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Die Rolle der Frau in der Bahai-Religion
Die Apostelin aus Persien

Die Bahai sind eine Religionsgemeinschaft, die vor mehr als 170 Jahren aus dem Islam heraus entstanden ist. 18 Apostel gab es damals – eine davon eine Frau. Sie bekam den Ehrennamen "Trost der Augen" und hatte großen Einfluss auf frühe Feministinnen.

Von Frank Aheimer | 24.03.2021
Die Decke des Baha'i-Tempels in Hofheim-Langenhain im Taunus - das einzige religiöse Zentrum der Baha'i-Religion in Europa
Frauen und Männer sollen im Bahaitum gleichberechtigt sein (imageBROKER)
Miller Muro: "Sie war eine großartige Figur in der Menschheitsgeschichte. Bekannt für ihr Heldentum, ihren Mut, ihre Intelligenz, ihre Schönheit und ihre Weisheit."
Sasha Dehghani: "Eine Frau, die dann im Grunde genommen dabei ist, eine geistige Revolution zu erzeugen."
Ingeborg Franken: "Und das alles war sie als Frau - im von muslimischen Männern beherrschten Persien des 19. Jahrhunderts."
Im Jahre 1899 reisen die Schriftstellerin und Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé, ihr Ehemann Friedrich Carl Andreas, ein deutscher Orientalist, sowie der österreichische Lyriker Rainer Maria Rilke von Deutschland nach Russland.

Tolstois Interesse an den Bábis

Sasha Dehghani: "Und während sie dort Tolstoi besuchen, wird deutlich, dass Tolstoi an sich wenig Interesse hat an den Werken von Rilke oder an den Arbeiten von Lou Salomé. Das wissen wir dann aus den späteren Berichten, dass Tolstoi hauptsächlich Interesse hatte, mit Friedrich Andreas zu sprechen, der Professor für Iranistik an der Berliner Universität war. Weil dieser kurz vorher sein Buch veröffentlicht hatte 'Die Bábis in Persien'. Das war die erste deutschsprachige wissenschaftliche Abhandlung, die 1896 erschienen war, über die Bábi-Bewegung."
Die Zwillingsoffenbarung in der Bahai-Religion
Vor rund 150 Jahren entsteht die Religion der Bahai. Der Báb, ihr Wegbereiter, stellt den islamischen Klerus infrage und kündigt einen Erlöser an. Er und viele seiner Anhänger wurden getötet.
Sasha Dehghani, Religions- und Islamwissenschaftler, Gastprofessor an der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg, stammt selbst aus einer Bahá'í-Familie, die aus dem Iran fliehen musste.
1844, Persien: In Schiras verkündet ein junger Kaufmann, er sei "das Tor", durch das der in allen heiligen Schriften Verheißene kommen werde. Seine Mission sei es, die Menschen zu Gott zurückzurufen und den Weg für den großen Welterlöser vorzubereiten. Er nennt sich "Báb", zu Deutsch "das Tor".
Dehghani: "Der Báb hatte 18 Apostel, die seine Sache zur Mitte des 19. Jahrhunderts im Iran verbreitet haben. Und schaut man sich dieses Buch von Andreas einmal genauer an, dann erkennt man, dass er neben der Figur des Báb - also der prophetischen Stiftergestalt der Bábi-Religion - die längeren Beschreibungen und Passagen, die über eine Person handeln, der Person von Táhirih gewidmet sind."

Die "goldene Krone"

