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Die schnelle Nummer

Software.- In München fand nun der Google-Developer-Day statt. Weit über 1000 Programmierer kamen. Was die Entwickler vor allem fasziniert, ist der schnelle Euro, der sich mit meist kleinen Programmen für Smartphones verdienen lässt.

Von Achim Killer | 13.11.2010
    Noch nie in der Geschichte der Computer-Industrie sind so viele Programme geschrieben worden wie in den vergangenen zwei Jahren. Der Smartphone-Pionier Apple bietet mittlerweile über 200.000 Apps in seinem App-Store an. Aber es ist absehbar, dass er bald vom Konkurrenten Google überrundet werden wird. Fast 20.000 neue Anwendungsprogramme stellt der Konzern derzeit Monat für Monat in seinen Software-Marketplace für Handys unter dem Betriebssystem Android ein. Wieland Holfelder, der Chef von Googles Münchner Entwicklungszentrum, erklärt das so:

    "Naja, es ist wesentlich einfacher geworden, Anwendungen zu entwickeln. Wir haben ein sogenanntes Software-Development-Kit, eine Entwicklungsumgebung, die sich jeder herunterladen kann. Und mit der relativ einfach Anwendungen entwickelt werden können und dann eben über den Marketplace an Millionen von Anwendern verteilt werden können. Und zusätzlich eben auch die Möglichkeit, mit diesen Anwendungen Geld zu verdienen. Die gesamte Architektur, die dafür notwendig ist, um die Bezahlung abzuwickeln, wird von uns zu Verfügung gestellt. Und da kann praktisch jeder zu Hause eine Anwendung entwickeln und sagen, ich möchte dafür einen Euro einnehmen. Und wenn das an 100.000 Leute für einen Euro verkauft wird, ist das sehr viel Geld."

    In vielen Fällen ist Programmieren deshalb durchaus einfacher geworden, sagt Professor Manfred Broy vom Lehrstuhl für Systems and Software Engineering der Technischen Universität München. Allerdings müssen sich die Entwickler dabei an strenge Vorgaben halten. Der Handy-Telefonierer bekommt nur das aufs Smartphone, was die Hersteller möchten.

    "Und dann ist es natürlich so, dass die Hersteller eine bestimmte Vorstellung haben, auf der Ebene der Apps, wie ihre Geräte benutzt werden sollen, dazu geben sie eine Plattform vor. Und dann gibt es Spezialisten, die es schaffen diese Plattform zu überlisten. Und es wird noch ein bisschen vielfältiger, weil die Geräte halt noch mehr Besonderheiten haben."
    Apple etwa verbietet, Software, die Betriebsystemeigene Funktionen verbessert und darüber hinaus sogar Inhalte, die nicht ins Unternehmens-Image passen wie Erotik oder Satire. Google wiederum verbietet zwar nichts, aber unterstützt mit seiner Programmierumgebung halt auch nur, was in die Konzernstrategie passt. Das Neue an der Apps-Programmierung allerdings ist, dass die Systemhersteller den Vertrieb von Anwendungs-Software kontrollieren.

    "Das halte ich eigentlich für das spannendere Thema als die Spezifika der Programmierung, die Vermarktungssituation, die Art und Weise, wie man Software unter die Leute bringen kann und wie wirtschaftliche Ökosysteme entstehen, in denen Firmen es schaffen, ganz andere Geschäftsmodelle aufzumachen als bisher."

    Und diese Ökosysteme sind unter der Kontrolle der Systemhersteller. Apple-Programme kann man nur über die App-Store-App auf dem iPhone installieren. Für Googles Market-Place gibt’s ebenfalls eine App auf jedem Android-Handy. Allerdings kann man dafür auch Software aus anderen Quellen herunterladen. Auch nach der Installation haben Plattform-Entwickler Zugriff auf die Handy-Programme. Wenn eine Android-App abstürzt, meldet sie das an den Market-Place, damit ihr Programmierer erfährt, wie sich seine Software in der Praxis bewährt. Und Google und Apple haben sich die Möglichkeit offengehalten, Programme auf den Smartphones per Fernzugriff zu löschen.

    Begründet wird das mit der Viren-Gefahr. Eine App könnte sich ja nachträglich als Trojaner herausstellen. Dann kann der Plattform-Entwickler alle Systeme, überall auf der Welt mit einem Mausklick desinfizieren. Das alles erinnert sehr an die Anfangsjahre der Computerindustrie, als proprietäre Systeme gegeneinander konkurrierten. Das Programming von Apps findet zumindest nicht in einer offenen Systemlandschaft statt.

    "Die sind natürlich schon ein Stück weit proprietär, weil sie sich sehr auf diese Plattform einstellen müssen. Die sind auf diese Plattform ausgerichtet."