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Die Spinne im Händlernetz

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Theo Geers |
    Wir sind ein Kfz-Betrieb - wir bestehen seit 75 Jahren hier im Emsland. ... Hier werden im Jahr ca. 400 Neufahrzeuge vermarktet und 500 Gebrauchtfahrzeuge. ... Wir haben noch eine Filiale in Aschendorf - beide zusammen genommen zur Zeit 38 Mitarbeiter.

    Günter Bartels betreibt in Sögel im Emsland ein florierendes Autohaus. Genau genommen sind es sogar zwei: Für Fiat ist Günter Bartels der Haupt-Vertragshändler für ein Gebiet, das südlich der Kreisstadt Meppen beginnt und nördlich von Papenburg an der Grenze zum ostfriesischen Leer endet. Als zweite Marke vertreibt er Autos von Mitsubishi. Rein äußerlich ist das für den Kunden daran zu erkennen, dass neben der Halle mit den Fiat-Modellen eine zweite für die japanische Marke steht. Eine nicht alltägliche Kombination, denn in der Regel vertreibt ein Händler auch nur eine Automarke und nicht zwei. Die Autohersteller legen auf diese Markenexklusivität auch großen Wert. Deshalb muss Günter Bartels auch gewisse Vorgaben einhalten - etwa die Aufteilung des Neuwagen-Verkaufs auf zwei getrennte Ausstellungsräume und zwei rechtlich von einander getrennte Firmen.

    Doch auch Günter Bartels macht sich trotz der starken Stellung auf seinem lokalen Markt im mittleren und nördlichen Emsland dicht an der Grenze zu den Niederlanden gewisse Sorgen. Denn Eu-weit bahnen sich Änderungen im Kraftfahrzeughandel an: "Freie Fahrt für Verbraucher" - unter diesem Motto hat EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti im Februar sein Konzept vorgestellt, das den 200 Mio. Autobesitzern in der EU rosige Zeiten verspricht: Mehr Wettbewerb zwischen den Händlern soll die Autopreise purzeln lassen, und Reparaturen oder Wartungsarbeiten sollen ebenfalls billiger werden. Aus Sicht der Autohändler und noch mehr aus Sicht der Autoindustrie ein Schreckgespenst. Und dieses Schreckgespenst hat einen Namen: Gruppenfreistellungsverordnung oder kurz: GVO

    Das ist in der Tat Brüsseler Jargon.

    .....schmunzelt Michael Tscherny, der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti, um es dann auf den Punkt zu bringen:

    Wir haben ja europäische Wettbewerbsregeln, die vorsehen, dass Abmachungen zwischen Unternehmen - beispielsweise ein Hersteller mit seinem Händlernetz - diesen Wettbewerbsregeln unterliegen und solche Abmachungen verboten sind, wenn sie den Wettbewerb einschränken. Nun ist ja genau das Ziel solcher Vereinbarungen die Einschränkung des Wettbewerbs, denn wenn ein Hersteller sagt, ich vertreibe meine Produkte nur über ein von mir ausgewähltes Händlernetz, dann beschränkt das den Wettbewerb. Solche Abmachungen müssen von der Kommission genehmigt werden, entweder in Einzelfällen oder wir machen das gewissermaßen en bloc für einen ganzen Sektor, und genau das machen wir für die Autoindustrie im Rahmen einer sogenannten Gruppenfreistellung.

    Für die Autohersteller heißt das konkret: Die Gruppenfreistellungsverordnung von 1995 gibt ihnen das Recht, ihre Wagen nur über die exklusiven Händlernetze zu vertreiben und die Märkte aufzuteilen. Händler wie Günter Bartels genießen so Gebietsschutz. Zwischen Meppen und Papenburg im Emsland beispielsweise darf kein anderer Fiat-Händler als Günter Bartels Autos dieser italienischen Marke verkaufen oder dafür werben. Umgekehrt muss sich Günter Bartels im benachbarten Cloppenburg, in Lingen oder im ostfriesischen Leer zurückhalten und darf dort in punkto Neuwagenverkauf nicht aktiv werden.

