Archiv


Die Rückkehr der Dinosaurier

Der Tuatara ist ein Reptil aus der Zeit der Dinosaurier. 200 Millionen Jahre alt ist die in Neuseeland beheimatete Echsenart. Doch fremde Tiere ließen sie - genau wie Kiwi, Riesenweta oder Maud-Insel-Frosch - beinahe aussterben. Nun soll ein weltweit einmaliges Experiment im Karori Naturschutzgebiet die ursprüngliche und einzigartige Tier- und Pflanzenwelt Neuseelands wieder herstellen.

Von Ingrid Kölle |
    Bei Einbruch der Dämmerung zwitschert und piept es im Karori Sanctuary. Die Vögel treibt es zu ihren Futterplätzen. Die jungen Kaka, neuseeländische Waldpapageien, kreischen am lautesten. Sie übertönen die Bellbirds, Tuis und Hihis, die Weißköpfchen und Sattelstars.

    Manche der Vögel hier wurden seit hundert Jahren auf dem neuseeländischen Festland nicht mehr gesehen. Im Schutzgebiet inmitten der Hauptstadt Wellington nehmen ihre Populationen stetig zu. Schlagzeilen macht im Moment jedoch ein Reptil aus der Zeit der Dinosaurier. Seit zweihundert Jahren ist zum ersten Mal wieder ein Tuatara auf dem neuseeländischen Festland in der Wildnis geschlüpft.
    "Einen Baby-Tuatara hier zu finden, war extrem aufregend. Wir hatten wirklich nicht erwartet, schon jetzt Junge zu finden. Wir wussten, dass es Eier gab und dass manche der Jungen in dieser Saison schlüpfen würden. Aber wir haben uns zurückgehalten. Wir lassen der Natur hier freien Lauf. Es war daher ein totaler Glücksfall, dass jemand diesen jungen Tuatara entdeckt hat. Er kletterte über diesen Zaun hier."

    Die Biologin und Parkmanagerin Raewyn Empson nahm die Maße des jungen Tieres und setzte es dann wieder aus. Tuatara sind Brückenechsen und werden bis zu 70 Zentimeter lang. Innerhalb der letzten 200 Millionen Jahre haben sie sich kaum verändert. Mit ihrem stacheligen Rückenkamm und ihren plumpen, kräftigen Beinen sehen sie aus wie kleine Dinosaurier.

    "Wir hoffen, dass wir unseren Tuatara-Bestand hier vergrößern können und dies ein erster Schritt in diese Richtung ist. Unser Ziel ist es, eine überlebensfähige Population zu bekommen. Wir haben 200 Tiere hier ausgesetzt. Sie leben sehr lange, an die hundert Jahre lang. Aber sie brauchen zehn bis 15 Jahre, bis sie geschlechtsreif werden. Es wird also noch lange dauern, bis diese Babys ihre eigenen Nachkommen haben werden."
    Es gibt noch mehr solcher "lebenden Fossilien" im Karori Schutzgebiet. Die Maud-Insel-Frösche und die Weta, eine Heuschreckenart. Die Riesenweta werden bis zu zehn Zentimeter groß und können bis zu 70 Gramm wiegen - ein Rekord in der Insektenwelt.

    Eingeführte Säugetiere wie Possums, Wiesel, Ratten, Mäuse, aber auch Ziegen, Schweine, Katzen und Hunde gefährden das Überleben vieler heimischer Arten. Mit Gift, Fallen und Gewehren wurden die Schädlinge im Karori Schutzgebiet nach und nach ausgerottet.

    "Bevor wir gefährdete Tierarten hier wieder ansiedeln konnten, mussten wir einen Zaun bauen, der für Säugetiere unüberwindbar ist. Es ist uns jetzt seit fast zehn Jahren gelungen, sie von dem Gebiet fern zu halten. Der Erfolg hat alle unsere Erwartungen übertroffen."
    Kaum ist die Dunkelheit eingebrochen, meldet sich auf unserem Spaziergang auch schon ein erster Kiwi zu Wort, Neuseelands beliebtes National- und Wappentier.

    40 Zwergkiwis wurden im Schutzgebiet ausgesetzt und zeugten bereits im ersten Jahr Nachwuchs. Raewyn Empson ist stolz auf die vielen Erfolge, die das Schutzgebiet bereits nach zehn Jahren seines Bestehens im Tierreich aufweisen kann. Lang wird es allerdings dauern, bis sich auch die Pflanzenwelt vollständig regeneriert hat.

    "Wir blicken bei diesem Projekt 500 Jahre in die Zukunft. Wir wollen das Ökosystem wieder so herstellen, wie es vor der Ankunft der Menschen war. Wir pflanzen jetzt Setzlinge von Bäumen, die viele Meter groß werden. Wir schätzen, dass es 500 Jahre dauern wird bis sie ihre volle Größe erreichen und zu Riesen des Waldes werden."