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Die so genannten ''IMIs'': Sind sie Opfer eines Taschenspieler-Tricks?

Schauen Sie, es gibt wenige, die diese Papiere noch haben. Ich habe sie noch, und hier steht alles schwarz auf weiß.

Dirk-Oliver Heckmann und Thomas Fromm | 25.06.2002
    Angelo Niciarellis Hände zittern, als er seine verknitterte Bescheinigung aus der Jackentasche zieht. "Arbeitsbuch für Ausländer", ist dort zu lesen, Nummer A237. Auf den hinteren Seiten dann die Einträge: Fieseler Werke, Kassel, dann Großmetzgerei Kröll, Obergebra. Fast 60 Jahre lang hat Niciarelli das Dokument sorgfältig aufbewahrt - den Beweis dafür, dass ihn die Deutschen zur Zwangsarbeit verpflichtet haben. Der 80jährige kleine Mann mit kurzen grauweißen Haaren war einer von mehr als einer halben Million italienischer Soldaten, die den Deutschen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als sogenannte "Italienische Militärinternierte", als IMIs, in die Hände fielen.

    Heute trifft sich Angelo Niciarelli jede Woche mit einigen seiner damaligen Leidensgenossen am Stadtrand von Perugia, in einem kleinen Heim des "ANEI"-Verbandes, einer Organisation für ehemalige Militärinternierte. An den Wänden hängen vergilbte Schwarzweiß-Fotografien, und auch die alte Herrenrunde erinnert sich immer wieder an die vergangene Zeit: Ihre Zeit in deutschen Fabriken. Es sind keine guten Erinnerungen, die die Männer an die Deutschen haben, denn sie wurden von ihnen als "Verräter" angesehen. Dementsprechend verfuhr man mit ihnen:

    Wir wurden bestialisch behandelt, nur, dass Vieh vielleicht besser behandelt wurde als wir. Es ist ja schließlich verboten, Tiere zu prügeln und zu quälen. Mit uns haben sie das aber gemacht. Entweder gab es Fußtritte oder Schläge und Stöße mit Gewehrkolben.

    Eine Entschädigung für diese Qualen hat Angelo Niciarelli bis heute nicht bekommen. Und daran wird wohl auch die Bescheinigung nichts ändern, die er in den Händen hält: Der Fonds zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter ist nicht für Angelo Niciarelli bestimmt, und auch für die anderen rund 100.000 überlebenden IMIs nicht, die einen Antrag auf Entschädigung gestellt haben. Sie erhalten in diesen Wochen ihren Ablehnungsbescheid.

    Rückblick: 8. September 1943. Wenige Wochen nachdem der italienische Diktator Mussolini abgesetzt wurde, begann für viele Italiener ein neues Drama. Die Allianz mit Nazi-Deutschland wurde beendet, ein Separatfrieden mit den Alliierten verkündet, ausgehandelt unter Marschall Badoglio. "Badoglios" wurde den Deutschen zum Synonym für "Verräter", zum Schimpfwort für ein ganzes Volk. Italiener, die als Kriegsgefangene in deutsche Hand fielen, bekamen das zu spüren. Angelo Niciarelli war damals 19 Jahre alt. Er erinnert sich:

    Deutsche Soldaten nahmen uns in Monza bei Mailand fest und sagten: Gebt uns Eure Waffen, dann könnt Ihr nach Hause gehen. "A Casa". Wir haben die Waffen abgeben, und statt nach Hause, a casa, kamen wir dann nach Kassel. Klang ja auch irgendwie ähnlich, nicht? Sie brachten uns auf Vieh- und Kohlewagen, verschlossen die Tür mit einem großen Schloss. Unterwegs hörten wir mehre Male Maschinengewehr-Schüsse, da hatten sie im Waggon nebenan wieder Männer erschossen. Die Reise dauerte vom 12. September bis zum 18. September. Wir konnten nicht trinken, nicht essen, und unsere Bedürfnisse mussten wir im Waggon erledigen. Und der Waggon war voll, wir waren etwa 50 Mann dort. Am Abend waren wir schließlich an einem Bahnhof nahe des Konzentrationslagers Ziegenheim angekommen, dort gab es erst einmal Prügel, damit niemand wagte, zu flüchten. Wir gingen dann zu Fuß weiter zum Lager, zwischendurch immer wieder Prügel. "Badoglio", "Maccheroni", schrien sie immer wieder.

