Die beiden Jüngsten schreiben mit ungelenken Bewegungen ihre ersten Buchstaben: Alpha, Beta, Gamma. Ihre älteren Klassenkameraden dürfen derweil ein Bild malen, denn sie können schon lesen und schreiben. In der Grundschule von Aya Teodori gibt es nur eine Klasse für alle – denn es sind nur vier Schüler. Doch schon das gilt als kleine Sensation. Denn die griechische Schule auf der türkischen Insel Gökceada war 50 Jahre lang geschlossen.
Die Eltern der Kinder sind aus Griechenland zurückgekehrt nach Imbros, wie Gökceada auf griechisch heißt, in die Häuser ihrer Vorfahren. Vor 90 Jahren lebten hier ausschließlich Griechen. Dann übernahm die Türkei die Insel und die Griechen verließen sie nach und nach. Ein Teil von ihnen wurde zwangsumgesiedelt, andere wurden wegen der Spannungen zwischen der Türkei und Griechenland zur Ausreise gedrängt. Die Schule verfiel. Nun erlaubte der türkische Staat überraschend ihre Wiedereröffnung und bezahlt sogar die Lehrer. Für die Schulleiterin, Paraskevi Berber, ist das ein Zeichen der Hoffnung. Auch sie ist eine griechische Rückkehrerin auf die Insel ihrer Kindheit.
"Vier Schüler und drei Lehrer. Nun ja, das ist auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig. Aber ich glaube fest daran, dass es weiter gehen wird. Vorausgesetzt, wir machen eine gute Arbeit und das Umfeld für junge griechische Familien stimmt. Dann werden sicher noch mehr Schüler in unsere kleine Schule kommen."
Die Schüler lernen Rechnen, Schreiben und Lesen auf Türkisch und Griechisch. Jahrelang kämpfte eine orthodoxe Stiftung für die Wiedereröffnung der Schule. Sie soll ein Symbol sein für den Überlebenswillen der griechischen Gemeinde von Gökceada. Eine winzige Minderheit zu sein – daran hat sich scheinbar auch Sophia, das einzige Mädchen der Schule, gewöhnt:
"Mir gefällt es so. Mehr Klassenkameraden will ich gar nicht."
Ob Lehrer, Schüler oder der orthodoxe Priester des Dorfes: Niemand möchte in den Medien offen über die Probleme reden, denen sie als Minderheit nach wie vor ausgesetzt sind. Priester Okumus Asterios etwa würde in der Schule gerne christlichen Religionsunterricht geben, doch das bleibt untersagt. Schon sein Vater und Großvater taten im Dorf als Geistliche Dienst. Nun ist auch Asterios nach Gökceada zurückgekehrt. Die Konflikte der Vergangenheit, findet er, sollten nun ruhen:
"Auch als die Gemeinde hier kaum noch existierte, hat man die Kirche niemals angetastet. Selbst in den schwersten Zeiten nicht, als es auf der anderen Seite ein paar Fanatiker gab. Ich wollte immer eines Tages zurückkehren. Und nun bin ich glücklich, wieder hier zu sein."
Türkische Nationalisten machten die Griechen für die Zypern-Krise verantwortlich und drängten die letzten unter ihnen in den 60er- und 70er-Jahren zur Auswanderung. Heute gibt sich der türkische Staat gegenüber seinen Minderheiten großzügig. Enteignete Grundstücke werden zurückgegeben, das Recht auf muttersprachlichen Unterricht gestärkt. Der Bürgermeister von Gökceada, Yücel Atalay, sieht die Schuleröffnung als Verdienst seines Ministerpräsidenten Erdogan:
"Unser Ministerpräsident löst solche Fragen so, wie es sich für einen wahrhaft großen Staat gehört. Wir wollen, dass noch mehr ehemalige griechische Bewohner zu uns auf die Insel zurückkehren, sie sollen hier wieder geschäftlich tätig sein. In Griechenland ist doch eine schwere Wirtschaftskrise. Hier können sie neu anfangen. Lasst uns alle wieder friedlich zusammenleben!"
Doch in Aya Teodori, dem Dorf der letzten Griechen, traut man dem Frieden noch nicht. Trotz aller Freude über die wiedereröffnete Schule. Besonders die Alten haben schwere Zeiten hinter sich. Im Kafenion des Dorfes sitzen sie bei tiefschwarzem Mokka zusammen und wollen darüber eigentlich nicht mehr reden. Etwa, wie die Regierung in den 70er-Jahren Strafgefangene hierher schickte, die ihnen das Leben schwer machten.
"Nach dem Armeeputsch in den 80er-Jahren war das hier eine Sperrzone. Da durfte man die Insel nur mit einem Pass betreten. Wir waren hier alle von der Außenwelt abgeschnitten."