    Durch die Gruppenfreistellungsverordnung wird der Wettbewerb zwischen den Händlern einer Marke also mit dem Segen der Brüsseler Wettbewerbshüter bewusst ausgeschaltet. Gerechtfertig wurde dieses Privileg der Autoindustrie bislang vor allem mit dem Argument des Verbraucherschutzes. Autos seien hochtechnische Produkte, die nur über qualifizierte Händler- und Servicenetze verkauft und gewartet werden könnten, um so die Betriebssicherheit sicher zu stellen.

    Soweit die Theorie. Die Praxis sieht jedoch ganz anders aus und deshalb wird die EU-Kommission Mitte des Monats eine neue Gruppenfreistellungsverordnung verabschieden, die am 1. Oktober die jetzt gültige ablöst. Denn die Autoindustrie hat das ihr eingeräumte Privileg missbraucht, ihre Wagen nur über exklusive Händlernetze zu vertreiben:

    Schlecht sind diese Erfahrungen und ich glaube, die Verbraucher können das bestätigen. ... Wir haben festgestellt, das mehrere Hersteller in der Vergangenheit versucht haben - z.B. Daimler-Chrysler, Opel und auch VW - Verkäufe über die Grenzen hinweg zu behindern. Man hat also diesen europäischen Binnenmarkt, von dem der Verbraucher eigentlich profitieren sollte, versucht einzuschränken, dafür sind diese Konzerne dann auch mit hohen Bußgeldern belegt worden.

    Daimler-Chrysler: 72 Mio. Euro... VW: 121 Mio. Euro Opel: 43 Mio. Euro

    Zusammen 236 Mio. Euro für immer das gleiche Vergehen: Den Verbraucher daran zu hindern, den europäischen Binnenmarkt auszunutzen und ihren neuen Opel, VW oder Mercedes nicht im Hochpreisland Deutschland zu kaufen, sondern dort, wo er am billigsten ist - einen Opel in den Niederlanden, einen VW in Italien oder einen Mercedes in Belgien. Mittel zum Zweck waren immer die exklusiven Händlernetze. Über diese sorgten die Autokonzerne dafür, dass deutsche Kunden von italienischen oder niederländischen Händlern beim Autokauf abgewiesen wurden, um so das hohe Preisniveau in Deutschland zu halten. Wer sich nicht daran hielt, dem wurde mit der Kündigung als Vertragshändler gedroht oder mit der Kürzung seines Neuwagen-Kontingents. Manchmal wurden Hinweise gleich mitgeliefert, wie die ausländischen Autokäufer zu vergraulen seien - etwa mit der Forderung nach einer Anzahlung von 15 Prozent des Kaufpreises, die heimische Kunden nicht zu zahlen brauchten.

    Möglich war dies nur, weil die Hersteller aufgrund ihrer Händlerverträge die Autohäuser eng an sich binden können. Von einem Knechtschaftsverhältnis, in dem die Autohändler zu ihren Herstellern stehen, spricht deshalb auch Hartmut Röhl, der Präsident des Gesamtverbandes Autoteile-Handel. Hartmut Röhl leitet auch den europäischen Dachverband der freien Autoteile-Händler und fast schon nebenbei seinen eigenen Großhandel in Mönchengladbach. Um zu verstehen, was er mit Knechtschaft meint, packt er in seinem Lager im wahrsten Sinne des Wortes aus:

    Ich habe hier einen Scheinwerfer genommen für einen Opel Vectra B vom Hersteller Valeo, Valeo ist der weltweit größte Hersteller von Beleuchtungsanlagen und der weltweit größte Erstausrüstungslieferant. Dieser Scheinwerfer sieht nicht nur genau so aus, sondern er ist genau das gleiche, was sie bei der Vertragswerkstatt beziehen würden. Nur der Karton - da stünde nicht Valeo drauf, sondern Opel. Das heißt: Das würde dann von Opel als Handelsware verpackt. Dieser Scheinwerfer würde bei uns nach Listenpreis für den Verbraucher 109,90 Euro kosten, und bei Opel wäre derzeit gültige Listenpreis 129,84 Euro.

    20 Euro Preisunterschied, nur weil auf der Verpackung des Ersatz-Scheinwerfers "Opel" und nicht "Valeo" steht. Und das feine Gespinst, in das die Autohersteller ihre Vertragshändler einbinden, sorgt auch bei den Ersatzteilen dafür, dass der Kunde häufig mehr zahlen muss als nötig.