    Die italienischen Soldaten wurden gedrängt, auf deutscher Seite weiterzukämpfen. Doch die meisten wussten, dass man sie an der Ostfront "verheizen" würde. Also weigerten sie sich. Oft nicht ahnend, dass stattdessen ein unmenschlicher Arbeitseinsatz auf sie wartete - in der Landwirtschaft, der Schwerindustrie, im Bergbau und in der Rüstungsproduktion.

    Schon wenige Wochen nach der Kapitulation Italiens folgte die Rache. Ein "Führererlass" vom 20. September 1943 verfügte: Italienische Soldaten gelten als "Militärinternierte", ihnen wird der Status als Kriegsgefangene aberkannt. Arbeit als Rache, bei Hungerrationen - was das bedeutete, musste Angelo Niciarelli am eigenen Leib erfahren. Er wurde mit seinen Mitgefangenen in die Gerhard-Fieseler-Werke verschleppt:

    In der Kasseler Fabrik gab es einen Aufseher, der uns jeden Morgen, wenn wir zur Arbeit gingen, in den Hintern trat. Einfach so, ohne Grund. Für jeden einen Tritt in den Hintern. Es gab vielleicht auch Deutsche, die uns gerne nett behandelt hätten, aber das war nicht möglich. Wenn wir nachts arbeiteten, gaben uns einige Deutsche manchmal etwas zu Essen, etwa eine halbe Kartoffel. Aber sie durften sich dabei nicht erwischen lassen.



    Serafino Gasperini, Jahrgang 1923, musste an der Saar im Bergbau arbeiten, 800 Meter unter Tage. Zwei Jahre lang erfuhren seine Eltern nichts von ihm, jeder Kontakt zur Familie wurde unterbunden.

    Es war ein unmögliches Leben. Wir bekamen zu dritt ein deutsches Brot, einen Kessel Wasser und einige Rüben am Tag. Wir mussten aber drei Meter Kohle täglich aus der Wand hauen. Ansonsten hätten sie uns nicht herausgelassen. Es war furchtbar. Wir sind immer mit zwei Fahrstühlen und dann mit einer kleinen Bahn zur Arbeitsstelle in die Zeche heruntergefahren. Wenn es Zeit war, wieder hochzufahren, mussten zunächst die Kohlen herausgefahren werden. Wir haben also oft stundenlang vor den Fahrstühlen da unten gewartet, bevor wir wieder an die Luft durften. Die Kohle war wichtiger als wir. Was für ein Leben!

    Was viele heute nicht wahrhaben wollen: Auch die "Italienischen Militärinternierten" wurden von den Nazis als angeblich "rassisch dekadent" betrachtet. Ihre Sterblichkeit unter den Kriegsgefangenen war - nach den sowjetischen - die zweithöchste. Giovanni Vinti aus Perugia hat viele seiner Kameraden sterben sehen. Sie mussten in der KZ-Aussenstelle "Dora" im thüringischen Nordhausen schuften - nie weniger als 12 Stunden am Tag. Giovanni Vinti:

    Im Lager haben wir oft gebetet, sonst nichts. Wir hatten keine Hoffnung mehr, noch nach Hause zurückzukommen. Wir hatten keinen Kontakt zu unseren Familien. Keiner half uns: Wenn einer umkippte, war er so gut wie tot. Er wurde zum Krankenhaus gebracht und dann verschwand er. Er war nie mehr zu sehen. Das passierte häufig. Die Leute wurden lungenkrank oder waren einfach sehr schwach.

    Giulio Piermatti:

    Da war ein deutscher Soldat, der sehr gut italienisch sprach. Er war der brutalste von allen. Er schrie uns ständig an, und es gefiel ihm, uns leiden zu sehen. Mit anderen begleitete er uns zu einem Steinbruch, in dem wir arbeiten sollten. Es war die Hölle. Wir haben es einfach nicht mehr geschafft. Als mich die Amerikaner befreiten, wog ich nur noch 39 Kilogramm.