Táhirih - eine junge Frau aus Qaznín - zählt zu den Ersten, die an den Báb und seine Verkündigung glauben. Sie wird 1817 als Fátimih Umm Salamih Baraghani geboren und wächst in einer strenggläubigen muslimischen Familie auf. Táhirih gilt als kluges Kind und wird daher von ihrer Familie "Zarrín-Táj" gerufen: "Goldene Krone".
Dehghani: "In fast allen Berichten, die wir über Táhirih haben, wird ihre Schönheit hervorgehoben. Dass sie eine außerordentliche schöne Frau gewesen ist."
Neben ihrer Schönheit beeindruckt die junge Frau vor allem durch ihren unstillbaren Wissensdurst. Es heißt, so Dehghani: "Dass sie eine außerordentliche, ganz besondere charismatische Figur war. Und das mit einem dritten Element ergänzt, neben Charakter und Schönheit, nämlich das ihres außerordentlichen Wissens. Dass sie so bewandert war in der islamischen Literatur und den islamischen Traditionen."
Obwohl zu ihrer Zeit Frauen nicht zur Schule gehen dürfen, erwirkt Táhirih von Ihrem Vater die Erlaubnis und studiert die heiligen Texte des Koran.
Bahai-Religion aus Personalausweis gestrichen
Die Bahai werden im Iran staatlich unterdrückt. Nun wurde ihre Religion aus dem Personalausweis gestrichen. Damit werden Bahai vor die Wahl gestellt: nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen – oder den Glauben verleugnen.
Dehghani: "Allerdings nicht gleichberechtigt mit den muslimischen jungen Männern, sondern hinter einem Vorhang abgetrennt, hört sie zu. Und sie lernt Persisch und Arabisch und die religiösen Schriften."
Eines Tages entdeckt Táhirih in der Bibliothek ihres Cousins die Schriften der Sheikhi-Bewegung. "Das ist eine religiöse Bewegung aus der Schia heraus, die etwas vorher, entsteht und mit einer sehr stark messianischen Erwartungshaltung", erklärt Dehghani.

Neues Zeitalter

Der Begründer der Sheikhi-Bewegung und einer seiner Schüler sind überzeugt: Der zwölfte Imam, dessen Rückkehr nach islamischer Vorstellung für die Endzeit erwartet wird, ist nun zurückgekehrt. Táhirih macht sich auf die Suche und reist in den Irak.
Dehghani: "Und über die Sheikhi-Bewegung lernt sie dann schließlich die Bewegung des Báb kennen. Und man kann sich vorstellen, was das für ihre Familie, eine tiefgläubige orthodoxe schiitische Familie, bedeutet hat, welche Herausforderungen das waren für die Familie, aber auch für sie. Die dann auch das Bedürfnis hatte, den Anspruch der Sendung des Báb in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Das heißt, sie sieht sich dann nicht mehr als eine Muslimin, sondern als eine Apostelin des Báb, um immer wieder hervorzuheben, dass mit dem Bab ein neues Zeitalter begonnen hat."
Táhirih wird die einzige Frau unter den 18 Aposteln des Báb, ohne ihm jemals begegnet zu sein. Sie erhält den Titel "Qurratu’l-’Ayn" - auf Deutsch: "Trost der Augen".
Dehghani: "Wenn man das genau nehmen will, ist es das erste Mal, dass eine Apostelgemeinschaft um einen Religionsstifter drum herum existiert, wo eine Frau Teil dieser Apostel-Gruppe ist. So haben wir zum Beispiel Christus, und die Lehren von Christus wirken über seine zwölf Apostel. Jetzt ist aber auffällig, dass in vergangenen Entstehungsmomenten dieser Religionen die Frau beinahe keine Rolle spielt. Und im Falle des Báb verändert sich hier was, religionshistorisch zur Mitte des 19. Jahrhunderts."
Der Báb und seine Lehren stoßen beim islamischen Klerus auf erbitterten Widerstand. Der Báb wird verhaftet und in Aserbaidschan eingekerkert. 1848 versammeln sich seine Anhänger in Badasht zu einer historischen Konferenz.