Doch nun könnte neues griechisches Leben nach Imbros zurückkehren. In Aya Teodori sind zahlreiche Häuser restauriert worden, sogar ein kleines Hotel gibt es. Die größte Hoffnung der Rückkehrer ruht indes auf ihrer kleinen Dorfschule. An ihr wird sich zeigen, wie ernst es der Türkei ist mit ihrer neuen Minderheitenpolitik.
Die Eltern der Kinder sind aus Griechenland zurückgekehrt nach Imbros, wie Gökceada auf griechisch heißt, in die Häuser ihrer Vorfahren. Vor 90 Jahren lebten hier ausschließlich Griechen. Dann übernahm die Türkei die Insel und die Griechen verließen sie nach und nach. Ein Teil von ihnen wurde zwangsumgesiedelt, andere wurden wegen der Spannungen zwischen der Türkei und Griechenland zur Ausreise gedrängt. Die Schule verfiel. Nun erlaubte der türkische Staat überraschend ihre Wiedereröffnung und bezahlt sogar die Lehrer. Für die Schulleiterin, Paraskevi Berber, ist das ein Zeichen der Hoffnung. Auch sie ist eine griechische Rückkehrerin auf die Insel ihrer Kindheit.
"Vier Schüler und drei Lehrer. Nun ja, das ist auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig. Aber ich glaube fest daran, dass es weiter gehen wird. Vorausgesetzt, wir machen eine gute Arbeit und das Umfeld für junge griechische Familien stimmt. Dann werden sicher noch mehr Schüler in unsere kleine Schule kommen."
Die Schüler lernen Rechnen, Schreiben und Lesen auf Türkisch und Griechisch. Jahrelang kämpfte eine orthodoxe Stiftung für die Wiedereröffnung der Schule. Sie soll ein Symbol sein für den Überlebenswillen der griechischen Gemeinde von Gökceada. Eine winzige Minderheit zu sein – daran hat sich scheinbar auch Sophia, das einzige Mädchen der Schule, gewöhnt:
"Mir gefällt es so. Mehr Klassenkameraden will ich gar nicht."
Ob Lehrer, Schüler oder der orthodoxe Priester des Dorfes: Niemand möchte in den Medien offen über die Probleme reden, denen sie als Minderheit nach wie vor ausgesetzt sind. Priester Okumus Asterios etwa würde in der Schule gerne christlichen Religionsunterricht geben, doch das bleibt untersagt. Schon sein Vater und Großvater taten im Dorf als Geistliche Dienst. Nun ist auch Asterios nach Gökceada zurückgekehrt. Die Konflikte der Vergangenheit, findet er, sollten nun ruhen:
"Auch als die Gemeinde hier kaum noch existierte, hat man die Kirche niemals angetastet. Selbst in den schwersten Zeiten nicht, als es auf der anderen Seite ein paar Fanatiker gab. Ich wollte immer eines Tages zurückkehren. Und nun bin ich glücklich, wieder hier zu sein."
Türkische Nationalisten machten die Griechen für die Zypern-Krise verantwortlich und drängten die letzten unter ihnen in den 60er- und 70er-Jahren zur Auswanderung. Heute gibt sich der türkische Staat gegenüber seinen Minderheiten großzügig. Enteignete Grundstücke werden zurückgegeben, das Recht auf muttersprachlichen Unterricht gestärkt. Der Bürgermeister von Gökceada, Yücel Atalay, sieht die Schuleröffnung als Verdienst seines Ministerpräsidenten Erdogan:
"Unser Ministerpräsident löst solche Fragen so, wie es sich für einen wahrhaft großen Staat gehört. Wir wollen, dass noch mehr ehemalige griechische Bewohner zu uns auf die Insel zurückkehren, sie sollen hier wieder geschäftlich tätig sein. In Griechenland ist doch eine schwere Wirtschaftskrise. Hier können sie neu anfangen. Lasst uns alle wieder friedlich zusammenleben!"
Doch in Aya Teodori, dem Dorf der letzten Griechen, traut man dem Frieden noch nicht. Trotz aller Freude über die wiedereröffnete Schule. Besonders die Alten haben schwere Zeiten hinter sich. Im Kafenion des Dorfes sitzen sie bei tiefschwarzem Mokka zusammen und wollen darüber eigentlich nicht mehr reden. Etwa, wie die Regierung in den 70er-Jahren Strafgefangene hierher schickte, die ihnen das Leben schwer machten.
"Nach dem Armeeputsch in den 80er-Jahren war das hier eine Sperrzone. Da durfte man die Insel nur mit einem Pass betreten. Wir waren hier alle von der Außenwelt abgeschnitten."
Doch nun könnte neues griechisches Leben nach Imbros zurückkehren. In Aya Teodori sind zahlreiche Häuser restauriert worden, sogar ein kleines Hotel gibt es. Die größte Hoffnung der Rückkehrer ruht indes auf ihrer kleinen Dorfschule. An ihr wird sich zeigen, wie ernst es der Türkei ist mit ihrer neuen Minderheitenpolitik.