
Dazu bemerkt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER: "Wenn die EU, wie jetzt, Transparenz verhindert, werden Vorurteile gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel nur noch größer. Ob nun eine Differenzierung zwischen verschiedenen Methoden vorgenommen wird, ist den Menschen im Einkaufsmarkt egal. Genauso egal sind ihnen die vielen guten Gründe für den Eingriff ins Genom der Pflanzen oder die zahlreichen Beteuerungen der Industrie, dass die moderne Gentechnik sicher, präzise und gut kontrollierbar sei. Es ist einfach das gute Recht der Menschen zu wissen, was in den Kochtopf und auf den Teller kommt. Ökologische und gesellschaftliche Aspekte erfordern in Sachen Gentechnik weiterhin sorgfältige Regulierung, Monitoring und Transparenz. Die EU hätte so viele unnötige Kennzeichnungspflichten abschaffen oder abmildern können. Doch bei dieser hat sie weder den Produzenten noch dem Handel und schon gar nicht den Verbrauchern einen Gefallen getan" urteilt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
"Die Einigung der EU-Institutionen zu gentechnisch veränderten Pflanzen geht vor allem zulasten der Verbraucher", betont die TAGESZEITUNG - TAZ: "Viele werden künftig Lebensmittel aus solchen Pflanzen essen, ohne dass sie davon erfahren. Denn der Deal aus Brüssel sieht vor, die Kennzeichnungspflicht für zahlreiche Gentechnikpflanzen in Nahrungsmitteln zu kippen. Das ist auch aus sozialer Sicht ungerecht. Nur wer es sich leisten kann, hat noch die Möglichkeit, auf Bioprodukte auszuweichen, in denen Gentechniksorten verboten bleiben. Es gibt gute Argumente gegen die Agro-Gentechnik. Sie steht für eine Landwirtschaft, die die Natur rücksichtslos an sich anpasst, statt sich selbst an die Natur anzupassen. Sie wird absehbar von großen Saatgutkonzernen wie Bayer/Monsanto beherrscht werden, die sowieso schon zu viel Macht über unsere Ernährung haben", kritisiert die TAZ.
Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN werfen ein: "Seit langem argumentieren Agrarwissenschaftler, dass die 'grüne Gentechnik' nicht gefährlicher ist als das herkömmliche Züchten von Pflanzen. Mag sein. Dennoch hinterlässt es bei vielen Verbrauchern zu Recht ein schales Gefühl, dass ihnen die EU nun die Möglichkeit nehmen will, selbst zu entscheiden, ob sie entsprechende Lebensmittel kaufen wollen. So sehr die Vorteile etwa bei der Entwicklung von dürreresistenten Sorten auf der Hand liegen - es bleibt ein zweifelhafter Weg, Akzeptanz für eine Technik durch die Hintertür herzustellen, indem man ihre Verwendung einfach nicht mehr erwähnt", argumentiert die MEDIENGRUPPE BAYERN.
Die STUTTGARTER ZEITUNG stellt fest, Gegner und Befürworter... "...führen gute Argumente ins Feld, doch es gilt, sich zu entscheiden. Nicht nur angesichts der weiterentwickelten technischen Möglichkeiten bei den neuen Züchtungstechnologien erscheint eine kontrollierte Deregulierung der bisherigen EU-Vorschriften sinnvoll. Das heißt nicht, dass nun alle Dämme brechen. Unter das strenge EU-Gentechnikrecht fallen auch weiter etwa Methoden, bei denen artfremde Gene in eine Pflanze eingebracht werden. Es ist wichtig und richtig, dass diese sogenannte Transgenese weiter genau kontrolliert und gekennzeichnet werden muss", findet die STUTTGARTER ZEITUNG.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz vermisst eine Position der Regierungsparteien zur Gentechnik: "Union und SPD haben das Thema in ihrem Koalitionsvertrag mehr oder weniger ausgeklammert. Was vor allem an Matthias Miersch lag, damals Generalsekretär, heute SPD-Fraktionschef und knallharter Gentechnikgegner, der Ideologie über die wissenschaftlichen Erkenntnisse stellt. Die EU-Einigung muss noch von den Mitgliedsstaaten bestätigt werden. Um die regelmäßigen deutschen Enthaltungen herum, weil die Bundesregierungen sich seit Jahren nicht auf eine Haltung einigen konnten, ist das alles andere als einfach. Spätestens jetzt muss das schwarz-rote Drei-Affen-Prinzip bei der modernen Gentechnik – nichts sehen, hören und sagen – ein Ende finden," mahnt die FREIE PRESSE.