    Giulio Piermattis Stimme bricht weg, wenn er von seinen Qualen berichtet - Zehntausende seiner Leidensgenossen starben innerhalb weniger Monate durch Unterernährung, Krankheit und Gewalt; die Überlebenden trugen oft schwere gesundheitliche und psychische Schäden davon.

    Auch bei der deutschen Kriegsführung mussten die "IMIs" unter Zwang mitmachen - das bedeutete: Schützengräben ausheben, Minen legen oder aber Waffen bauen. Dass dies durch das Kriegsvölkerrecht verboten war, scherte die Nazi-Bürokratie wenig: Die Italiener wurden einfach in den Zivilarbeiter-Status überführt, ob sie wollten oder nicht. Für die Italiener war das eine verhängnisvolle Entscheidung: Standen nämlich Kriegsgefangene etwa unter dem Schutz des Roten Kreuzes, konnte man jetzt mit den Italienern machen, was man wollte.

    Die "Italienischen Militärinternierten" wurden so doppelt bestraft: Man beutete sie unter erbärmlichsten Umständen für die deutsche Kriegswirtschaft aus, gegen jedes Völkerrecht. Eine Anerkennung aus dem Fonds zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter aber erhalten sie nicht. Denn im Stiftungsgesetz, § 11 Absatz 3, heißt es:

    "Kriegsgefangenschaft begründet keinen Leistungsanspruch."

    Obwohl die "IMIs" von den Nationalsozialisten nur deshalb aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurden, um ihre Ausbeutung noch effektiver zu gestalten, lässt sich die Bundesregierung bis auf den heutigen Tag aber nicht beirren: Für sie sind die Italiener Kriegsgefangene geblieben. Und als Kriegsgefangene erhalten sie - so will es das Gesetz - eben keine Entschädigung.

    Zehntausende von Italienern haben inzwischen ihre Ansprüche angemeldet. Aber: Für sie könne man leider nichts tun, meint Michael Jansen, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft":

    Wir waren, als wir darüber zu entscheiden hatten, uns nicht klar, wie mit diesem Fall umgegangen werden sollte und haben deshalb die Bundesregierung, die die Rechtsaufsicht ausübt über die Bundesstiftung, gebeten, hierzu Stellung zu nehmen. Und die Bundesregierung hat das getan, nachdem sie einen renommierten Völkerrechtler gebeten hatte, hierzu gutachterlich Stellung zu nehmen. Das ist dann auch passiert, und die Bundesregierung hat uns dann - ich muss sagen - autoritativ mitgeteilt, dass der Status der "Italienischen Militärinternierten" dennoch ein Status als Kriegsgefangene geblieben ist. Wir sind an die Rechtsaufsicht gebunden und können nicht gegen die Rechtsaufsicht eigene Entscheidungen fällen.

    Der renommierte Völkerrechtler: Christian Tomuschat, Professor für Völkerrecht an der Berliner Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Argumentation ist höchst umstritten: Zwar seien die Italiener tatsächlich in den zivilen Status überführt worden - jedoch:

    Das hat das NS-Reich so angeordnet, aber es sind reine Anordnungen einseitiger Art gewesen. Kein Land kann einseitig einen völkerrechtlichen Status beseitigen. Wenn Sie eine völkerrechtliche Norm verletzen, dann werden Sie dadurch diese völkerrechtliche Norm nicht los.

    Ergo sei das Vorgehen der Nazis völkerrechtlich illegal gewesen - und daher null und nichtig. Konsequenz dieser These: Die "IMIs" gehen leer aus.

    Serafino Gasperini:

    Die deutsche Entscheidung halte ich für skandalös. Wenn sie uns als Kriegsgefangene behandelt hätten, dann wäre ja alles okay gewesen. Aber sie haben uns nicht als Kriegsgefangene behandelt. Wir waren Sklaven. Daher ist das deutsche Rechtsgutachten, wonach wir keine Zwangsarbeiter waren, nicht korrekt.

