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Die Rettung nach Rio?

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Jule Reimer |
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    Auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Brasilien im Jahr 1992 hatten sich über 178 Staaten verpflichtet, künftig nicht nur blind auf Wirtschaftswachstum zu setzen. Autos und Flugreisen für jeden, so die Erkenntnis von Rio, das hält dieser Planet nicht lange aus, erst recht nicht, wenn auch die Armen dieser Erde dem Vorbild der Reichen nacheifern. Zehn Jahre später trifft sich die Weltgemeinschaft jetzt wieder, im südafrikanischen Johannesburg, zum Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung. Die in Rio gemachten Versprechen sollen überprüft und neue Ziele festgelegt werden.

    Klaus Töpfer war 1992 in Brasilien als deutscher Umweltminister dabei. Heute leitet er das Umweltprogramm der Vereinten Nationen - kurz UNEP - mit Sitz im kenianischen Nairobi. Seine Erwartungen an den Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung:

    Was nicht herauskommen darf, ist ein neues, wunderschön formuliertes Papier. Von solchen guten Erklärungen haben wir in den letzten zehn Jahren genug bekommen, insbesondere auch in Rio, wo die Agenda 21, wo die Konventionen zum Klima, zur Artenvielfalt, gegen die Wüstenbildung beschlossen wurden. Was mangelt - in der Analyse nach zehn Jahren - ist die Umsetzung.

    Töpfer will quantitative Ziele, feste Zeitpläne, verbindliche Finanzierungszusagen und vor allem Kontrollen, ob die Versprechen eingehalten werden. Denn der Euphorie der Rio-Konferenz war die Ernüchterung des Tagesgeschäfts gefolgt, als es galt, die allgemein formulierten Konventionen in harte Zusagen umzuwandeln. Das Kyoto-Protokoll, mit dem die Klimaschutzziele in die Praxis übertragen werden sollten, wurde zum Härtetest: Nur äußerst mühsam gelang es den Unterzeichnerstaaten der Klimakonvention, sich für die nächsten Jahre auf eine reale Minderung der Treibhausgase zu einigen. Dabei blieben sie weit hinter den Forderungen der Wissenschaftler zurück - allen Unwetterkatastrophen der letzten Jahre zum Trotz. Unter George W. Bush stieg die US-Regierung sogar komplett aus dem Kyoto-Protokoll aus - die USA sind der weltweit größte Verursacher von CO2-Abgasen.

    Gegen konkrete Vereinbarungen zum Schutz der biologischen Vielfalt wehren sich dagegen vor allem Entwicklungsländer. In den tropischen Regenwäldern findet sich der größte Artenreichtum, doch Staaten wie Brasilien oder Malaysia wollen nach eigenem Gutdünken über Schützen oder Abholzen entscheiden. Und so wird auch um die Verteilung der Gewinne gestritten, die sich durch die Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben.

    Der Begriff Nachhaltigkeit stammt aus der Forstwirtschaft. Er besagt, dass nicht mehr Bäume geschlagen werden dürfen als gleichzeitig nachwachsen können. Die heute gebrauchte Version des Wortes entstand 1987, als eine UN-Kommission unter Vorsitz der norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland erstmals den Zusammenhang zwischen Umwelt und Entwicklung untersuchte. Die Forderungen der Brundtland-Kommission lauteten sinngemäß:

    Wir brauchen eine nachhaltige Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne den künftigen Generationen diese Möglichkeiten zu nehmen.

    Bei aller Kritik hat sich seit Rio Einiges getan. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl setzte auf der ersten UN-Klimakonferenz 1995 in Berlin gegenüber den Zögerlichen unter den Industriestaaten ein wichtiges Signal: Er kündigte an, dass Deutschland seine CO2-Emissionen binnen 15 Jahren um ein Viertel reduzieren würde. Um gesetzliche Vorgaben zu vermeiden, zog der Bundesverband der deutschen Industrie mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung nach und versprach, den spezifischen CO2-Ausstoss bis 2005 um 28 Prozent zu senken.