    Natürlich haben die Vertragshändler eine ausgemachte Scheu, ihre jeweilige Situation dokumentationsfähig darzulegen, ... aber aus privaten Gesprächen mit unseren Kunden wissen wir, dass zum Beispiel die Auslieferung eines besonders gefragten Sondermodells in der benötigten Stückzahl davon abhängig gemacht wird, ob der Händler auch ausreichend Ersatzteile gekauft hat in der Vergangenheit. Es gibt eine Reihe von sehr subtilen Möglichkeiten, die die Hersteller nutzen um ihre Händler dort ganz stramm an die Kandare zu nehmen.

    Genau das will EU-Kommissar Mario Monti mit der neuen Gruppenfreistellungsverordnung aufbrechen. Sein Sprecher Michael Tscherny:

    Wesentlichstes Ziel ist, dass wir diesen Bereich des Neuwagenverkaufs, aber auch der Wartung und des Services, das ist ganz wichtig, mehr der Konkurrenz öffnen. Gegenwärtig ist es so, das hier die Hersteller breite Möglichkeiten haben, die Händler zu knebeln, dass beispielsweise die Hersteller von Ersatzteilen wenig Möglichkeiten haben, diese auch an den Kunden zu bringen, und dass all diese Wettbewerbsbehinderungen, die wir kennen und die wir teilweise auch sanktioniert haben, dazu führen, dass der Verbraucher nicht die Auswahl und auch nicht die Preise hat, die er haben könnte, wenn wir mehr Wettbewerb hätten. Das ist das Grundziel, und das soll mit der neuen GVO für die nächsten 10 Jahre erreicht werden.

    Für frischen Wind im Autohandel will die EU-Kommission zunächst durch eine Trennung von Service und Vertrieb sorgen: Autohändler können sich also auf den Verkauf konzentrieren und Wartungs- und Reparaturdienste einem anderen Händler mit Werkstatt oder auch einer markenunabhängigen Werkstatt überlassen, sofern die Qualitätsstandards der Hersteller erfüllt werden. Diese wiederum dürfen die Zahl der für ihre Marke zugelassenen Werkstätten nicht begrenzen und diesen auch nicht die Reparatur anderer Automarken verbieten. Außerdem müssen diese markenunabhängigen Werkstätten Zugang zu allen Werkzeugen, Ersatzteilen und - was immer wichtiger wird - Zugang zu allen technischen Informationen wie etwa der Software erhalten, mit der die Bordelektronik im Auto nach einer Reparatur wieder neu eingestellt wird. Ohne diese Informationen stehen die unabhängigen Werkstätten auch im Regen. Denn dem von einer wildgewordenen Bordelektronik genervten Autofahrer bliebe sonst selbst bei einer einfachen Panne nichts anderes übrig als doch zur - meistens teureren - Vertragswerkstatt zu fahren, so der Ersatzteil-Großhändler Hartmut Röhl:

    Es kann ihm passieren, das er mit einem modernen Fahrzeug einfach nur eine Schlusslichtbirne will, und dass ihm dann die Tankstelle sagt, es tut mir leid, ich könnte zwar die Birne einsetzen, aber anschließend wirst du immer noch ein Fehlersignal auf dem Armaturenbrett haben, die Rückstellung dieses Signals kann dir nur die Vertragswerkstatt besorgen, und dann muss der Autofahrer zur Vertragswerkstatt. Oder er kann ganz einfach nur Reifen wechseln wollen von Winter- auf Sommerreifen, und stellt dann fest, das er leider das auch bei einem noch so qualifizierten Reifenhändler nicht mehr kann, weil er ein Reifendruck-Kontrollsystem eingebaut hat, welches ausschließlich vom Vertragsbetrieb des Hersteller gewartet werden kann und welches ausschließlich dann auch nur einen Reifenwechsel vornehmen kann.

    Gegen diese Öffnung des sogenannten after-sales-Service für freie Werkstätten laufen die Autohersteller jedoch Sturm. Sie wollen die ihrer Meinung bewährte, aber eben auch teure Kompetenzkette vom Hersteller über die Vertragswerkstatt zum Kunden beibehalten. Doch sie stehen damit auf verlorenem Posten. Das gilt wohl auch für ihre strikte Ablehnung des sogenannten Mehrmarkenvertriebs, die ebenfalls den Wettbewerb zugunsten beleben soll.

