Türkische Gastarbeiter oder auch Spätaussiedler aus Russland – Migranten wie diese kamen seit den 60er-Jahren und nach dem Mauerfall nach Deutschland. Inzwischen haben viele von ihnen Kinder mit deutschem Schulabschluss, aber oft nur eingeschränkter Kenntnis vom Land er Eltern. Die Universität Regensburg fördert seit kurzem diese jungen Leute. Thomas Strothotte, Rektor der Hochschule, beschreibt die Zielgruppe des Studienprogramms:
"Junge Menschen, die Muttersprachler sind, aber nicht lesen und schreiben konnten in dieser Sprache. Bildungsinländer mit guten Noten in der Schule, die ein Potenzial haben, das wir in Deutschland bislang überhaupt nicht genutzt haben."
Strothotte ist als Sohn deutscher Eltern in Kanada geboren und machte selbst die Erfahrung, deren Sprache nur sprechen, nicht aber schreiben zu lernen. Als er vor Jahren nach Deutschland kam, überzeugte er sich davon, dass es hier vielen Kindern von Migranten ähnlich geht. Vor gut einem Jahr wurde Strothotte Rektor der Uni Regensburg. Schnell setzte er seine Idee um, diese jungen Leute ihren doppelten kulturellen und sprachlichen Hintergrund besser nutzen zu lassen. Einen Namen für die Zielgruppe des geplanten Studienprogramms fand man in der Schweiz:
"Es war ein Schweizer Kollege, ein Universitätspräsident, dem ich das erzählte. Und er sagte dann sofort, übrigens, die heißen da Secondos. Wir recherchierten dann und merkten, dass dieser Begriff in der Schweiz seit etwa zehn Jahren genutzt wird, dort sehr gut ankommt, mit Stolz verwendet wird von denen, die Secondos sind, und mit Hochachtung von den anderen, wenn sie sich auf sie beziehen."
Das Regensburger Programm ist zum Wintersemester angelaufen und offen für Studierende aller Bachelor- und Masterstudiengänge. Neben ihren eigentlichen Fächern belegen die jungen Leute Landeskunde- und Sprachkurse, die auf ihre jeweiligen Wurzeln und Kenntnisse zugeschnitten sind. Im zweiten Jahr geht das Studium im Land der Eltern weiter, sie können dort auch ein Praktikum machen. Danach kommen sie zurück und erhalten neben dem deutschen Abschluss auch den ausländischen. Carolin Tillmanns Vater ist Ungar. Zusammen mit der aus der DDR stammenden Mutter floh er nach West-Deutschland. Carolin ist hier geboren. Sie studiert in Regensburg im zweiten Semester Psychologie und wird im Herbst für ein Jahr an die ungarische Universität Pécs gehen. Am Secondos-Programms gefällt ihr …
"… dass ich die Erfahrung machen kann, in Ungarn zu studieren. Das ist ja schon noch mal was anderes, wirklich wissenschaftlich zu arbeiten zum Beispiel, als jetzt nur die Alltagssprache irgendwie auszuüben. Und dann natürlich, auch wirklich in diesem Land zu leben auch mal ein Jahr lang und nicht nur über die Ferien da zu sein. Ich denke, es qualifiziert einen auch, dass eben sichtbar gemacht wird, dass diese zweite Identität da ist."
Solange die Programm-Teilnehmer in Regensburg sind, treffen sie sich einmal im Monat mit allen anderen Secondos. Ihre Mentorin Lisa Unger-Fischer organisiert die Treffen und lädt Gäste dazu ein.
"Das Schöne ist, dass auch die Unternehmen interessiert sind, mit den Secondos ins Gespräch zu kommen, denn oft vermissen Firmen Leute, die mit der deutschen Mentalität bekannt sind, aber zugleich eine ganz gehörige Ahnung auch haben von dem entsprechenden Land, in dem sie halt besonders aktiv sind."
Oliver Riepaszky ist in Rumänien geboren und kam mit drei Jahren nach Deutschland. Er macht einen Master in Wirtschaftsinformatik und will mit dem Secondos-Programm im Wintersemester für ein Jahr nach Cluj in die alte Heimat gehen. Insgesamt ist er zufrieden mit dem neuen Angebot. Zurzeit hat er allerdings viel damit zu tun, mit seinen Professoren
"learning agreements" auszuhandeln. Die dienen der Anerkennung der künftigen Leistungen an der Partneruniversität. Das Verfahren sei aufwendig und noch nicht ganz ausgereift, meint der Student:
"Es ist halt dann sehr viel Pionierarbeit zu leisten, weil man mit jedem Prof extra reden muss. Weil die wissen noch nicht sehr viel darüber, sind zwar sehr begeistert von dem Programm, aber man muss erst sehen, wie sich das entwickeln wird innerhalb der Fakultät, wie man die Kurse dann einbringen kann, wie das dann in Zukunft sein wird."
Für eine vorläufige Bilanz des Regensburger Angebots ist es noch zu früh. Nicht aber für eine überraschende Erkenntnis. Das Secondos-Programm könne auch dazu dienen, Familien zu versöhnen, so Lisa Unger-Fischer:
"Bei einem Secondos-Treffen hat eine Teilnehmerin gesagt, dass sie jetzt Frieden beschlossen hätte mit ihrer Mutter, weil sie jetzt eben dazu kommt, die rumänische Sprache in Wort und Schrift zu erlernen. Sie hatte immer eine Wut auf ihre Mutter, dass die nicht dafür gesorgt hätte."