    Nach dem Regierungswechsel 1998 verbesserte die rot-grüne Bundesregierung die Förderbedingungen für erneuerbare Energien. Und sie verabschiedete endlich eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie, eine noch offene Hausaufgabe der Rio-Konferenz von 1992, die spätestens bis zum Johannesburg-Gipfel zu erledigen war. Vier Schlüsselbegriffe zählt die Strategie auf: Generationengerechtigkeit, Lebensqualität, sozialer Zusammenhalt, internationale Verantwortung. Fortschritte auf diesen Gebieten sollen an 21 Indikatoren gemessen werden, ein Mix aus sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Kriterien. Dazu gehört die Entwicklung der Arbeitslosigkeit, aber auch die Zahl der Ganztagsbetreuungsplätze für Kinder. Der Verbrauch von Flächen für Siedlungen und Verkehrsanlagen soll erheblich sinken. Heute werden täglich rund 130 Hektar zugebaut, das entspricht einer Fläche von 200 Fußballfeldern. Im Jahr 2020 sollen nur noch 30 Hektar Natur pro Tag der modernen Bauwut zum Opfer fallen. Den bundesdeutschen Kohlendioxidausstoß will die Regierung bis 2012 um 21 Prozent absenken. Ein weiteres Ziel: Die Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2020. Bundeskanzler Gerhard Schröder:

    Es macht nämlich nach meiner Überzeugung keinen Sinn, von den Entwicklungsländern, den Ärmsten der Armen einzufordern, was für sich betrachtet vernünftig ist - nämlich der schonende Umgang mit den Ressourcen, über die man verfügt -, wenn wir nicht wenigstens als die reichsten Länder der Welt vormachen, wie es geht, wenn wir nicht unseren Beitrag - gleichsam als Vorleistung dafür, dass wir ihn von anderen einfordern können - zu liefern bereit sind.

    Nach Ansicht von Matthias Seiche vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND - hätte das Klimaschutzprogramm ehrgeiziger ausfallen können:

    Die Bundesregierung hat das bisher nur in Teilen aufgegriffen, vor allem das Klimaziel, das von verschiedenen Enquete-Kommissionen und Sachverständigen seit vielen Jahren gefordert wird, bis 2020 die CO2-Emmissionen um 40 Prozent zu reduzieren. Das hat sie leider nicht in die Strategie geschrieben. Trotzdem sind auch einige positive Ansätze drin, zum Beispiel die Energieeffizienz zu erhöhen und im Verkehrsbereich den Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene zu erhöhen.

    Die "Perspektiven für Deutschland" - so der Titel der Nachhaltigkeitsstrategie - sind zudem nur eine Leitlinie und kein Gesetz. Kritiker befürchten, dass auch auf dem Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg mehr Unverbindliches als Verbindliches herauskommen könnte. Vor allem die US-Regierung will sich nicht völkerrechtlich festlegen.

    Fünf Kernthemen hat UN-Generalsekretär Kofi Annan für Johannesburg vorgegeben: Wasser, Energie, Biologische Vielfalt, Ernährungssicherheit und Gesundheit. Die deutsche Bundesregierung will sich vor allem in zwei Bereichen engagieren: Wasser und Energie.

    1,2 Milliarden Menschen haben keinen direkten Zugang zu sauberem Trinkwasser. Beim UN-Millennium-Gipfel im September 2000 in New York setzten sich die Staatschefs das Ziel, diese Zahl bis 2015 zu halbieren. Die Frage ist nur wie? Das soll in Johannesburg geklärt werden. Und weil es die Zielvorgabe der Völkergemeinschaft gibt, kann sich UNEP-Chef Klaus Töpfer in diesem Fall auch vorstellen, die Privatwirtschaft an der Umsetzung zu beteiligen - herauskäme ein Aktionsplan, der keine völkerrechtlich Verbindlichkeit erlangen könnte.