Themenwechsel. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG geht auf die für heute geplante Abstimmung über das Rentenpaket im Bundestag ein: "Der Versuch der 'Jungen Gruppe', die Koalition zu einer Änderung des Rentengesetzes zu bewegen oder das Vorhaben ganz aufzuhalten, muss schon vor der Abstimmung als gescheitert gelten. Weil sich die Abgeordneten der Linkspartei der Stimme enthalten wollen - bei den Sozialisten herrscht anders als bei der Union noch Fraktionsdisziplin -, würde die Novelle auch dann nicht zu Fall gebracht werden, wenn alle 18 Jungunionisten dagegen votierten. Damit würde die Rebellion freilich nicht sang- und klanglos enden, sondern mit einem Paukenschlag. Dann zeigte sich ganz offen, dass die Mehrheit der Koalition im Bundestag auf tönernen Füßen steht, die jederzeit zerbrechen können und auch schon zweimal zerbrochen sind: bei der Kanzlerwahl und bei der Richterwahl für Karlsruhe", notiert die F.A.Z.
"Man kann die Sache ja einfach einmal umdrehen", schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und fragt: "Was wäre passiert, wenn die Linke angekündigt hätte, die Rentenreform der Koalition abzulehnen? Das hätte niemanden überrascht, interessiert hätte es auch keinen. Die Entscheidung, sich zu enthalten, ist also allein nach den Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie klug. Zumal das Risiko, das Reichinnek und Co. eingehen, überschaubar ist. Weil über die Rentenreform im Bundestag mit einfacher Mehrheit entschieden wird und Enthaltungen dabei nicht gezählt werden, sind die Linken quasi durchs Nichtstun zu einem der Hauptdarsteller geworden. Heißt: maximaler Gewinn bei minimalem Einsatz", folgert die SÜDDEUTSCHE.
Das HAMBURGER ABENDBLATT vertritt folgende Ansicht: "Tatsächlich erinnert die Linke CDU und CSU gerade sehr nachdrücklich daran, dass sie ein ernst zu nehmender Faktor beim Ringen um demokratische Mehrheiten in Deutschland ist. Im Osten gibt es bereits zwei CDU-Ministerpräsidenten von linken Gnaden, und zwar in Thüringen und Sachsen. Im kommenden Jahr könnten es noch mehr werden. Und wenn Schwarz-Rot im Bund das Grundgesetz ändern will – insbesondere für eine Reform der Schuldenbremse – dann geht das nur mit Grünen und Linkspartei, sofern die AfD außen vor bleiben soll. Es ist höchste Zeit, dass sich die Union im Verhältnis zur Linken lockerer macht", empfiehlt das HAMBURGER ABENDBLATT.
Das Magazin DER SPIEGEL analysiert: "Die Linken haben im parlamentarischen Alltag nicht viel Einfluss. Ihre Anträge werden abgelehnt, in zentralen Gremien ist die Partei nicht vertreten. Zuletzt versagte die Union sogar den pragmatischen Abgeordneten Clara Bünger und Dietmar Bartsch wichtige Posten. Ihr Machthebel ist es, die brüchigen Mehrheiten der Koalition offenzulegen. Die Aufmerksamkeit, die sie damit erzeugt hat, ist eine wichtige Währung in der Politik. Das jüngste Manöver ist aber auch für Linke mittelfristig nicht ohne Risiko. Die eigenen Wähler dürften es nur schwer verstehen, dass ihre Partei Merz und Co. hart attackiert – und bei Abstimmungen dann nicht dagegenhält." Das war DER SPIEGEL.
Das FLENSBURGER TAGEBLATT schätzt: "Eine Demütigung wäre eine Mehrheit nur dank Linken-Enthaltung natürlich für den Kanzler selbst und seinen Fraktionschef Jens Spahn: Die beiden hatten im Wahlkampf besonders vollmundig auf der Ampel und Olaf Scholz herumgehackt, dem angeblich so unfähigen 'Klempner der Macht'. Und zum Ende ihres ersten Regierungsjahres haben sie den eigenen Laden überhaupt nicht mehr im Griff? Darum braucht es an diesem Freitag unbedingt drei Signale: für die Zuverlässigkeit der Union; für die Stabilität der Regierung; für den Start einer echten Reformagenda nach dem Rentenpaket. Bei allem Verständnis für die vielen gleichzeitigen Krisen und Befindlichkeiten: Das sollte doch wohl zu schaffen sein, Herr Merz", schließt der Kommentar des FLENSBURGER TAGEBLATTS. Und damit endet diese Presseschau.
