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Die Rückkehr des Trolleys?

Antrieb.- Beim Auto ist Elektromobilität derzeit in aller Munde. Bei Bussen und Zügen hingegen, so scheint es, setzt man immer noch auf Diesel. Doch der Eindruck täuscht. Inzwischen geht auch bei Bus und Bahn der Trend zum Elektromotor.

Von Sönke Gäthke | 09.11.2009
    "Wir kommen ja vom Elektrobus, vom Trolley, und sind jetzt einen Schritt zurückgegangen, quasi, und wollen natürlich wieder drei Schritte nach vorn, zum reinen Elektrobus."

    Thomas Gagsch vom Schweizer Bus-Bauer Hess. Gagsch steht in dem 24 Meter langen Hybrid-Bus seiner Gesellschaft und spielt auf den früheren Erfolg seines Unternehmens mit Trolley-Bussen an. Das waren Busse mit Elektromotor, die, durch Oberleitungen versorgt, einst in vielen deutschen Städten lautlos und rußfrei ihre Runden drehten - bis sie von Dieselbussen verdrängt wurden. Heute sehen er - und auch seine Kollegen von anderen Unternehmen - ein Rückkehr des Elektroantriebs, in Bussen mit Hybridantrieb.

    "Das heißt, wir haben im Heck den Dieselgenerator, und den Dieselmotor, und haben hier auf dem Dach sogenannte Doppelschichtkondensatoren, sprich Supercaps und noch mal zwei Traktionsmotoren auf Achse zwei und Achse drei."

    Das Prinzip funktioniert dabei ein wenig anders als bei den bekannten Hybrid-Autos. Bei denen treiben Verbrennungsmotor und Elektromotor gemeinsam das Fahrzeug voran, eine Elektronik regelt das Zusammenspiel so, dass der Wagen am wenigsten verbraucht. Der Diesel in diesem Bus jedoch erzeugt immer Strom, möglichst gleich viel. Braucht der Bus zum Anfahren mehr, holt die Steuerelektronik den zusätzlichen Bedarf aus den Speicher-Kondensatoren; beim Bremsen und stehen füllt der Diesel den Speicher wieder auf. Fachleute sprechen von einem seriellen Hybrid; den Vorteil sieht Thomas Gagsch in dem modularen Aufbau.

    "Das heißt, in der Zukunft kann der Dieselmotor durch ein anderes Energiespeichersystem ersetzt werden. Wir sprechen also von reinem Batteriebetrieb, von Wasserstoff- und Brennstoffzelle, das ist der Vorteil der modularen Bauweise."

    Wie verhältnismäßig leicht sich so ein Bus weiterentwickeln lässt, zeigt sich in den Hallen. Dort steht ein silbrig glänzender Bus des holländischen Unternehmens APTS, der Phileas. Von dem gibt es schon eine Variante, einen seriellen Hybridbus mit Dieselmotor. Hier steht er aber als Hybridbus mit Brennstoffzelle sowie Batterie und Kondensatoren als Energiespeicher.

    "Wenn wir kurz nach hinten gehen, ich zeig Ihnen das mal eben, rein gucken kann ich zwar nicht, aber, dass müssen Sie sich vorstellen, dieser ganze Bereich, den wir hier hinten sehen, ist mit einem Brennstoffzellen-System gefüllt, da unten drunter sitzt der Motor, der in Verbindung zur Achse steht, und oben auf dem Dach wird der ganze Rest der Technik untergebracht."

    Dieter Kaup von Vossloh-Kiepe hat den Antrieb dieses Busses entwickelt, der ab kommendem Jahr in Hürth, südlich von Köln, in den Liniendienst gehen soll. In den Augen des Ingenieurs ist das Hybridkonzept auch für die Brennstoffzelle sinnvoll.

    "Wir versuchen, die Brennstoffzelle von der Anforderung zu entkoppeln. Die Brennstoffzelle ist ein chemischer Prozess. Dieser chemische Prozess hat auch Wechselwirkungen zur Folge, und das hat Folgen für die Lebensdauer. Und wenn Sie die Brennstoffzelle relativ konstant fahren, das heißt, nicht der dynamischen Anforderung folgen lassen, dann ist unser Ziel, die Lebensdauer deutlichst zu vergrößern."

    Und selbst dem Trolley-Bus - von denen es noch drei Systeme in Deutschland gibt - scheint der Energiespeicher auf dem Dach neues Leben einzuhauchen, ermöglichte er doch dem Elektrobus, kurze Strecken ganz ohne Oberleitung zu fahren, erklärt Kaups Kollege Frank Seidel.

    "Damit werde ich deutlich flexibler, ich kann in Baustellen ohne Oberleitung fahren, ich kann in bestimmten Breichen, wo Oberleitungen nicht erwünscht sind, auf Oberleitungen verzichten, auch da, wo Oberleitungen zu teuer sind, wo ich viele Kreuzungen und Weichen in den Kabeln habe, da kann ich dann auch drauf verzichten."

    Mailand hat von diesen Bussen gerade 30 gekauft und führt damit den rein elektrischen Trolley-Bus neu ein. Seidel hofft, dass auch deutsche Städte sich überzeugen lassen. Unabhängig davon zeigt sich jedoch eins: Alle Busse - ob Diesel, Wasserstoff oder Elektrisch - werden zusätzliche Energiespeicher nutzen, um effizienter zu fahren.