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Die Schlechten ins Kröpfchen

Am Anfang der Bankenkrise, als Politiker, Journalisten und Bürger die Bankmanager als die Schuldigen ausgemacht hatten, gaben sich jene reuig und bescheiden. Doch mit dem Fortgang der Finanzkrise wuchs das Selbstbewusstsein der Banker wieder. Sie machten nun umgekehrt den Staat verantwortlich und der Ruf nach einer alles schluckenden "Bad Bank" wurde laut.

Von Michael Braun und Brigitte Scholtes | 13.05.2009
    Es war im November vorigen Jahres auf dem Europäischen Bankenkongress in Frankfurt: Bundespräsident Horst Köhler liest den Bankvorständen die Leviten, appelliert an sie, auf die Kunden zuzugehen und eine Bringschuld einzulösen:

    "Wir brauchen bei aller Schärfe des Wettbewerbs eine Kultur der Gemeinsamkeit, der alle angehören, und wir brauchen schlicht Anstand. Mine Damen und Herren, ich bitte Sie: Besinnen Sie sich wieder auf die Tugenden des soliden Bankiers. Und ich sage bewusst: Bankiers, und nicht Banker."

    Und damals hatte der Gastgeber des Kongresses, Martin Blessing, der Vorstandschef der Commerzbank, Reue gezeigt, hatte Köhler geantwortet, ja, seine Botschaft treffe auf offene Ohren. Die Banker hätten verstanden.

    Doch je länger die Krise dauert, umso selbstbewusster werden die Banker wieder. Dass der Staat die Risiken einer ""Bad Bank"" absichere, sei nur recht und billig, sagt etwa Max Dietrich Kley, der Präsident des Deutschen Aktieninstituts, das von börsennotierten Unternehmen getragenen wird. Denn der Staat, auch der deutsche, trage wegen einer mangelhaften Aufsicht eine Mitschuld an der Krise:

    "Spanien aber auch Italien hat auf ihre Banken eingewirkt, dass sie sich in diesen Papieren nicht engagiert hatten, dass sie insbesondere keine Zweckgesellschaft außerhalb der Bilanz führen durften, während das zum Beispiel in Deutschland leider ja zugelassen worden ist, wie wir am Beispiel Sachsen LB ja gesehen haben. Insofern muss man schon sagen, mit einer geschärften Aufsicht wäre auch einiges zu verhindern gewesen."

    Und so wuchs auch das Verlangen, der Staat möge die Risiken in den Bankbilanzen weitgehend allein absichern. Doch so sieht der Gesetzentwurf, den das Kabinett heute verabschiedet hat, eben nicht aus.

    Für die ausgelagerten, letztlich vom Staat garantierten Wertpapiere, müssen die Banken Gebühren zahlen, und zwar "marktgerechte". Das Modell soll längstens 20 Jahre lang laufen. Wenn danach abgerechnet wird und unterm Strich ein Minus steht, sollen die Banken so lange keine Überschüsse an ihre Anteilseigner ausschütten dürfen, bis die Verluste des Bundes ausgeglichen sind.

    Das werde Folgen haben, meinen Kritiker. Nicht drohend, eher nüchtern analysierend weist Christoph Schalast, der an der Frankfurt School of Finance and Management lehrt, darauf hin, dass der Zweck des Bad-Bank-Gesetzes unter diesen Umständen verfehlt werden könnte:

    "Der jetzige Wirtschaftsentwurf versucht ja zwei aus meiner Sicht nicht vereinbare Ziele doch noch unter einen Hut zu bringen. Nämlich auf der einen Seite möchte er die Kreditklemme beenden, er möchte die Kernkapitalquote der Banken steigern, damit sie wieder mehr Kredite herausreichen, aber auf der anderen Seite soll all das den Staat überhaupt nichts kosten und ich glaube, da braucht man nur kurz drüber nachzudenken, irgendwie kann das nicht funktionieren."

    Worum geht es der Bundesregierung mit ihrem Plan, Banken von den wie auch immer aufgehäuften Risiken zu entlasten? Ist es Hörigkeit gegenüber den Banken? Ist es Sorge um die Befindlichkeit der Volkswirtschaft?

