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Die Rechen-Wolke

Immer mehr Dienstanbieter im Internet und vor allem Zugangsanbieter bieten heute Dienstleistungen und Anwendungen an, die bislang lokal auf den Rechnern der Nutzer zu finden waren. Rückverlagerung in das Netz ist ein deutlicher Trend. Die Infrastruktur dazu setzt auf das so genannte Cloud-Computing.

Heinz Schmitz im Gespräch mit Manfred Kloiber |
    Manfred Kloiber: Heinz Schmitz, was steckt denn hinter der Idee des Cloud-Computings?

    Heinz Schmitz: Das Problem ist ja, dass der Arbeitsplatzrechner relativ teuer ist - nicht in der Anschaffung, aber er muss alle paar Jahre ausgetauscht werden, er muss gepflegt werden, die Festplatten gehen kaputt, Programme veralten, man muss laufend Servicepacks aufspielen. Und deswegen sind die Unterhaltskosten eines Arbeitsplatzrechners relativ hoch. Deswegen ist die Initiative der Firmen, dass man die doch wieder ins Rechenzentrum bringt, da können wir die zentral pflegen und keiner kann uns die Daten klauen.

    Kloiber: Wird es dann für die Mitarbeiter so aussehen, dass sie keinen vollwertigen PC mehr an ihrem Arbeitsplatz haben, sondern einen ganz billigen Computer, der eigentlich nur Datensichtgerät ist und alles läuft wieder auf Großrechnern?

    Schmitz: Das ist ein Ziel, das die Firmen-IT hat, also möglichst billige Geräte hinstellen, die auch ruhig ein paar Jahre älter werden können. Es kommt natürlich auf den Arbeitsplatz an, den man hat: wenn einer Fotos bearbeitet oder Filme schneidet, der wird sicherlich mit einer Applikation, die im Rechenzentrum läuft, nicht zufrieden sein. Der braucht einen voll ausgestatteten Arbeitsplatz eben wegen der Leistung, gerade wegen der Grafikleistung. Für normale Anwender, SAP- oder Büroanwendungen, Textverarbeitung oder Datenbankanwendungen, da wird an sich nicht viel Rechenleistung lokal gebraucht, das kann auch im Rechenzentrum stattfinden.

    Kloiber: Nun sind ja viele Mitarbeiter von Unternehmen mittlerweile mobil, sie sind ständig unterwegs, sie arbeiten nicht nur mit Computern, sondern auch mit kleinen Taschencomputern oder mit ihrem Handy, empfangen dort Mails, bearbeiten irgendwelche Tabellen und Texte. Wie kann man das integrieren in so ein Konzept, wo eigentlich der Computer das dümmste Glied ist.

    Schmitz: Das ist die große Herausforderung. Es ist ja nicht so, dass Cloud Computing heute schon eine Tatsache ist, sondern wir sehen hier den Anfang einer Entwicklung. In Firmen ist so etwas, dass man eine virtuelle Farm hat, das sind meist virtuelle Maschinen, und auf der Farm hat man Applikationen laufen. Der nächste Schritt ist einfach, dass man wirklich nur Dienste anbietet, dass also der Service-Provider dann einen Applikation anbietet. Google versucht ja so etwas schon mal in Ansätzen. Wir sehr, sehr am Anfang. Und dann ist natürlich die Frage des Endgerätes - brauche ich denn einen großen Bildschirm oder kann ich Applikationen auch so runterschrauben, dass sie auf einem kleinen Bildschirm laufen, denn das ist ja das Kriterium dabei.

    Kloiber: Nun werden solche Initiativen ja nicht nur getrieben von dem, was zum Beispiel ein Unternehmen tatsächlich braucht, sondern auch von dem, was die großen Computerfirmen, was vor allen Dingen die Hersteller von großen, leistungsstarken Rechnern sich denken, was sie unter die Leute bringen wollen. Und die wollen immer mehr Dienstleistung verkaufen, statt tatsächlich zu verkaufen. Wie spielt das zusammen? Was für eine Rolle spielt die Dienstleistung von IT-Dienstleistern?

    Schmitz: Die wird, so hoffen die Anbieter jedenfalls, zunehmend wichtig. Es sind zwei Tendenzen: einmal die reinen Hardware-Hersteller versuchen natürlich, ihre Maschinen zu verkaufen, möglichst leistungsstarke Maschinen. Die sagen: "auf meinem Server kannst Du eben 100 virtuelle Maschinen installieren". Zum anderen gibt es die Massenspeicherhersteller, die natürlich großes Interesse haben, dass möglichst viel ins Rechenzentrum wandert, da können sie diese riesigen Speichertürme, die dann abgesichert sind, und so etwas verkaufen. Das ist heute auch bei vielen Hardware-Herstellern das größte Geschäft. Dann gibt es eine neue Kategorie, die Service Provider, die also die Hardware kaufen, die die Softwarelizenzen kaufen und dann diese virtuellen Arbeitsplätze vermieten wollen. Die Initiativen laufen darauf hinaus, den Dienstanbietern Handwerkzeug zu geben, damit sie das vernünftig fahren können.

    Kloiber: Aber das heißt dann auch, dass ein Unternehmen dann nicht mehr sein eigenes Rechenzentrum betreibt, sondern auch diese Leistung und die Betreuung der Mitarbeiter-Computer, die dann virtuelle Maschinen sind, die abgerufen werden von irgendwelchen Geräten, dann verlagert zu irgendeinem Internetprovider?

    Schmitz: Das sollte man nicht so generell sagen, das hängt von der Größe der Firma ab. Eine große Firma wird das sicherlich selber machen, die ein paar hundert oder ein paar tausend Arbeitsplätze hat. Für eine kleine Firma, die vielleicht zehn Arbeitsplätze hat, für die ist das vielleicht wesentlich billiger und interessanter, so etwas auszulagern zu einem Dienstleister. Für einen Privatmann ist es im Moment noch uninteressant, aber irgendwann gibt es auch die großen Firmen, IBM überlegt zum Beispiel, so etwas anzubieten als Dienstleistung, dass ich also hergehen kann und sage, ich würde mir gerne eine Maschine bei Euch mieten und kann dann auf diese virtuelle Maschine von jedem Punkt der Welt aus zugreifen über das Internet. Das heißt, ich brauche dann kein großes voll ausgestattetes Notebook mehr mitzunehmen, sondern ich gehe irgendwo in ein Internet-Cafe und habe dann meine sichere Anmeldung, melde mich an meiner Maschine an und habe meine Arbeitsplatzumgebung, egal, wo ich bin. Und das ist doch das Wichtige dabei.