    Wir haben in afrikanischen Städten eine Untersuchung gemacht, und in allen großen Städten von Addis bis Johannesburg liegen die Verluste bei der Verteilung von Wasser bei über 50 Prozent. Da kann also jetzt jemand hinkommen und ein solches Projekt vorlegen und sagen: Mit der Privatwirtschaft und unserer finanziellen Verantwortung erreichen wir es bis zum Jahr 2010 oder 2007 - je nachdem wie optimistisch Sie sind: Der Wasserverlust in diesen Städten wird auf 20 Prozent reduziert. Dann haben Sie die genaue, nicht völkerrechtlich bindende Aussage, aber Sie haben eine klare Zuordnung und wenn das dann auch überprüft wird, können Sie das ganz konkret machen. Wenn es nur noch in solche Projekte hineingeht, also keine Verpflichtungen von Regierungen mehr da sind, dann gäbe es Schwierigkeiten, aber ich glaube, dass diese Gefahr weitgehend gebannt ist.

    Und auch den zweiten Schwerpunkt der deutschen Bundesregierung für Johannesburg - Energie - begrüßt der Chef des UN-Umweltprogramms:

    Wir brauchen dringlich nicht-netzgebundene Energien in Entwicklungsländern, besonders im ländlichen Raum. Das ist sicherlich auch eine Frage von Klimawirkung, aber in besonderer Weise von wirtschaftlicher Entwicklung. Wenn wir das nicht bekommen, werden wir die Urbanisierung nicht bewältigen können. Der Druck in die Städte wird massiv weitergehen. Wir haben den deutschen Satz verfremdet: Wenn Elektrizität nicht zu den Menschen kommt, dann kommen die Menschen zur Elektrizität.

    Entwicklungs- oder Umweltorganisationen fordern, dass dazu in Johannesburg ein konkreter Energieaktionsplan verabschiedet wird. Die Regierungen der USA, von Kanada, Japan und Australien möchten wiederum jede Festlegung vermeiden. Die Europäische Union hat dagegen vorgeschlagen, den Anteil der erneuerbaren Energien am weltweiten Gesamtverbrauch bis zum Jahr 2010 auf 15 Prozent zu erhöhen. Da gebe es einen besseren Vorschlag, meint Stefan Singer, Energieexperte beim WWF in Brüssel:

    Das hört sich alles sehr gut an, vergisst aber, dass wir bereits bei einem Anteil von 14 Prozent bei den erneuerbaren Energien weltweit liegen, weil die EU keine Qualitätskontrolle macht. Sie bezieht Großwasserkraft ein, lässt nicht-nachhaltige Biomasse zu, Müllverbrennung und Torf. Es gibt einen dritten Vorschlag und den unterstützen auch wir, der kommt von Brasilien und Schweden, der sagt: Zehn Prozent neue erneuerbare Energien. Das sind Sonne, Wind, Geothermie, Wellenkraft, nachhaltige Biomassenutzung und Kleinwasserkraft - keine Großwasserkraft, kein Torf, keine Müllverbrennung, keine nicht nachhaltige Biomassenutzung! Weltweit stellen diese neuen erneuerbaren Energien knapp zwei Prozent des Energieverbrauchs dar. Wenn wir die von zwei auf zehn Prozent steigern wollen, dann ist das weitaus ambitionierter als der 15-Prozent-Vorschlag der EU.

    Klimawissenschaftler entwerfen schon Visionen von riesigen Sonnenkraftwerken in der Sahara. Warum nicht in diesen Entwicklungsländern investieren und ihnen ermöglichen, mit dem Export von Strom aus Sonne und Wind Devisen zu erwirtschaften? In der Regierungserklärung zum Johannesburg-Gipfel rief Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul die deutschen Unternehmer auf:

    Einer unserer Schwerpunkte für Johannesburg ist: Wir wollen neue, strategische Partnerschaften mit der Industrie für besseren Klimaschutz und eine nachhaltige, effiziente Energieversorgung auf den Weg bringen. Es geht auch darum, eine Initiative für den Export erneuerbarer Energien zu ermöglichen, und wir wollen mit unseren entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen dazu beitragen, dass das auch praktisch vor Ort funktioniert und gute Ergebnisse bringt.