Bisher nehmen zwölf junge Frauen und Männer am Programm teil. Nach und nach soll ihre Zahl auf 250 steigen.
"Junge Menschen, die Muttersprachler sind, aber nicht lesen und schreiben konnten in dieser Sprache. Bildungsinländer mit guten Noten in der Schule, die ein Potenzial haben, das wir in Deutschland bislang überhaupt nicht genutzt haben."
Strothotte ist als Sohn deutscher Eltern in Kanada geboren und machte selbst die Erfahrung, deren Sprache nur sprechen, nicht aber schreiben zu lernen. Als er vor Jahren nach Deutschland kam, überzeugte er sich davon, dass es hier vielen Kindern von Migranten ähnlich geht. Vor gut einem Jahr wurde Strothotte Rektor der Uni Regensburg. Schnell setzte er seine Idee um, diese jungen Leute ihren doppelten kulturellen und sprachlichen Hintergrund besser nutzen zu lassen. Einen Namen für die Zielgruppe des geplanten Studienprogramms fand man in der Schweiz:
"Es war ein Schweizer Kollege, ein Universitätspräsident, dem ich das erzählte. Und er sagte dann sofort, übrigens, die heißen da Secondos. Wir recherchierten dann und merkten, dass dieser Begriff in der Schweiz seit etwa zehn Jahren genutzt wird, dort sehr gut ankommt, mit Stolz verwendet wird von denen, die Secondos sind, und mit Hochachtung von den anderen, wenn sie sich auf sie beziehen."
Das Regensburger Programm ist zum Wintersemester angelaufen und offen für Studierende aller Bachelor- und Masterstudiengänge. Neben ihren eigentlichen Fächern belegen die jungen Leute Landeskunde- und Sprachkurse, die auf ihre jeweiligen Wurzeln und Kenntnisse zugeschnitten sind. Im zweiten Jahr geht das Studium im Land der Eltern weiter, sie können dort auch ein Praktikum machen. Danach kommen sie zurück und erhalten neben dem deutschen Abschluss auch den ausländischen. Carolin Tillmanns Vater ist Ungar. Zusammen mit der aus der DDR stammenden Mutter floh er nach West-Deutschland. Carolin ist hier geboren. Sie studiert in Regensburg im zweiten Semester Psychologie und wird im Herbst für ein Jahr an die ungarische Universität Pécs gehen. Am Secondos-Programms gefällt ihr …
"… dass ich die Erfahrung machen kann, in Ungarn zu studieren. Das ist ja schon noch mal was anderes, wirklich wissenschaftlich zu arbeiten zum Beispiel, als jetzt nur die Alltagssprache irgendwie auszuüben. Und dann natürlich, auch wirklich in diesem Land zu leben auch mal ein Jahr lang und nicht nur über die Ferien da zu sein. Ich denke, es qualifiziert einen auch, dass eben sichtbar gemacht wird, dass diese zweite Identität da ist."
Solange die Programm-Teilnehmer in Regensburg sind, treffen sie sich einmal im Monat mit allen anderen Secondos. Ihre Mentorin Lisa Unger-Fischer organisiert die Treffen und lädt Gäste dazu ein.
"Das Schöne ist, dass auch die Unternehmen interessiert sind, mit den Secondos ins Gespräch zu kommen, denn oft vermissen Firmen Leute, die mit der deutschen Mentalität bekannt sind, aber zugleich eine ganz gehörige Ahnung auch haben von dem entsprechenden Land, in dem sie halt besonders aktiv sind."
Oliver Riepaszky ist in Rumänien geboren und kam mit drei Jahren nach Deutschland. Er macht einen Master in Wirtschaftsinformatik und will mit dem Secondos-Programm im Wintersemester für ein Jahr nach Cluj in die alte Heimat gehen. Insgesamt ist er zufrieden mit dem neuen Angebot. Zurzeit hat er allerdings viel damit zu tun, mit seinen Professoren
"learning agreements" auszuhandeln. Die dienen der Anerkennung der künftigen Leistungen an der Partneruniversität. Das Verfahren sei aufwendig und noch nicht ganz ausgereift, meint der Student:
"Es ist halt dann sehr viel Pionierarbeit zu leisten, weil man mit jedem Prof extra reden muss. Weil die wissen noch nicht sehr viel darüber, sind zwar sehr begeistert von dem Programm, aber man muss erst sehen, wie sich das entwickeln wird innerhalb der Fakultät, wie man die Kurse dann einbringen kann, wie das dann in Zukunft sein wird."
Für eine vorläufige Bilanz des Regensburger Angebots ist es noch zu früh. Nicht aber für eine überraschende Erkenntnis. Das Secondos-Programm könne auch dazu dienen, Familien zu versöhnen, so Lisa Unger-Fischer:
"Bei einem Secondos-Treffen hat eine Teilnehmerin gesagt, dass sie jetzt Frieden beschlossen hätte mit ihrer Mutter, weil sie jetzt eben dazu kommt, die rumänische Sprache in Wort und Schrift zu erlernen. Sie hatte immer eine Wut auf ihre Mutter, dass die nicht dafür gesorgt hätte."
Bisher nehmen zwölf junge Frauen und Männer am Programm teil. Nach und nach soll ihre Zahl auf 250 steigen.