    Sicher ist, ohne staatliche Hilfe würde das Bankensystem nicht so funktionieren, wie es funktionieren sollte, um Kredite an investierende und arbeitsplatzschaffende Unternehmen zu vergeben. Karl-Joachim Schmelz, emeritierter Professor an der Fachhochschule Darmstadt, erklärt die Lage der Banken, die gesamtwirtschaftlichen Folgen und warum die Bundesregierung Handlungsbedarf sah:

    "Das Problem, das immer noch vor den Banken steht, ist eine Vielzahl an Wertpapieren, deren Bewertung äußerst fragwürdig ist. Bei einem Teil der Papiere steht fest, dass sie aktuell unverkäuflich sind, also einen Marktwert von Null haben und dementsprechend auch in den Bilanzen ausgewiesen werden müssten. Beim anderen Teil der Papiere ist der Wert einfach ungewiss, es müssten aber auf jeden Fall große Abschläge gemacht werden. Das führt dazu, dass die Eigenkapitalquote der Banken bilanziell unter den Wert sinkt, der eigentlich von der Aufsicht vorgegeben ist als Mindestwert und, dass die Eigenkapitalquote bei der Kreditvergabe nicht mehr erfüllt werden kann. So jedenfalls die nicht so ganz von der Hand zu weisende Begründung der Banken für die so genannte Kreditklemme oder Kreditverknappung."

    Kreditverknappung wirkt dramatisch. Der Maschinenbau, mit 950.000 Beschäftigten einer der großen Arbeitgeber in Deutschland, leidet heftig darunter. Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbandes, erklärt, warum die Branche deutlich weniger neue Aufträge bekommt, mit genau jener Kreditverknappung:

    "Der erste Weg ist, dass die Finanzierung von den Kunden nicht gefunden wird, der zweite Weg ist, dass dann die Aufträge eben nicht erteilt werden, in Einzelfällen auch vorhandene Aufträge storniert werden, wenn man eben die Finanzierung nicht zusammenbringt, und das bedeutet natürlich umgekehrt, dass unsere Unternehmen keine Vorauszahlungen bekommen, die sie für die Liquidität dringend brauchen."

    Darauf reagiert nun die Bundesregierung mit ihrem Kabinettsbeschluss. Der Staat erlaubt jeder Bank, derzeit nicht handelbare Wertpapiere, in eine jeweils eigene Zweckgesellschaft, eine "Bad Bank", auszulagern. Im Gegenzug erhalten die Banken von diesen Zweckgesellschaften staatlich garantierte Anleihen, Anleihen also erstklassiger Bonität. Sie gibt also risikoreiche Papiere ab und bekommt dafür risikolose. Das verbessert die Bilanz. Das Eigenkapital der Bank muss nicht eingesetzt werden, um faule Wertpapiere abzusichern. Es kann - und soll - vielmehr dazu dienen, neue Kredite an investitionswillige Unternehmen und Verbraucher zu vergeben. Der Darmstädter Professor Dirk Schiereck:

    "Wenn wir Wertpapiere auslagern in eine "Bad Bank" und das zu marktkonformen Preisen oder Fundamentalwerten machen, dann kann man erkennen aus einer Bankbilanz, was sie denn aktuell gerade mal so wert ist. Dadurch haben wir dann die Möglichkeit auch für Außenstehende zu beurteilen: Möchte ich einer Bank neues Eigenkapital, neues Fremdkapital geben, und wir haben ja, das sehen wir nicht nur in den USA, auch in Deutschland, eine ganze Menge Kreditinstitute, die eigentlich zusätzliches neues Eigenkapital brauchen, aber auch Fremdkapital. Darum ist die "Bad Bank" sicherlich eine Lösung, gegen dieses Intransparenzproblem anzugehen."

    Das sehen nicht alle so. Gerade Teile der SPD bemängeln, die Banken könnten jetzt selbst darüber entscheiden, welche und wie viele Risiken sie in die "Bad Bank" auslagern. Sie würden nur das Notwendigste abgeben, um die wahren Risiken zu verschleiern, argwöhnt etwa der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider. Die Banken müssten stattdessen "die Hosen runter lassen", formuliert er drastisch. Doch die Überlegung, die Bankenaufsicht solle festlegen, wie viele Risiken an die "Bad Bank" abzugeben seien, hat sich nicht durchgesetzt. Vielleicht, weil dann herausgekommen wäre, das ganze Bankensystem sei pleite?

    Eine Insolvenz als klassische Lösung für ein Unternehmen, das alleine nicht überlebensfähig wäre, kommt für Banken offenkundig nicht in Frage. Professor Karl-Joachim Schmelz.

    "Nach der Grundentscheidung, überhaupt Banken zu retten, hier sogar mit der expliziten Aussage, keine systemrelevante Bank wird pleite gehen - wobei praktisch jede Bank systemrelevant ist -, ist das Erfordernis einer vergleichbaren Lösung nicht mehr von der Hand zu weisen. Das heißt, wer die Grundentscheidung getroffen hat, hat sich so zu sagen der sachlichen Notwendigkeit ausgeliefert, dann auch weitere Schritte wie dieses "Bad Bank"-Konzept zu verfolgen. Insoweit würde ich also sagen, es ist alternativlos."