    An der Finanzierung brauche ein Aktionsplan für erneuerbare Energien jedenfalls nicht zu scheitern, meint WWF-Energieexperte Stefan Singer.

    Wir zahlen derzeit weltweit 200 bis schätzungsweise 400 Milliarden US-Dollar jedes Jahr für den Ausbau der Energieinfrastruktur. Dieses Geld wird ausgegeben für Großkraftwerke für den industriellen Bedarf. Es wird dagegen wenig Geld ausgegeben für Dörfer in den Entwicklungsländern, die keinen Zugang zum Netz haben. Aber dort, wo kein Netz ist, ist die Versorgung mit erneuerbaren Energien bereits kostengünstig. Das Problem sind die hohen Anfangskosten und die sind höher als bei den klassischen Energien. Dass erneuerbare Energien nachher keine Energiekosten haben, weil keine Brennstoffkosten auftreten, behindert die Investitionen, weil die Anfangsinvestition so hoch ist. Da müssen Strukturbarrieren beseitigt werden.

    Singer schlägt deshalb eine Umschichtung der Gelder für Energiekredite vor, wie sie beispielsweise durch die deutschen Exportkreditanstalten wie Hermes oder KfW vergeben werden.

    Die Finanzierung der Aktionspläne ist ein wunder Punkt auf der Johannesburger Konferenz. Die öffentliche Entwicklungshilfe der meisten Industriestaaten liegt weit unter dem vor 30 Jahren versprochenen Ziel: das wären eigentlich 0,7-Prozent des eigenen Bruttosozialproduktes! Als es im Mai 2002 darum ging, die Mittel für den Globalen Umweltfonds deutlich aufzustocken, winkte wiederum die US-Regierung ab. Der Fonds, die "Global Environment Facility" - kurz genannt GEF - war auf der UN-Konferenz in Rio gegründet worden, um weltweite Maßnahmen gegen die Umweltzerstörung zu finanzieren. Dazu gehören Projekte für den Klimaschutz oder zur Bekämpfung der Wüstenbildung. Zwar erklärten sich die Europäer von vornherein zu einer gewissen Aufstockung des Fonds bereit, aber es lässt sich beobachten: Sowie Umweltprobleme nationale Grenzen überschreiten und das eigene Land nicht selbst unter Schäden leidet, fühlt sich keiner mehr verantwortlich. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen schlägt deshalb vor, Nutzergebühren zu erheben und die zur Finanzierung von Entwicklungsprojekten einzusetzen. Zum Beispiel in Form einer Kerosinsteuer oder einer Abgassteuer für Flugzeuge. Eine Idee, mit der sich die deutsche Wirtschaft nicht anfreunden kann. Olaf Henkel, Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie meint:

    Vielleicht darf ich daran erinnern, dass heute ja schon das ganze System von den Nutzern getragen wird. Im Luftraum brauchen wir ja keine Straßen zu bauen. Und wir haben heute eine einwandfreie, klare Zuordnung der Kosten im Flugverkehr über die Flugpreise. Und wenn Sie tatsächlich etwas für den CO2-Ausstoss im Luftverkehr tun wollen, dann müsste man anders vorgehen. Dann müsste man sich bemühen, all diese Warteschleifen weltweit über den Flughäfen zu verringern, man könnte zum Beispiel endlich mal eine funktionierende europäische Luftfahrtaufsicht schaffen, die zentral funktioniert und nicht Land für Land. Was meinen Sie, wieviel Kerosin in die Luft geblasen wird, weil diese Flugzeuge nicht landen dürfen?

    Für Olaf Henkel hängen die Entwicklungschancen der armen Länder nicht von der Höhe der Geldmittel ab. Wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt ergäben sich automatisch im Rahmen der Globalisierung, so der BDI-Vizepräsident, wenn nur die richtigen Rahmenbedingungen existierten: offene Märkte, Demokratie und Achtung der Menschenrechte.

