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Die Rückkehr der Glanrinder

Glanrinder sind aus den industrialisierten Hochleistungsställen der Landwirte beinahe verschwunden. Der Grund: Andere Rassen geben mehr Milch und setzen schneller Fleisch an. Rheinland-Pfalz fördert jetzt die Zucht von Glanrindern, um die Rasse zu erhalten. Denn die Tiere sind ideale Landschaftspfleger.

Von Christoph Gehring |
    Eine Sommerwiese oberhalb des kleinen Städtchens Odernheim. Unten im Tal plätschert der kleine Fluss namens Glan und auf dem Hügel ruft der Biobauer Hans Pfeffer seine Rinder zusammen.

    "Komm mal her! Komm! Komm! Ah, nee. Zu satt. Einmal gucken, aber… Was ist mit euch, he ?"

    Nichts ist mit den Rindern, sie liegen im Schatten der Bäume, sind satt und faul und ohnehin von Natur aus von eher ruhigem Wesen. Glanrinder sind so. Vor allem aber sind die Glanrinder eine vom Aussterben bedrohte Haustierrasse:

    "Als wir vor 15 Jahren hier angefangen haben, gab’s 30 bis 60 Tiere im Verband noch, und inzwischen haben wir sechs-, achthundert im Verband. Und trotzdem ist mit ein paar Hundert der Genpool immer noch zu klein. Das macht sich heute noch bemerkbar, wenn wir einen Bullen suchen und man so durchgeht, welchen hatten wir schon mal in der Linie, wo kamen dann die Muttertiere her. Und das ist ganz schwierig da eine Auswahl zu finden, dass sie sich nicht zu nah verwandt sind."

    In den 1930er Jahren waren noch drei Viertel der Rinder, die auf den rheinland-pfälzischen Weiden grasten, Glanrinder – eine Züchtung aus dem 18. Jahrhundert, die als Milchvieh, Fleischlieferant und Zugtier gleichermaßen taugte. Aber dann wurde die Landwirtschaft industrialisiert und das Glanrind war auf einmal schrecklich unmodern und unwirtschaftlich. Biobauer Hans Pfeffer:

    "Die Bauernhöfe waren superklein, die haben sich gar kein Pferd leisten können. Wenn die Leute reicher waren, hatten sie ein Öchslein zum Pflügen, und ansonsten musste die Milchkuh eben auch mal den Heuwagen nach Hause ziehen. Aber nach dem Krieg wurde ja die Landwirtschaft spezialisiert: Und es gibt Rassen, die haben mehr Milch und es gibt Rassen, die haben mehr Fleisch, und es gibt Traktoren, die können besser ziehen. Und deswegen sind sie so stark verdrängt worden."

    Für Biobauern wie Hans Pfeffer sind die kompakten, hellbraunen Glanrinder mit der dicken Wamme vom Hals bis zur Brust aber genau richtig:

    "Mir liegt dieser Naturschutz sehr am Herzen, ich wollte das erhalten. Und wenn ich sage, ich will den einzelnen Schmetterling oder eine vom Aussterben bedrohte Pflanze, eine Orchidee oder eine Wiesenskarpiose, retten, dann war’s auch naheliegend, eine Haustierrasse zu nehmen, die genau so vom Aussterben bedroht ist. Das war der Anfang."

    Wer einmal ein Stück Glanrind auf dem Teller hatte, schmeckt den Unterschied sofort – und ist für das Fleisch der Turborinder aus der Industriemast ziemlich sicher verloren. Doch nicht die Qualität des Fleisches ist es, die das Land Rheinland-Pfalz dazu bewogen hat, die Glanrundzucht finanziell zu fördern, sondern die Qualität der Tiere als Landschaftspfleger und Landschaftsdekoration. Siegfried Englert, der Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministerium, erklärt das Engagement für die kompakten, hellen Rindviecher:

    "Wir sind ja von der EU her verpflichtet, eine ganze Reihe von Landschaften in Brachland zu verwandeln. Und optimal ist es doch, wenn eine Wiese als Wiese erhalten wird und auf der Wiese thronen ein paar Rinder, die a) davon satt werden und vom optischen Eindruck her das Bild einer unberührten und gleichwohl beschützten Natur geben."

    Biobauer Pfeffer nimmt die Zuchtprämie gerne – auch wenn sie eigentlich mehr symbolischen Charakter hat:

    "Wir kriegen bei der Förderung für alle weiblichen Tiere über zwei Jahre einen Zuschuss von 50 Euro als Zuchterhaltungsprämie in Rheinland-Pfalz. Um diesen zu bekommen, muss die ganze Herde im Rinderzuchtbuch sein – das kostet aber pro Tier schon 50 Euro."

    Anderswo, in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel, gibt es höhere Prämien für die Zucht und Erhaltung der seltenen Rinderrasse. Das weiß auch Landwirtschaftsstaatssekretär Siegfried Englert, der in seinem Dienstzimmer in Mainz so etwas wie die Ankündigung einer Prämienerhöhung wagt:

    "Natürlich hat das symbolischen Charakter, aber auch Symbole sind wichtig. Und sollten wir feststellen in den nächsten Jahren, dass das für die Pflege der Landschaft und das Bild der Landschaft ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal ist, dann bin ich auch gerne bereit, da ein bisschen Geld noch draufzulegen."