    Es gibt bereits Vorbilder, wo das alles recht gut funktioniert hat: In Schweden war Anfang der 1990er-Jahre eine Bankenkrise dadurch gelöst worden, dass die Banken ihre Risiken in "Bad Banks" auslagern konnten. Die amerikanischen Sparkassen wurden vor rund 20 Jahren ebenfalls auf diese Art und Weise gerettet. Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management:

    "Also zunächst einmal ist das Schweden-Beispiel ein schlechtes Beispiel aus meiner Sicht, weil Schweden ist ein isolierter Markt gewesen damals, wo es dieses große Problem gab. Auch die Produkte, die damals im Raum standen, waren ganz andere, nicht mehr ansatzweise so komplexe, da ging es vor allem um eine Immobilienblase, ähnlich auch der von der Größe her vergleichbare Markt der Vereinigten Staaten, wo wir in den 1980er Jahren auch so ein Problem haben, das auch durch eine große "Bad Bank" gelöst werden konnte, aber die Komplexität des Problems und der dahinter stehenden Kredite war eine ganz andere, nämlich die war viel, viel geringer und das Abarbeiten war dadurch auch leichter möglich und die Chance, keinen so großen Verlust oder so einen kleinen Gewinn zu machen größer."

    Die deutsche "Bad Bank"-Lösung wird dadurch nicht gerade leichter, dass bisher eine Sparte der Geldinstitute davon ausgeklammert ist: Die maroden Landesbanken. Wie man mit ihnen umgeht, unter welchen Bedingungen sie Hilfen des Bundes erhalten sollen, das ist zwischen Bundesregierung und Bundesländern weiter strittig. Denn einerseits hatten die Ministerpräsidenten der Länder in der Vergangenheit eifersüchtig über ihre Landesbanken gewacht, hatten eine Konsolidierung verhindert, andererseits aber waren es gerade die Landesbanken, die besonders stark in die jetzt unverkäuflichen Wertpapiere investierten. Deshalb waren und sind sie also auch besonders stark von der Krise betroffen. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mahnte deshalb schon zu Beginn der Krise, im Herbst 2007, die Verantwortlichen in den Sparkassen und Ländern:

    "Ich halte ein Plädoyer dafür, dass die Zeit jetzt genutzt werden sollte, um mindestens auf der Ebene der Landesbanken zu einer Konsolidierung zu kommen. Die Beteiligten müssen selber entscheiden, welche Modelle da für sie die richtigen sind. Ich sage nur voraus, ein bloßes Festhalten am Status Quo und ein Aussitzen wird für die beteiligten Institute nicht von Vorteil sein."

    Genau das scheint nun der Fall zu sein. So liegt das Schicksal der Landesbanken offenbar in anderen Händen. In denen der EU-Kommission etwa, die erst gestern entschieden hatte: die WestLB dürfe nur dann ihre unverkäuflichen Wertpapiere in Höhe von 23 Milliarden Euro in eine Zweckgesellschaft auslagern, wenn sie bestimmte Auflagen erfülle. Die drittgrößte deutsche Landesbank müsse danach bis 2011 verkauft werden, entschied die Kommission. Das Institut müsse sein Geschäft halbieren, sich vom Großteil seiner Beteiligungen trennen, sich auf risikoärmere Kerngeschäftsfelder konzentrieren und Standorte schließen. Ein ähnliches Schicksal droht auch den anderen in Not geratenen Landesbanken, der LBBW genauso wie der BayernLB und der HSH Nordbank.

    Die toxischen, also wertlosen Papiere auszulagern, macht aber nicht nur die EU-Kommission von einer Umstrukturierung abhängig. Auch die Bundesregierung übt offenbar Druck aus, wollen doch auch die Landesbanken gern die Hilfe des Bundes in Anspruch nehmen. Eine Hilfe, die der der Bund den Eigentümern bisher verwehrt habe, kritisiert Heinrich Haasis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands:

    "Bei der Dresdner Bank hat niemand danach gefragt, warum die Allianz nicht die Dresdner Bank hoch kapitalisiert, sondern man hat sie als Ziel in die Commerzbank eingegliedert und hat dieses neue Institut massiv hochkapitalisiert. Das hat im öffentlichen Teil nicht stattgefunden. Mit diesem Hinweis, macht das mal selber und man kann uns als Sparkasse eben nicht mit der öffentlichen Hand vergleichen. Wir haben keine Steuergelder, wir müssen das Geld verdienen. Deshalb ist eine Ungleichbehandlung der Aktionäre und der Sparkasse."