Unverschleierte Stimme der Unabhängigkeit

Dehghani: "Die Konferenz wurde organisiert von Bahá'u'lláh, der zu diesem Zeitpunkt die Bewegung des Báb unterstützt und einige Jahre später dann ja den Anspruch erheben wird, dass er der Verheißene ist, von dem der Báb gesprochen hat und dass er die Sache des Báb fortsetzen wird. Er bringt die führenden Bábis zusammen, und das ist sowas wie eine Unabhängigkeitserklärung der Bábi-Bewegung, wo mitgeteilt wird, dass die Bábi-Religion von dem Islam unabhängig ist. Die Stimme, die diese Ankunft einer neuen Religion mitteilt und verkündet, ist Táhirih."
Blick über den Garten der Bahai in Haifa auf die Kuppel des Bab-Schreins
Die zum Unesco-Weltkulturerbe zählenden hängenden Gärten von Haifa gelten als Friedenssymbol (imago stock&people)
In den Gärten von Badasht hat sich die Versammlung von etwa 80 Männern in einem großen Zelt niedergelassen. Dann betritt Táhirih als einzige Frau die Konferenz.
Dehghani: "Unverschleiert! Das heißt, sie nimmt ihren Schleier ab und man kann ihr Angesicht in dem Augenblick sehen, und sie erscheint unter den Männern und spricht über die Bedeutung, dass ein neues Zeitalter begonnen hat."
Bahá'u'lláh verleiht ihr dafür den Titel "Táhirih", zu Deutsch "die Reine". Die Entschleierung Táhirihs gilt als radikaler Bruch mit der alten Ordnung und als Beginn eines neuen Zeitalters.
Dehghani: "Das sieht man an verschiedenen Aspekten der Bahá´í-Schriften, dass in der Bahá´í-Religion insgesamt die Stellung der Frau und das Prinzip der Gleichberechtigung von Mann und Frau sehr zentral ist. So hat Abdul Baha, der Sohn Bahá'u'lláhs, das Beispiel gegeben, dass die Menschheit einem Vogel gleicht, mit zwei Schwingen. Und erst, wenn zwei Flügel des Vogelkörpers stark sind, ist dieser Vogel in der Lage, sich himmelwärts zu bewegen. Das heißt in anderen Worten: Wenn wir eine Menschheit haben aus Männern und Frauen bestehend, kann man nicht die Hälfte der Menschheit unterdrücken und dann aber glauben, dass die Menschheit sich zivilisatorisch nach vorne bewegen kann."
Táhirih, die im Alter von 13 Jahren mit ihrem Vetter verheiratet wird und drei Kinder bekommt, verlässt ihren Ehemann und stellt sich ganz in den Dienst der neuen Bewegung des Báb.

Grausames Ende

Dehghani: "Es heißt in verschiedenen historischen Quellen, dass in den meisten Orten, wo sie war, sich Hunderte bis Tausende der Botschaft des Báb durch ihre Ausführungen angeschlossen haben, weil sie so eine brillante Rednerin war, eine sehr starke Rhetorik hatte, aber auch ein tiefes Wissen über die heiligen Schriften wie den Koran oder die Bibel, und weil sie die Sache des Báb versucht hat, den Zuhörern zu beweisen."
1850 in Tábris: Der Báb wird auf einem Kasernenhof öffentlich hingerichtet. Es folgt die blutige Verfolgung seiner Anhänger. Táhirih wird unter Hausarrest gestellt, bis zum August 1852.
Dehghani: "Es heißt, dass sie eines Abends dann geholt wurde aus ihrem Haus und dass man sie in einen Garten brachte, wo ein Brunnen sich befand und dass man sie erdrosselte, mit ihrem eigenen Tuch und in diesen Brunnen hineingeworfen hat. Den Brunnen mit Steinen zugeschüttet hat."
Ihre letzten Worte: "Sie können mich töten, sobald es ihnen beliebt, aber es wird ihnen nicht gelingen, die Emanzipation der Frauen aufzuhalten."
Jakob Eduard Polak, ein Österreicher, der Mitte des 19. Jahrhunderts in Persien als Leibarzt am Hofe des Schahs diente, notiert später in seinen Memoiren, er sei Augenzeuge der Ermordung gewesen.
Dehghani: "Und Polak sagt, dass sie - in meinen eigenen Worten - mit übermenschlicher Geduld und Mut ihre Hinrichtung akzeptierte. Und damit haben wir einen österreichischen, deutschsprachigen Augenzeugen des Martyriums der Táhirih zur Mitte des 19. Jahrhunderts."

