Soll man sich neues Tafelgeschirr kaufen? Oder lieber eine Hängelampe in Blütenform? Oder eine verspielte Ledertasche? Einen albernen Küchenstuhl vielleicht, der wie aus Knete modelliert aussieht? Oder doch einfach teuren Schmuck, wenn nicht sogar eine wertvolle Uhr? Die Fragen klingen fast verrückt in diesem Frühjahr 2009. Die Menschen, sollte man meinen, haben andere Sorgen.
Aber in Frankfurt merkt man davon nichts. Im Gegenteil: Krise ist prima, Krise tut gut. Auf der weltgrößten Konsumgütermesse sieht man lauter fröhliche Gesichter und man fragt sich unwillkürlich, ob die Leute wohl irgendwas genommen haben. Überall sonst wird geächzt und gestöhnt, Umsätze brechen ein, Märkte gehen kaputt, aber viele versuchen offenbar, die Rezession wegzulächeln. Oder soll man sagen: Sie zu genießen?
"Also ich glaube, immer dann – das war in den siebziger Jahren schon so – wenn eine Rezession greift, also wirtschaftlich sichtbar wird, ist das die Stunde der Designer, der Gestalter, und zwar deshalb, weil sie die Differenzierung schaffen."
Hansjerg Maier-Aichen, Designer und Designprofessor an der Karlsruher Hochschule für Gestaltung, wurde von der Messe engagiert, den Besuchern auf Rundgängen das Sichtbare zu erläutern. Auch Claudia Herke, die in Berlin und Frankfurt ein sogenanntes Stilbüro betreibt, betet in einem Konferenzraum die neuen Trends vor.
"Die Formensprache bleibt weiterhin auf das Wesentliche reduziert. Funktional Sachliches, in strenger Linienführung, korrespondiert mit dekorativen Oberflächen. Minimal, ornamental, streng, organisch, stark, sachlich, kontrastreich und eindrucksvoll. "
Das Begriffsgestöber könnte natürlich auch ganz anders lauten; es kommt nur auf die Pose an – Trendwahrsagung ist eine Wachstumsbranche, besonders in unsicheren Zeiten wie diesen. Wenn wir schon nicht wissen, wie es mit der Weltwirtschaft weitergeht, wollen wir wenigstens Sicherheit in Stilfragen bekommen. Aktuell bietet sich da die Wahl an zwischen "feel grace", "enjoy calm", "stay essential" und "think romantic". Verglichen mit der wolkigen Natur dieser Konzepte erscheinen einem allerdings noch die undurchsichtigsten Finanzderivate als relativ solide.
Dennoch ist es richtig, die auf der "Ambiente" gezeigten Produkte als Materialsammlung des Zeitgeists zu betrachten. Konsumgüter sind – anders als andere Waren – Spiegel unserer Kultur, gerade weil sie nicht lebensnotwendig sind. Nun sollte man meinen, dass in Zeiten großer Geldknappheit an diesem Nicht-Lebensnotwendigen zuallererst gespart würde. Das stimmt aber nur zum Teil. Denn die Krise führt zu einem Rückzug aufs Häusliche: Man legt mehr Wert auf Dekoration, man pflegt verstärkt Freundschaften und man zelebriert die Nahrungsaufnahme. Living, Giving, und Dining lauten die Titel der drei Messen, die zusammen die Frankfurter "Ambiente" ausmachen.
Deswegen also sind Hersteller und Händler hier so merkwürdig optimistisch. Ein bisschen hängt es auch mit der Struktur der Branche zusammen, in der noch nicht 20 Prozent der Firmen 80 Prozent des Umsatzes machen. Stattdessen sind drei Viertel der Unternehmen noch inhabergeführt und können auf wirtschaftliche Schwierigkeiten viel flexibler reagieren als die Großen, wie Hansjerg Maier-Aichen sagt:
"Ich glaube, dass es bei den großen Firmen noch nicht spürbar ist. Das liegt einfach daran, daß die Zyklen der Veränderung und auch die Inhouse-Diskussion noch gar nicht richtig stattgefunden hat. Wir merken das aber bei kleinen und mittleren Betrieben sehr deutlich, daß auf der einen Seite eine ganz starke Tendenz hingeht zu archaischeren Produkten – also weniger modisch, weniger auch unter dem Druck dieses Alle-6-Monate-Neuheiten-Machen (die keine sind, sondern im besten Fall eigentlich Varianten darstellen) und man merkt es auch im Zusammenhang mit den Firmen, die sich wieder so ein bisschen auf Arts’n Crafts, also auf dieses Handwerkliche zurückbesinnen."
Das ganz Andere, die echte Innovation wird durch die Krise also gefördert, während die Überfülle an Ähnlichem beschnitten wird. Wer möchte sich heute noch für eine weitere Serie von Trinkgläsern begeistern? Diese Überfülle an Ähnlichem hat sich im Zuge der Globalisierung immer mehr verstärkt: auch das führt zu einem neuen Interesse an lokalen Spezialitäten. In der Tat findet jetzt ein gravierender Umbruch statt, der die Ausstattung unserer häuslichen Lebenswelt in den nächsten Jahren prägen wird. Aber erst mal muss die Krise überstanden werden.