    Umwelt- und Entwicklungsorganisationen bezweifeln hingegen den von Henkel unterstellten Automatismus. Sie stellen das Gegenteil fest: Der Geist von Rio sei längst durch den Geist von Marrakesch verdrängt worden. In der marokkanischen Stadt besiegelten 1994 rund 120 Staaten die Gründung der Welthandelsorganisation WTO und die weitere Öffnung der Märkte für Waren und Dienstleistungen. Doch bei Agrargütern und Textilien schotten sich die reichen Länder entgegen der Liberalisierungsversprechen weiterhin ab, obwohl hier die ärmeren Staaten gute Absatzchancen hätten. Kritisch bewerten die Nichtregierungsorganisationen auch, dass Länder wie Ghana oder Indonesien schonungslos ihre Wälder einschlagen, um mit dem Export von Holz oder Mineralien Devisen zu erwirtschaften. Ihre Kritik: Das internationale Handelsrecht hebele nationale Bestimmungen zum Schutz von Umwelt und Arbeitnehmern aus. WWF-Umweltexperte Bernhard Bauske nennt ein Beispiel:

    Es ist so, dass es in einigen Ländern Kriterien für öffentliche Beschaffung gibt, Umweltkriterien, wo der Staat oder die Kommune bestimmte Dinge ausschließt, also definiert, so und so muss ein Produkt beschaffen sein. Da wird auf der anderen Seite gesagt, das sei eine Handelsbeschränkung und es werden WTO-Richtlinien zugrunde gelegt. Und das behindert natürlich eine umweltgerechte Herstellung, weil ich die Produktion nicht steuern kann, wenn immer mit WTO-Regeln argumentiert wird.

    So herrscht die Sorge vor, dass die Regierungen der Industriestaaten auf dem Johannesburg-Gipfel weniger die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung stellen, sondern dass sie vor allem die Liberalisierung von Dienstleistungen vorantreiben. Aber kann und wird sich ein internationaler Großkonzern bei der Versorgung mit Wasser an den Bedürfnissen der bitterarmen Bevölkerungsschichten in einem Entwicklungsland orientieren? Für die Entwicklungsorganisationen steht dieser Beweis noch aus.

    Neben Wasser und Energie hatte die deutsche Bundesregierung ursprünglich einen dritten Schwerpunkt in Johannesburg vorstellen wollen: eine freiwillige Vereinbarung mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie und Umwelt- und Entwicklungsgruppen. In der verpflichten sich deutsche Unternehmen, bei Direktinvestitionen im Ausland bestimmte Umweltstandards anzuwenden und deren Einhaltung mindestens firmenintern überprüfen zu lassen. Noch im Mai verabschiedeten alle Beteiligten ein gemeinsames Konsenspapier für Johannesburg. Im Juli kündigte der BDI das Projekt dann auf. Begründung: Die Umweltorganisationen hätten nach Abschluss der Verhandlungen mit schärferen Formulierungen nachgelegt und eine gesetzliche Regelung statt einer Selbstverpflichtung gefordert. Die Umweltorganisation BUND weist ihrerseits diesen Vorwurf als falsch zurück und beschuldigt den BDI, er habe die Aktion aus Wahlkampfinteressen platzen lassen.

    Für den UN-Gipfel für Nachhaltige Entwicklung jedoch gilt: Ohne verbindliche Abkommen wird er als gescheitert in die Geschichte eingehen. Wenn die Entwicklungsländer auf die Übernutzung ihres Artenreichtums verzichten und die Nutzung von Sonnen- und Windkraft annehmen sollen, dann müssen die Industrieländer ihnen etwas bieten, glaubt Bundesumweltminister Jürgen Trittin:

    Dann muss Europa auch zu seinen Verpflichtungen stehen bei der Öffnung der Märkte, beim Abbau der Subventionen, das ist die Schlüsselfrage, damit Johannesburg ein Erfolg wird.