    Dass die Opfer gerade wegen der Völkerrechtswidrigkeit ihrer Behandlung leer ausgehen sollen, löst bei den Betroffenen Fassungslosigkeit aus. Auch für Experten ist die Entscheidung nicht nachvollziehbar.

    Gerhard Schreiber, früher Historiker beim Militärgeschichtlichen Forschungsamt, bewertet die Behandlung der "Italienischen Militärinternierten" als ein "rabenschwarzes Kapitel". Die Bundesrepublik schreibe dieses Kapitel mit dem Gutachten nun fort:

    Diese Argumentation von Tomuschat ist aus meiner Sicht zynisch gegenüber den Betroffenen und außerhalb der historischen Realität. Er berücksichtigt einfach nicht die Wirklichkeit. Er unterschiedet also ganz klar Recht und Wirklichkeit, und er sagt: Recht hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Für mich ist das ein Skandal und ich habe den Eindruck, dass es sich dabei um eine große Heuchelei handelt; dass man auf diese Weise der Verpflichtung entgehen will, die Italiener zu entschädigen, weil das Geld nicht da ist. Und nun hat - so stellt es sich dem Betrachter wie mir dar - das Gutachten die Funktion, die Möglichkeit zu eröffnen, sich der Zahlung zu entziehen.

    Lothar Evers vom "Bundesverband Information und Beratung von NS-Verfolgten":

    Das Gutachten von Prof. Christian Tomuschat kann man eigentlich nur als perfide und auf dem Niveau eines Taschenspielertricks operierend bezeichnen. Tomuschat macht ja einfach folgenden Trick. Er sagt: real habt Ihr zwar als Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen gearbeitet, aber - freut Euch - ideell seid Ihr immer Kriegsgefangene geblieben, denn diesen Status konnte Euch niemand nehmen. Davon hattet Ihr historisch zwar nichts, aber da Euch dieser Status immer erhalten blieb, seid Ihr auch heute als Kriegsgefangene zu werten, geltet also nicht als Zwangsarbeiter und: "April, April!", seid aus den Leistungen der Stiftung herausgeflogen. Und so einer Argumentation über fünf Ecken sieht man doch einfach das Auftragswerk, also dass man da sehr genau weiß, für wen man arbeitet, von wem man da Zehntausende von Mark bekommt an; und insofern ist es nichts anderes als ein simpel-lakaienhaft erfüllter Auftrag, eine große Gruppe der NS-Zwangsarbeiterinnen und -Zwangsarbeitern, nämlich 700.000 Leute historisch, aus dem Gesetz herauszumanipulieren.

    Das Bundesfinanzministerium weist das weit von sich: es habe die Lage rein juristisch geprüft, so Otto Löffler, Chef des Referats 5b2, "Allgemeine Kriegsfolgen":

    Es geht in der Tat um die Anwendung des Stiftungsgesetzes. Das Stiftungsgesetz hat den klaren Wortlaut: "Kriegsgefangene sind von Leistungen der Stiftung ausgeschlossen." Und wenn die Juristen feststellen, die Gesetzeslage ist so und so, nämlich dass also die "Italienischen Militärinternierten" nicht berücksichtigt werden können im Rahmen der Stiftung, dann ist das auch gegenüber Stellungnahmen von Historikern zu beachten.

    Auf die Frage, durch wen man sich von historischer Seite habe beraten lassen, antwortet Löffler nach langer Pause:

    Ich kenne keinen Historiker, den das Finanzministerium beteiligt hat.

    Die Lebenswirklichkeit der Opfer und Erkenntnisse der Forschung waren bei der Entscheidung also nicht gefragt. Sinn und Zweck des ganzen Vorhabens, nämlich die Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter - Zitat - "umfassend und damit endgültig zu regeln", werde damit komplett verfehlt, meint Evers, der selbst im Kuratorium der Stiftung sitzt:

    Die Frage, ob 70.000 Menschen, die nachweislich Zwangsarbeit geleistet haben, Leistungen dieser Stiftung bekommen, ist keine juristische Frage. Es ist eine politische Frage, eine historische Frage und eine Frage der Gerechtigkeit. Und da hat sich der Vorstand der Stiftung einfach selbst aus der Verantwortung verabschiedet. Und vielleicht war es ihm ganz recht, diese Frage dann als eine rein juristische dann von einem nicht gerade Verfolgten-freundlichen Ministerium, nämlich dem Finanzministerium, abhandeln zu lassen.