Aber in Frankfurt merkt man davon nichts. Im Gegenteil: Krise ist prima, Krise tut gut. Auf der weltgrößten Konsumgütermesse sieht man lauter fröhliche Gesichter und man fragt sich unwillkürlich, ob die Leute wohl irgendwas genommen haben. Überall sonst wird geächzt und gestöhnt, Umsätze brechen ein, Märkte gehen kaputt, aber viele versuchen offenbar, die Rezession wegzulächeln. Oder soll man sagen: Sie zu genießen?
"Also ich glaube, immer dann – das war in den siebziger Jahren schon so – wenn eine Rezession greift, also wirtschaftlich sichtbar wird, ist das die Stunde der Designer, der Gestalter, und zwar deshalb, weil sie die Differenzierung schaffen."
Hansjerg Maier-Aichen, Designer und Designprofessor an der Karlsruher Hochschule für Gestaltung, wurde von der Messe engagiert, den Besuchern auf Rundgängen das Sichtbare zu erläutern. Auch Claudia Herke, die in Berlin und Frankfurt ein sogenanntes Stilbüro betreibt, betet in einem Konferenzraum die neuen Trends vor.
"Die Formensprache bleibt weiterhin auf das Wesentliche reduziert. Funktional Sachliches, in strenger Linienführung, korrespondiert mit dekorativen Oberflächen. Minimal, ornamental, streng, organisch, stark, sachlich, kontrastreich und eindrucksvoll. "
Das Begriffsgestöber könnte natürlich auch ganz anders lauten; es kommt nur auf die Pose an – Trendwahrsagung ist eine Wachstumsbranche, besonders in unsicheren Zeiten wie diesen. Wenn wir schon nicht wissen, wie es mit der Weltwirtschaft weitergeht, wollen wir wenigstens Sicherheit in Stilfragen bekommen. Aktuell bietet sich da die Wahl an zwischen "feel grace", "enjoy calm", "stay essential" und "think romantic". Verglichen mit der wolkigen Natur dieser Konzepte erscheinen einem allerdings noch die undurchsichtigsten Finanzderivate als relativ solide.
Dennoch ist es richtig, die auf der "Ambiente" gezeigten Produkte als Materialsammlung des Zeitgeists zu betrachten. Konsumgüter sind – anders als andere Waren – Spiegel unserer Kultur, gerade weil sie nicht lebensnotwendig sind. Nun sollte man meinen, dass in Zeiten großer Geldknappheit an diesem Nicht-Lebensnotwendigen zuallererst gespart würde. Das stimmt aber nur zum Teil. Denn die Krise führt zu einem Rückzug aufs Häusliche: Man legt mehr Wert auf Dekoration, man pflegt verstärkt Freundschaften und man zelebriert die Nahrungsaufnahme. Living, Giving, und Dining lauten die Titel der drei Messen, die zusammen die Frankfurter "Ambiente" ausmachen.
Deswegen also sind Hersteller und Händler hier so merkwürdig optimistisch. Ein bisschen hängt es auch mit der Struktur der Branche zusammen, in der noch nicht 20 Prozent der Firmen 80 Prozent des Umsatzes machen. Stattdessen sind drei Viertel der Unternehmen noch inhabergeführt und können auf wirtschaftliche Schwierigkeiten viel flexibler reagieren als die Großen, wie Hansjerg Maier-Aichen sagt:
"Ich glaube, dass es bei den großen Firmen noch nicht spürbar ist. Das liegt einfach daran, daß die Zyklen der Veränderung und auch die Inhouse-Diskussion noch gar nicht richtig stattgefunden hat. Wir merken das aber bei kleinen und mittleren Betrieben sehr deutlich, daß auf der einen Seite eine ganz starke Tendenz hingeht zu archaischeren Produkten – also weniger modisch, weniger auch unter dem Druck dieses Alle-6-Monate-Neuheiten-Machen (die keine sind, sondern im besten Fall eigentlich Varianten darstellen) und man merkt es auch im Zusammenhang mit den Firmen, die sich wieder so ein bisschen auf Arts’n Crafts, also auf dieses Handwerkliche zurückbesinnen."
Das ganz Andere, die echte Innovation wird durch die Krise also gefördert, während die Überfülle an Ähnlichem beschnitten wird. Wer möchte sich heute noch für eine weitere Serie von Trinkgläsern begeistern? Diese Überfülle an Ähnlichem hat sich im Zuge der Globalisierung immer mehr verstärkt: auch das führt zu einem neuen Interesse an lokalen Spezialitäten. In der Tat findet jetzt ein gravierender Umbruch statt, der die Ausstattung unserer häuslichen Lebenswelt in den nächsten Jahren prägen wird. Aber erst mal muss die Krise überstanden werden.