    Nun also bietet der Bund doch seine Hilfe an - aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Das Eckpunkte-Konzept der Bundesregierung macht eine Hilfe für die Landesbanken von einer bestimmten Zusage abhängig: Die Ministerpräsidenten müssen zusichern, dass es bei den Landesbanken zu Fusionen kommen wird. Grundlage dafür müsse ein tragfähiges Modell der Landesbankengruppe sein, heißt es in dem Eckpunktepapier. Das erwecke wiederum den Eindruck, der Bundesfinanzminister wisse schon selber, was das richtige Modell für die Landesbanken sei, kritisiert Karl-Joachim Schmelz, emeritierter Professor der Fachhochschule Darmstadt:

    "Ich wage zu bezweifeln, dass im Bundesfinanzministerium der Sachverstand da ist, um das zu beurteilen. Warum sollte der größer sein als der Sachverstand bei den Ländern? Zuzugeben ist, dass natürlich bestimme Partikularinteressen, die die Länder-Ministerpräsidenten oder die Länderministerien verfolgen mögen, beim Bund nicht gegeben sind. Aber, dass der Bund nun in der Lage wäre, das geeignete Konzept vorzugeben und etwa zu sagen, nur eine insgesamt Bank deutscher Länder, von der geredet wird, das sei nun das Richtige, da wäre ich sehr vorsichtig."

    Offenbar soll das heute beschlossene "Bad Bank"-Modell noch erweitert werden. Dann könnten die Landesbanken nicht nur die Schrottpapiere aus ihren Bilanzen auslagern, sondern auch Kredite und Staatsanleihen, die deren Bilanz belasten, aber strategisch nicht unbedingt nötig sind.

    Dass die Bundesregierung jetzt zwei unterschiedliche Modelle für private Kreditinstitute auf der einen und für Landesbanken auf der anderen Seite anstrebt, hält Professor Schiereck von der Universität Darmstadt für richtig:

    "Wir wollen nicht, dass der Steuerzahler für private Aktionäre aufkommt, die Haftung also für Fehler privater Banken übernimmt. Bei den Landesbanken ist es ein bisschen anders. Die Landesbanken sind ja schon öffentlich-rechtlich. Das heißt da muss man eigentlich den Steuerzahler gar nicht mehr vor Ausfällen direkt schützen, weil der muss die Ausfälle eh schon tragen, und darum sind auch zwei unterschiedliche Lösungen durchaus sinnvoll, wo einerseits der Aktionär nicht aus der Haftung raus genommen wird, andererseits der Steuerzahler, der schon in der Haftung ist, dann auch nicht mehr noch mal separiert geschützt werden kann."

    Doch welche privaten Banken werden wohl die Möglichkeit nutzen, ihren Wertpapiermüll in die "Bad Bank" auszulagern? Noch äußern sich die Bankenvertreter da sehr zögerlich. Eine Negativ-Auslese ist da zur Zeit einfacher: Die Deutsche Bank jedenfalls wird sie nicht nutzen, das hat deren Vorstandschef Josef Ackermann erst Ende April bei der Bilanzvorlage bekräftigt:

    "Wir unterstützen das, wir bringen uns ein, mit Vorschlägen, falls man uns darum bittet, aber wir selbst würden dieses Vehikel nicht in Anspruch nehmen müssen."

    Die Deutsche Bank hatte ihre strukturierten Wertpapiere schon im letzten Quartal des vergangenen Geschäftsjahres weitgehend abgeschrieben - und für diese Zeit einen Vorsteuerverlust von 6,2 Milliarden Euro hinnehmen müssen. Auch die teilverstaatlichte Commerzbank gibt sich noch zurückhaltend. Sie hat selbst bestimmte Portfolien in eine eigene Restrukturierungseinheit ausgegliedert: strukturierte Hoch-Risiko-Kredite, aber auch nicht fortgeführte sowie exotische Portfolien. Deren Marktwert bezifferte Commerzbank-Chef Martin Blessing mit 38 Milliarden Euro. Inwieweit das Modell der Bundesregierung damit für sie überhaupt noch in Frage komme, dazu meint Blessing:

    "Wir organisieren uns jetzt so, stellen uns so auf, wie wir das für unser Geschäft optimal sehen, das guck ich mir einfach mal an, wenn es da ist, wir gehen hier jetzt erst mal unseren Weg dort an der Ecke."