Eine Frau der Tat

Bis heute ist das Leben der Táhirih vielen Frauen ein Beispiel. Auch in Deutschland, auf einer Tagung des Bahá´í-Frauen-Forums.
Franken: "'Auf den Schultern von Táhirih - Gesellschaft neugestalten'. Das ist eine Aufforderung an uns alle, eine Vision davon zu entwickeln, wie und was wir dazu beitragen können, unsere Gesellschaft neu zu gestalten."
Die Physikerin Ingeborg Franken ist im Vorstand des Bahá´í-Frauen-Forums, das vor 25 Jahren von Frauen und Männern gegründet wurde. Der eingetragene Verein hat über 300 Mitglieder.
Franken: "Táhirih war in erster Linie eine Frau des Handelns. Sie wollte Veränderung. Die islamische Geistlichkeit hätte sie gern wegen Gotteslästerung vor Gericht gestellt. Das geschah aber nicht, da die übliche Strafe für ein solches Vergehen die Todesstrafe gewesen wäre. Die konnte aber nicht auf Frauen angewendet werden. Stattdessen machte ihr der damalige Schah von Persien, Nasreddin Schah, das Angebot, sie zur Frau zu nehmen, wenn sie ihren gotteslästerlichen Glauben widerrufe. Táhirih wies ihn ab, mit einem Gedicht, das wohl eines Ihrer bekanntesten genannt werden könnte."
Der Sitz der Haare auf dem von Dir geliebten Haupt, Dein Sattel und Dein Ross, das sind die einzigen Dinge, um die Du dich sorgst; In Deinem Herzen hat das Einfache keinen Platz, noch der Gedanke an die Armut des Armen. Überwinde die Stufe des "Ich" und des "Wir" und wähle das Nichtsein zu deinem Heim. Denn nur, wenn du solches tust, kannst du wahre Glückseligkeit erlangen.
Franken: "Auch heute gibt es noch keine authentische Zusammenstellung über Táhirihs Poesie auf Persisch. Nicht alles umfassend. Leider sind nur ganz wenige inzwischen jetzt ins Deutsche übersetzt worden."
Edward G. Browne, ein britischer Orientalist, der einige Gedichte von Táhirih ins Englische übersetzt hat, schreibt: "Die Erscheinung einer Frau wie Táhirih ist in jedem Land und zu allen Zeiten selten, aber für ein Land wie Persien ist es ungeheuerlich - ein wahres Wunder. Hätte die Bábí-Religion sonst nichts zum Beweis ihrer Größe, so reichte es aus, dass sie eine Heldin wie Táhirih hervorbrachte."

Vorbild für Feministinnen weltweit

Bis heute inspiriert Táhirih, die Bahai-Apostelin aus Persien, Feministinnen weltweit. So gründete die Juristin Layli Miller-Muro während ihres Studiums das Táhirih Justice Center in Falls Church im US-Bundestaat Virginia. Als Referendarin war sie mit dem Fall einer jungen Frau aus Togo befasst gewesen, die vor einer polygamen Zwangsehe und vor weiblicher Genitalverstümmelung geflüchtet war. Ihr Fall revolutionierte damals das Asylrecht in den Vereinigten Staaten. Heute hilft die Organisation unentgeltlich Frauen und Mädchen, wenn sie Rechtsbeistand und andere Hilfe brauchen, in vielen Städten der USA.
Sie zitierte aus Táhirihs Schriften - die Sozialistin und Frauenrechtlerin Charlotte Despard
Sie zitierte aus Táhirihs Schriften - die Sozialistin und Frauenrechtlerin Charlotte Despard (imago stock&people)
Muro: "Táhirih war nicht nur eine wichtige Feministin. Sie war eine der ersten Gläubigen der Bahá´í-Religion. Und sie zeigt, wozu Frauen in der Lage sind und wie wichtig es für den Fortschritt der Menschheit ist, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Welt zu erreichen. Um ihr Vermächtnis und ihre prägende Rolle sowohl in der Welt als auch im Bahá´í-Glauben zu ehren, ist das Táhirih Justice Center nach ihr benannt."
Nach dem Tod des Bab verkündet Bahá'u'lláh seinen Anspruch, der Verheißene zu sein. Bahá'u'lláh verbietet Gewalt, schafft den so genannten "heiligen Krieg" ab und betont die Gleichwertigkeit von Mann und Frau.
Im Angesicht Gottes waren Frauen und Männer von jeher gleich und werden es immer sein.
Bahá'u'lláh wird eingekerkert und verbringt vier Monate in einem unterirdischen Verlies in Teheran.
Dehghani: "1852 hat Bahá'u'lláh eine Vision, als er als Gefangener in Teheran in einem Verlies eingesperrt ist. Und in dieser Traumvision sieht er eine himmlische Jungfrau, die ihm zusichert, dass die Lehren und Prinzipien, die er der Menschheit bringen wird, gewaltlos sich durchsetzen werden. Und dass diese religiöse Wahrheit, die entstanden ist, die Menschheit erreichen wird."
Ich war nur ein Mensch wie andere und schlief auf meinem Lager. Siehe, da wehten die Winde des Herrlichsten über mich und gaben mir Kenntnis von allem, was war. Diese Sache ist nicht von mir, sondern von Dem, welcher allmächtig und allwissend ist. Und Er gebot mir, meine Stimme zu erheben zwischen Erde und Himmel.
Dehghani: "Wer sich in der Religionsgeschichte, vor allem der abrahamischen Religionsgeschichte auskennt, weiß, dass alle großen prophetischen Religionsstifter wie Moses, Christus, Mohammed ihre Mission im Leben mit einer Art Vision beginnen. Im Falle von Moses im Alten Testament heißt es, dass er einem brennenden Busch begegnete. Im Falle von Christus sagt das Neue Testament, dass der Heilige Geist in Gestalt einer Taube auf Christus herabkam. Und im Falle von Mohammed wissen wir, dass er etwa im Alter von 40 Jahren den Heiligen Geist in Gestalt eines jungen Mannes, des Erzengel Gabriel sah. Und im Falle der Offenbarung Bahá'u'lláhs ist die Vision, die seine Mission beginnen lässt, eine himmlische Jungfrau. Und das bedeutet, dass von Anbeginn die Sendung der Bahá'í-Religion mit der Gestalt und Wirkung einer Frau in Verbindung steht."

