEGEL weist zunächst darauf hin, dass die Abgeordneten laut Grundgesetz nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Danach heißt es aber, eine Fraktionsdisziplin müsse es durchaus geben. "Der Bundestag ist kein Parlament von 630 Einzelkämpfern, auch kein Honoratiorenparlament. Er wäre ohne Ordnung nicht arbeitsfähig. Die Fraktionen, also Organe von Abgeordneten einer politischen Richtung, machen das Parlament erst wirkungsmächtig. Es ist das naturgemäße Interesse einer Fraktion, möglichst geschlossen aufzutreten. Eine Fraktion, deren Abstimmungsverhalten permanent auseinanderfällt, wäre politisch kaum mehr handlungs- und lebensfähig", betont DER TAGESSPIEGEL aus Berlin.
Nun zu den Bemühungen um ein Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schaut auf das jüngste Spitzentreffen zwischen Russland und den USA. "Das Gespräch mit den Gesandten Trumps ist offenbar nicht ganz so verlaufen, wie Putin sich das vorgestellt hatte. Das ist, auch wenn man den Ukrainern ein möglichst baldiges Ende der russischen Terrorangriffe wünscht, nicht das schlechteste Ergebnis der Verhandlungen in Moskau. Dieser Ausgang bedeutet nämlich, dass der US-Gesandte Witkoff nicht abermals nur den Stenoblock gezückt und brav notiert hat, wie die Amerikaner Putin die Ukraine servieren sollen." Sie hörten die F.A.Z.
"Keine Frage: Diplomatie ist wichtig", unterstreicht DIE RHEINPFALZ aus Ludwigshafen. "Im Krieg sogar (über-)lebenswichtig. Aber was derzeit seitens der US-Regierung inszeniert wird, verdient diesen Namen nicht. Das ist kaum verbrämtes Schachern auf Kosten des Opfers, der Ukraine. Und noch dazu richtig schlecht gemacht. Einem begnadeten Strategen und Strippenzieher wie Putin sind die Diplomaten-Azubis Witkoff und Kushner hilflos ausgeliefert."
"Putin sammelt Angebote für einen Frieden wie ein Jäger Trophäen, ob von Trump in Alaska oder von Witkoff in Moskau", stellt der KÖLNER STADT-ANZEIGER fest. "Er will die Welt glauben machen, er sei bereit für ernsthafte Verhandlungen. In Wahrheit setzt er darauf, dass die Angebote jedes Mal mehr Zugeständnisse enthalten und sich die Lage der Ukraine auf dem Schlachtfeld weiter verschlechtert. Bis Kiew am Ende kapituliert und Putin seine Maximalforderungen durchsetzt."
"Wer nun denkt, dass Trump nach dem Scheitern der Gespräche in Moskau den Druck auf Putin erhöht, ist naiv", fügt das Portal T-ONLINE hinzu. "Es wird weiterlaufen wie in den vergangenen Monaten. Der Krieg in der Ukraine wird fortgesetzt, bis Putin seine Kriegsziele erreicht oder sie verändern muss. Für Europa zeigen diese Entwicklungen aber erneut eine Notwendigkeit auf: Es muss möglichst schnell eigenständiger werden."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG weist auf ein Vorhaben hin, das in diese Richtung geht. Das Blatt bleibt aber skeptisch. "Zu spät kommt der Beschluss der EU, spätestens 2028 keine fossile Energie mehr aus Russland zu beziehen. Wladimir Putinhat vor allem die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas lange Zeit genutzt, um Europa politisch in Schach zu halten. Mit den Einnahmen finanzierte er sein Aufrüstungsprogramm, das er für den Angriff auf die Ukraine nutzte. Und auch wenn sich die Europäer seither Zug um Zug aus der Abhängigkeit befreiten, so fließen doch bis zum heutigen Tag viele Milliarden Euro nach Russland", gibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zu bedenken.
"Sich einen neuen Lieferanten zu suchen, ist ein gutes Recht der EU", betont die Zeitung ND.DER TAG. "Das geht auch ohne viel Tamtam. Dabei wie von der Leyen und Deutschlands Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck erst in Aserbaidschan und dann in Qatar Hände von Autokraten zu schütteln, ist jedoch zutiefst unglaubwürdig. Binnen kürzester Zeit hatten die Verfechter des Guten die Armenier beleidigt und Menschenrechtler schockiert. Und bewiesen, dass Europas Energie-Unabhängigkeit eine Illusion ist. Der Kontinent braucht weiter Gas. Das kommt weiter von Autokraten, geändert haben sich nur die Preise und die Kontonummern", bemerkt ND.DER TAG.
Und zum Schluss ein Blick in die VOLKSSTIMME aus Magdeburg. Sie geht darauf ein, dass Deutschland - auch als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland - das Raketenabwehrsystem Arrow 3 in Betrieb genommen hat. Damit verfüge die Bundeswehr nun über ein System, "... mit dem ballistische Raketen effektiv bekämpft werden können. Doch Arrow 3 eignet sich nicht zur Abwehr von Hyperschall-Flugkörpern und Drohnen. Doch Drohnen scheinen für Verteidiger die größte Gefahr zu sein, wie der Ukraine-Krieg schmerzlich gezeigt hat. Zudem sollte der positive Anlass der Arrow-3-Indienststellung nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Beschaffungspolitik der Bundeswehr auch unter Minister Boris Pistorius vieles im Argen liegt. Die negative Belegliste in Heer, Marine und Luftwaffe für diese Einschätzung ist seitenlang. Der Meilenstein mit Arrow-3 kann nur ein erster Schritt sein, die Beschaffungspolitik in geordnete Bahnen zu lenken", urteilt die VOLKSSTIMME aus Magdeburg.