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"Die Riester-Rente war eine Fehlentscheidung"

Die gesetzliche Rente reicht nicht aus und für die private Vorsorge fehlt oft das Geld - vor allem Geringverdienern droht Armut im Alter. Schuld sind nach Ansicht der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung die Rentenreformen der vergangenen Jahre. Auch die Zuschussrente von Sozialministerin Ursula von der Leyen werde daran nichts ändern.

Von Sarah Zerback | 13.09.2012
    Das Urteil der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ist vernichtend. Die Einführung der Riester-Rente war eine Fehlentscheidung, heißt es in der Studie, die heute in Berlin vorgestellt wurde. Das Konzept sei keinesfalls geeignet, den Menschen ein sicheres Auskommen im Alter zu garantieren.

    "Im Moment, so wie es ist, droht ein großes Armutsrisiko, insbesondere für Niedrigverdiener, daher fordern wir die Abschaffung der sogenannten Riester-Treppe, die die gesetzliche Rente ja um vier Prozentpunkte gesenkt hat, dass wollen wir wieder aufheben, damit das Rentenniveau insgesamt höher ist."

    So Gustav Horn, Leiter des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturentwicklung und verantwortlich für die Studie. Die Menschen bekämen schlichtweg weniger raus. Zum einen, weil die Riester-Rente nicht von den Arbeitgebern finanziert wird, zum anderen, weil sie weniger Rendite abwirft als die gesetzliche Rente. Stattdessen fordert er, dass das klassische umlagengestärkte Rentensystem gestärkt wird in Form einer, wie er sagt, Bürgerversicherung.

    Zur selben Zeit, nur knapp 200 Meter Luftlinie weiter, bekräftigt Arbeitsministerin Ursula von der Leyen im Bundestag ihr Rentenkonzept, das Zuschüsse nur für Riester-Sparer vorsieht:

    "Wenn jemand jahrzehntelang fleißig gearbeitet hat, wenn er oder sie zusätzlich privat vorgesorgt hat und auch noch Kinder erzogen hat, dann muss am Ende des Tages eine eigene Rente erreichbar sein. Weil aber das Rentenniveau notwendigerweise sinkt, gibt es eine wachsende Gruppe von Menschen, für die das unerreichbar wird."

    Um das aufzufangen, setzt die Ministerin auf die Eigenverantwortung angehender Rentner. Denn mit dem von ihr vorgeschlagenen Konzept der Zuschussrente werden nur diejenigen unterstützt, die zusätzlich privat vorsorgen. Geringverdiener seien dazu aber gar nicht in der Lage, kritisiert Horn:

    "Weil der Zugang zu dieser Zuschussrente ist so restriktiv, dass etwa nur zehn Prozent derjenigen, die eigentlich Anspruch darauf hätten, diesen erfüllen. Zum zweiten bürdet sie die Finanzierung dieser Zuschussrente auch noch den Versicherten auf. Das heißt, die Versicherten bekommen dann auch noch weniger insgesamt. Das halten wir für den falschen Ansatz zur Lösung des richtigen Problems."

    Er pocht darauf, hier viel früher anzusetzen. Die Ursache zu bekämpfen und nicht die Symptome. Die derzeitige Lage auf dem Arbeitsmarkt schwäche das Rentenniveau – für Horn ein starkes Argument für den Mindestlohn. Damit ist er auf einer Linie mit der SPD. Mindestlohn statt Minilohn – fordert Generalsekretärin Andrea Nahles heute erneut im Bundestag. Die Arbeitsministerin hält davon allerdings nichts:

    "Selbst bei einem Mindestlohn von zwölf Euro muss man von heute an gerechnet 40 Jahre lang arbeiten, Vollzeit, um eine Rente knapp über der Grundsicherung zu erreichen."

    Walter Riester ist der Vater der Riester-Rente. Dass sein Konzept jetzt nachgebessert werden muss, empfindet er trotzdem nicht als Niederlage.

    "Ja wo denn Niederlage? Wir haben einen Zuwachs von zehn Millionen bei der betrieblichen, durch die Entscheidungen, die ich gemacht habe, 16 Millionen Menschen mit der privaten: 26 Millionen, das ist doch keine Niederlage!"

    Sagte Walter Riester in der ARD. Doch ob Niederlage oder nicht, eins steht für die Forscher fest: In keinem anderen Land wurde das Rentenniveau so stark gesenkt wie in Deutschland. Unterm Strich kommen die Forscher auf Rentenunterschiede von durchschnittlich bis zu 300 Euro im Monat – eine Zahl, die im Kontrast stehe zur guten Wirtschaftslage.