Inspiration für Sufragetten

Die Entstehungsgeschichte der Bahá'í-Religion, in der Táhirih eine zentrale Rolle spielt, wirkt Mitte des 19. Jahrhunderts über die Grenzen Persiens hinaus.
Dehghani: "Táhirihs Wirkung setzt sich fort in Europa, vor allen Dingen unter Frauen, die für die Frauenbewegung eintreten. Man bezieht sich auf Táhirih in den literarischen und künstlerischen Frauenkreisen der Avantgarde Europas. In England, um ein Beispiel zu geben, die berühmte Suffragett-Bewegung hat für die Rechte der Frauen gekämpft und vor allem für die Wahlrechte der Frauen. Ihre führenden Personen wie Charlotte Despard - wir haben Zeitungsartikel, wo ihre Vorträge aus dem frühen 20. Jahrhundert abgelichtet werden - die beziehen sich ganz direkt auf Táhirih. Also wortwörtlich. Und die sagen, dass wenn es in einem Land wie Iran gelungen ist, im 19. Jahrhundert jemand wie Táhirih, die sich für die Rechte der Frauen einsetzt und etwas bewirkt und verändert hat, so muss das doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch in England der Fall sein."
Wenige Jahre nach dem öffentlichen Auftreten Táhirihs im Orient kommt es am 19. Juli 1848 in Seneca Falls im US-Bundesstaat New York zur ersten Zusammenkunft amerikanischer Frauen, die sich für ihre Rechte einsetzen. Die Seneca Falls Convention gilt als entscheidender Schritt für die Frauenbewegung im Westen.
Dehghani: "Was man kennt, sind die Charlotte Despard und die Emmeline Pankhurst. Das heißt, jene Frauen, die zur frühen Phase des 20. Jahrhunderts für die Rechte der Frauen eingetreten sind. Die Phase allerdings davor, das heißt die Frau, die diese Frauen beeinflusst und inspiriert hat, nämlich Táhirih, die ist aber irgendwie in Vergessenheit geraten. Das heißt, von 1870 bis 1930 schreibt man über sie. Es gibt Gedichte, es gibt Theaterstücke, historische Darstellungen, aber dann durch den Zweiten Weltkrieg und die Phase nach dem Zweiten Weltkrieg gerät Táhirih in Vergessenheit."