Manfred Götzke: Deutschland hatte seinen PISA-Schock vor zehn Jahren, Österreich war nach der Veröffentlichung der letzten Studie 2010 PISA-schockiert. Bildungserfolg hängt demnach bei unseren Nachbarn sehr stark vom Bildungsstand der Eltern ab. Österreichs Schüler hinken beim Lesen im internationalen Vergleich hinterher, und auch die Ergebnisse in Mathe und in Naturwissenschaften sind nicht berauschend. Kennen wir alles irgendwie auch aus Deutschland, hier haben sich die Dinge allerdings etwas verbessert in den vergangenen Jahren. Damit das auch in Österreich passiert, will Ex-Vizekanzler Hannes Androsch von der SPÖ das Bildungssystem radikal reformieren. Längeres gemeinsames Lernen, Ganztagsschulen und eine bessere universitäre Ausbildung der Lehrer sollen das leisten. Auch das kommt uns irgendwie bekannt vor. Erreichen will er das alles durch ein Volksbegehren: Bis heute Abend können die Bürger im Land dafür ihre Unterschrift abgeben. Und Initiator Hannes Androsch ist jetzt am Telefon. Ich grüße Sie, Herr Androsch!
Hannes Androsch: Ich grüße Sie und danke für die Möglichkeit zu diesem Gespräch!
Götzke: Herr Androsch, das Volksbegehren hat den Slogan: "Österreich darf nicht sitzen bleiben!" Schaut man sich die Ergebnisse der letzten PISA-Studie an, könnte man fast sagen, Österreich ist schon sitzen geblieben.
Androsch: Genau das ist der Befund. In den letzten zehn Jahren der PISA-Studien hat Deutschland sich verbessert, dennoch lese ich in deutschen Zeitungen: Die Schule brennt. Also wenn das zutrifft, dann in Österreich in noch größerem Maße. In einer Zeit, wo weltweit der Wettbewerb um Talente, um bessere Ausbildung in Gang ist, ist es daher dringend notwendig, wieder zur Spitzengruppe aufzuschließen. Leider sind wir am unteren Ende nur angekommen.
Götzke: Was ist denn aus Ihrer Sicht das größte Manko am österreichischen Bildungssystem?
Androsch: Das sind eine Reihe von Punkten, das beginnt im Vorschulalter, dass viele Kinder nicht die Landessprache, all das, adäquater lernen, das macht die Einschulung schwierig. Die sozioökonomischen Umstände, dass beide Elternteile arbeiten gehen oder alleinerziehende verdienende Mütter nur vorhanden sind, erfordert Ganztagsschulen. Für all das brauchen wir die Fazilitäten und entsprechendes Lehrpersonal. Die Schulen können nur so gut sein wie das Lehrpersonal. Das ist eine Frage der Selektion, der Ausbildung, auch der Besoldung, und die Universitäten und die Forschung brauchen hinreichende Mittel.
Götzke: Es fehlt also an Geld?
Androsch: Nicht nur am Geld, wir haben in Österreich eines der teuersten Bildungssysteme, aber von zwei Euro, die wir ausgeben, kommt nur einer im Unterricht an, weil wir ein so zersplittertes und aufwendiges, verwaltungsmäßig aufwendiges Schulsystem haben, sodass ...
Götzke: Das heißt, die Hälfte des Geldes versackt in der Bürokratie in Österreich?
Androsch: Ein großer Teil, als Folge der Zersplitterung.
Götzke: Sie wollen das Bildungssystem ja finnlandisieren, sagen Sie. Wie genau?
Androsch: Indem man die besten nur selektiert für den Lehrerberuf, ihnen den sozialen Status und die angemessene Entlohnung gibt und auch den Arbeitsplatz für Ganztagsschulen und für einen entsprechenden Unterricht oder Aufenthalt in den Schulen für die Kinder und Jugendlichen, aber für die Lehrer selbst in Halbtagsschulen an 150 Tagen ist das nicht zu bewältigen.
Götzke: Wenn bis heute Abend 100.000 Bürger unterschreiben, muss Ihr Anliegen im Parlament diskutiert werden, mehr aber auch nicht. Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass irgendeine Ihrer Forderungen umgesetzt wird?
Androsch: Wir werden nicht nachlassen, das Anliegen weiter und nachhaltig zu betreiben. Es werden sehr viel mehr als die genannte Zahl sein, die unterschreiben oder unterschrieben haben. Das spiegelt aber nicht den ganzen Umfang des Interesses, der Aufmerksamkeit, der Sympathie wider, sodass die Politik nicht daran vorbeigehen können wird, und ich bin sicher, dass das Thema einer der zentralen Punkte für die irgendwann in den nächsten zwölf bis 18 Monaten stattfindenden Parlamentswahlen sein wird.
Götzke: Was sagt Ihre Partei eigentlich zu dem Volksbegehren? Immerhin ist Ihre Parteifreundin Claudia Schmied Kultusministerin. Die greifen Sie ja quasi mit dem Volksbegehren direkt an.
Androsch: Na, ganz im Gegenteil, die wollen wir in ihren Bemühungen damit und auch den von der anderen Partei nominierten Wissenschaftsminister unterstützen gegen ein politisches Kräfteparallelogramm der Blockade, der Verhinderung, der Lähmung und des Stillstandes von privilegierten Funktionärsinteressen, ob gewerkschaftlichen oder lokalpolitischen.