    Dabei wäre es grundsätzlich möglich, eine Regelung zu finden: Für die polnischen Kriegsgefangenen gilt die Ausschluss-Klausel nämlich nicht. Zu einer analogen Regelung für die Italiener aber konnte man sich nicht durchringen.

    Der Grund: Die Politik fürchtet den Präzedenzfall, denn der könnte teuer zu stehen kommen. Zwar hatten PDS und Bündnisgrüne gefordert, auch die "Italienischen Militärinternierten" zu entschädigen - durchsetzen konnten sie sich damit aber nicht. Hunderttausende sowjetischer Kriegsgefangener, so die Befürchtung, könnten mit ihren Ansprüchen folgen, Reparationsforderungen kämen dann aus aller Welt. Das will man unter allen Umständen vermeiden. Deshalb rät Tomuschat den ehemaligen "IMIs": Eigentlicher Ansprechpartner sei der italienische Staat selbst - der habe schließlich mit dem deutsch-italienischen Vertrag von 1961 auf alle Ansprüche verzichtet:

    Diese politische Entscheidung hat Italien getroffen, daran ist nicht zu deuteln. Und insofern trägt natürlich auch die italienische Regierung eine gewisse Verantwortung, die sich möglicherweise damals nicht über die Tragweite ihres Beschlusses klar war.

    Den Betroffenen will diese Argumentation nicht in den Kopf - sie halten sich an den, der ihnen den Schaden zugefügt hat: Deutschland. Seit August vergangenen Jahres liegt eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor - ehemalige "Militärinternierte" klagen gegen das Stiftungsgesetz. Wann darüber entschieden wird, ist immer noch nicht absehbar. Klar ist aber: Bis dahin dürften viele schon verstorben sein. Ob etwa Angelo Niciarelli den Beschluss noch erleben wird, steht in den Sternen.

    Glauben Sie mir: Mich interessiert nicht das Geld - eine finanzielle Entschädigung ist nicht das, worauf es mir ankommt. Es geht mir um eine Anerkennung, weil wir keine Kriegsgefangenen waren.

    In Italien hat der Umgang mit den "IMIs", die verweigerte Anerkennung ihres Schicksals, helle Empörung ausgelöst. Mit fatalen Folgen, fürchtet Lothar Evers:

    Man darf nicht Leuten, die real gelitten haben, durch Etikettenschwindel ihr Leid absprechen. Das ist angesichts der letzten und nicht juristischen, sondern eher ethischen Regelung von Entschädigung, von Kompensation, ein nicht zu verzeihender Fehler. Denn das wird sich über Generationen fortsetzen als unerledigtes Thema. Diese Italiener werden das ihren Kindern, ihren Enkeln erzählen, und es wird dort ein Ressentiment gegenüber Deutschland bleiben: "Deutschland wollte sich der Verantwortung für uns nicht stellen, Deutschland hat sich der Verantwortung für uns auf billigstem Niveau entledigt."

    Was Giovanni Vinti mit dem Lachen der Verzweiflung ausdrückt, ist etwas, was von vielen ehemaligen italienischen Militärinternierten empfunden wird. Sie fühlen sich als die Verlierer der deutschen Entschädigungspolitik. Und das ist für sie eine neue Ungerechtigkeit, die unverzeihlich ist:

    Die junge Generation in Deutschland hat verstanden, wie viel uns damals angetan wurde. Sie hat sich bei uns entschuldigt und das ist gut. Aber ein klares Urteil mit einer finanziellen Entschädigung wäre noch eine bessere Geste uns gegenüber gewesen. Schließlich hat man uns wie Sklaven behandelt. Mit dieser Entscheidung werden jetzt nie mehr zu unserem Recht kommen. Glauben Sie mir: Wenn mir derjenige in die Hände kommt, der dies entschieden hat - ich würde ihn zerstückeln.