    Offenbar hat die Bank auch Sorge, dass sie, sollte sie die "Bad Bank" beanspruchen, damit einen neuen Beihilfestreit mit der EU anzetteln könnte. Die Deutsche Postbank hingegen will den Lösungsvorschlag des Bundes gründlich prüfen. Fraglich ist aber, inwieweit die Banken tatsächlich alle derzeit unverkäuflichen Wertpapiere in die "Bad Bank" einbringen werden. Schließlich müssen sie dafür zahlen: einmal laufende Gebühren an den Soffin, der ihnen ja für die Übernahme dieser Papiere risikolose Anleihen zur Verfügung stellt.

    Außerdem müssen sie für etwaige Verluste am Ende der Laufzeit haften. Deshalb droht in der Tat ein Schwachpunkt, weil die Banken selbst entscheiden, welche Papiere sie einbringen. Sie könnten einige Papiere doch in der Bilanz behalten und damit die gewünschte Transparenz auch weiterhin verhindern. Eine andere Sorge nennt Carsten Wehrle, Analyst des Bankhauses Sal. Oppenheim:

    "Ich glaube bei den Abschreibungen auf Wertpapiere, die die Banken in den letzten anderthalb Jahren sehr stark belastet haben, haben wir wahrscheinlich den Höhepunkt schon hinter uns, das was möglicherweise noch kommt, sind die Kreditabschreibungen, und die sind de facto ja in diesem Maßnahmenpaket nicht betroffen. Von daher bleibt aus meiner Sicht ein großer Teil der Unsicherheit bei den Banken letztlich bestehen, und vor dem Hintergrund kann man aus meiner Sicht noch nicht gänzlich ausschließen, dass wir ein restriktives Kreditverhalten und die Gefahr einer Kreditklemme sehen."

    Die "Bad Bank" also helfe zwar, aber inzwischen ist die Rezession so weit fortgeschritten, dass auch die Realwirtschaft stark getroffen ist: Abgesehen von den großen Schaefflers, Continental und Opel wackeln auch viele kleinere Unternehmen, Auftragseinbrüche gibt es quer durch alle Branchen. Die Kreditinstitute lassen also jetzt wieder Vorsicht walten - häufig wahrscheinlich unangemessen viel. Die jetzige Krise werde anders als etwa beim Platzen der Börsenblase nachhaltige Auswirkungen haben, vermutet auch Postbank-Chef Klein:

    "Sie wird Generationen in ihrem Grundverständnis des Bankgeschäfts prägen. Wir werden zurückfinden zu einer Philosophie des einfachen Bankgeschäfts, das alle Bereiche - egal ob Produkte, Beratung, Preise, Sternchenvormerke und so weiter erfassen wird."

    Zu hohe Risiken werde man nicht mehr eingehen, verspricht auch Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank. Doch auf das einträgliche, aber auch mit hohen Risiken verbundene Investmentbanking werde man nicht verzichten können, auf die Sparte also, die Unternehmen bei Übernahmen oder Börsengängen berät oder ihnen hilft, über Anleihen direkt Geld am Kapitalmarkt aufzunehmen.

    Bei alledem aber müsse man die Risiken besser abschätzen lernen, fordert Analyst Carsten Wehrle vom Bankhaus Sal. Oppenheim:

    "Wir haben offensichtlich manche Risiken, die sehr groß und gravierend sind, gar nicht auf der Rechnung gehabt. Das heißt für die Zukunft, dass Banken einfach mehr Eigenkapital benötigen werden."

    Das sieht auch Dirk Schiereck derzeit als einzige Möglichkeit. Schon allein deshalb, weil es Jahre dauert, bis neue Regeln in Kraft treten. Auch er vertritt die Ansicht, der Staat habe Fehler gemacht:

    "Aber es ist genau wie im Schwimmbad, wenn dort jemand ins Wasser geht, und ertrinkt, ist derjenige, der ins Wasser geht vielleicht auch ein Stück mit schuld, aber wir schauen dann immer auch auf den Bademeister, der hätte aufpassen müssen und genauso ist es hier auch, die Aufsichtsbehörden und das Finanzministerium unter Herrn Steinbrück hätte aufpassen müssen, das so etwas erst gar nicht erst passiert, das hat nicht richtig funktioniert und jetzt ist er gefordert, das mit auszulöffeln, was er uns allen auch mit eingebrockt hat."

    Denn diese Lehre sollten alle Beteiligten verinnerlichen: Die so häufig beschworenen Selbstregulierungskräfte haben versagt. Die Wirtschaft und insbesondere die Finanzbranche müssen vielmehr von der Pädagogik lernen: Freiheit braucht Grenzen, sonst zerstört sie sich selbst.