Götzke: Na, wenn die Ministerin alles gut machen würde, bräuchten Sie das Begehren ja nicht.
Androsch: Die politischen Machtstrukturen behindern sie und lassen sie nicht das tun, was sie will und was notwendig wäre.
Götzke: Bis heute Abend können die Bürger in Österreich für ein Volksbegehren für ein besseres Bildungssystem ihre Stimme abgeben. Initiator Hannes Androsch hat uns gesagt, was bei unseren Nachbarn genau falsch läuft. Herzlichen Dank, Herr Androsch!
Androsch: Ich bedanke mich für das Gespräch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Hannes Androsch: Ich grüße Sie und danke für die Möglichkeit zu diesem Gespräch!
Götzke: Herr Androsch, das Volksbegehren hat den Slogan: "Österreich darf nicht sitzen bleiben!" Schaut man sich die Ergebnisse der letzten PISA-Studie an, könnte man fast sagen, Österreich ist schon sitzen geblieben.
Androsch: Genau das ist der Befund. In den letzten zehn Jahren der PISA-Studien hat Deutschland sich verbessert, dennoch lese ich in deutschen Zeitungen: Die Schule brennt. Also wenn das zutrifft, dann in Österreich in noch größerem Maße. In einer Zeit, wo weltweit der Wettbewerb um Talente, um bessere Ausbildung in Gang ist, ist es daher dringend notwendig, wieder zur Spitzengruppe aufzuschließen. Leider sind wir am unteren Ende nur angekommen.
Götzke: Was ist denn aus Ihrer Sicht das größte Manko am österreichischen Bildungssystem?
Androsch: Das sind eine Reihe von Punkten, das beginnt im Vorschulalter, dass viele Kinder nicht die Landessprache, all das, adäquater lernen, das macht die Einschulung schwierig. Die sozioökonomischen Umstände, dass beide Elternteile arbeiten gehen oder alleinerziehende verdienende Mütter nur vorhanden sind, erfordert Ganztagsschulen. Für all das brauchen wir die Fazilitäten und entsprechendes Lehrpersonal. Die Schulen können nur so gut sein wie das Lehrpersonal. Das ist eine Frage der Selektion, der Ausbildung, auch der Besoldung, und die Universitäten und die Forschung brauchen hinreichende Mittel.
Götzke: Es fehlt also an Geld?
Androsch: Nicht nur am Geld, wir haben in Österreich eines der teuersten Bildungssysteme, aber von zwei Euro, die wir ausgeben, kommt nur einer im Unterricht an, weil wir ein so zersplittertes und aufwendiges, verwaltungsmäßig aufwendiges Schulsystem haben, sodass ...
Götzke: Das heißt, die Hälfte des Geldes versackt in der Bürokratie in Österreich?
Androsch: Ein großer Teil, als Folge der Zersplitterung.
Götzke: Sie wollen das Bildungssystem ja finnlandisieren, sagen Sie. Wie genau?
Androsch: Indem man die besten nur selektiert für den Lehrerberuf, ihnen den sozialen Status und die angemessene Entlohnung gibt und auch den Arbeitsplatz für Ganztagsschulen und für einen entsprechenden Unterricht oder Aufenthalt in den Schulen für die Kinder und Jugendlichen, aber für die Lehrer selbst in Halbtagsschulen an 150 Tagen ist das nicht zu bewältigen.
Götzke: Wenn bis heute Abend 100.000 Bürger unterschreiben, muss Ihr Anliegen im Parlament diskutiert werden, mehr aber auch nicht. Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass irgendeine Ihrer Forderungen umgesetzt wird?
Androsch: Wir werden nicht nachlassen, das Anliegen weiter und nachhaltig zu betreiben. Es werden sehr viel mehr als die genannte Zahl sein, die unterschreiben oder unterschrieben haben. Das spiegelt aber nicht den ganzen Umfang des Interesses, der Aufmerksamkeit, der Sympathie wider, sodass die Politik nicht daran vorbeigehen können wird, und ich bin sicher, dass das Thema einer der zentralen Punkte für die irgendwann in den nächsten zwölf bis 18 Monaten stattfindenden Parlamentswahlen sein wird.
Götzke: Was sagt Ihre Partei eigentlich zu dem Volksbegehren? Immerhin ist Ihre Parteifreundin Claudia Schmied Kultusministerin. Die greifen Sie ja quasi mit dem Volksbegehren direkt an.
Androsch: Na, ganz im Gegenteil, die wollen wir in ihren Bemühungen damit und auch den von der anderen Partei nominierten Wissenschaftsminister unterstützen gegen ein politisches Kräfteparallelogramm der Blockade, der Verhinderung, der Lähmung und des Stillstandes von privilegierten Funktionärsinteressen, ob gewerkschaftlichen oder lokalpolitischen.
Götzke: Na, wenn die Ministerin alles gut machen würde, bräuchten Sie das Begehren ja nicht.
Androsch: Die politischen Machtstrukturen behindern sie und lassen sie nicht das tun, was sie will und was notwendig wäre.
Götzke: Bis heute Abend können die Bürger in Österreich für ein Volksbegehren für ein besseres Bildungssystem ihre Stimme abgeben. Initiator Hannes Androsch hat uns gesagt, was bei unseren Nachbarn genau falsch läuft. Herzlichen Dank, Herr Androsch!
Androsch: Ich bedanke mich für das Gespräch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.