    Autohändler können künftig viel leichter als bisher sogar bis zu drei Marken anbieten - und das auch noch unter einem Dach, sofern die Marken in verschiedenen Teilen desselben Schauraums ausgestellt werden. Sie sollen nicht mehr wie Günter Bartels im emsländischen Sögel gezwungen sein, getrennte Firmen und Ausstellungsräume vorzuhalten sowie auf den Verkauf der jeweiligen Marke spezialisiertes Personal einzustellen. Ein Ansinnen, dass nicht nur die deutsche Automobilindustrie strikt ablehnt, so ihr Verbandspräsident Bernd Gottschalk:

    Die Markenexklusivität ist für unsere Produkte ungemein wichtig, das ist Kernelement unserer gesamten Strategie, und wir halten es nicht für richtig, dass man es nun den Trittbrettfahrer ermöglicht, eine Vermischung der Marken vorzunehmen. Sondern wir sind der Auffassung getrennte Schauräume, getrennte markenspezifisch ausgebildete Verkäufer, die geschult sind, die erwartet der Kunde, und nicht irgendein Sammelsurium, dass er unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ins Autohaus geholt wird und zum Schluss mit irgendeinem anderen Produkt bedient wird, worüber aber der Verkäufer nicht einmal richtig Auskunft geben kann.

    Mit anderen Worten: Der Kunde kommt mit Wunsch, einen Mercedes zu kaufen, ins Autohaus hinein und mit einer Bestellung für einen VW wieder heraus. Michael Tscherny, der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Monti, kontert süffisant:

    Der Verbraucher ist ja ein mündiger Verbraucher, davon gehen wir mal aus, und wird auch in Zukunft einen Mercedes von einem Volkswagen unterschieden können. ... Ich glaube, die Unterschiede zwischen den Marken und die Möglichkeiten der Hersteller, diese Unterschiede herauszustellen, bleiben ja erhalten, und es wird hier keine Verwechslungsmöglichkeit geben.

    Dreh- und Angelpunkt und damit am heißesten umstritten ist jedoch die dritte wesentliche Neuerung für den Autohandel, die Abschaffung der sogenannten Niederlassungsklausel. Danach können Händler künftig auch Verkaufsstellen außerhalb der ihnen bisher zugewiesenen lokalen oder regionalen Vertriebsgebiete eröffnen. Im Inland ebenso wie in einem anderen EU-Staat. Ein deutscher Händler aus dem Ruhrgebiet kann also eine Zweigniederlassung im Sauerland eröffnen und ein holländischer eine Filiale in Deutschland. Sie dürfen auch außerhalb der ihnen bisher zugewiesenen Vertriebsgebiete aktiv werben und Kunden direkt etwa per e-Mail ansprechen. Die Kunden sollen so die teilweise erheblichen Preisunterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten besser ausnutzen können und so dafür sorgen, dass die Autopreise unter Druck geraten, so Michael Tscherny:

    Dadurch dass wir die Möglichkeiten für die Hersteller entfernen, diese Aufteilung für die nationalen Märkte weiterhin zu fahren, wird das natürlich Druck ausüben auf eine gewisse Vereinheitlichung der Preise. Das wird nicht über Nacht geschehen, aber wir erwarten uns dadurch einen Effekt auf die Preise, und zwar nicht durch eine Vereinheitlichung nach oben, oder auf die Mitte, sondern auf längere Sicht einen Druck auch nach unten.

    Doch genau dazu, also sinkenden Autopreisen, wird es nicht kommen, so Bernd Gottschalk, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie:

    Wenn EU-Kommissar Monti allerdings den Verbrauchern Glauben macht, die Autopreise in Europa auf breiter Front absenken zu können, so ist das nichts anderes als eine Chimäre, ein Versprechen, das einzulösen niemand in der Lage sein dürfte. Diese Erwartung wird wie eine Seifenblase platzen.

    ... und zwar weil die Autohersteller ihre Preispolitik ändern werden. Denn in EU-Staaten wie Dänemark oder den Niederlanden werden beim Autokauf neben der Mehrwertsteuer saftige Luxussteuern von teilweise bis zu 200 Prozent fällig. Damit Neuwagen für Dänen oder Niederländer aber nicht völlig unerschwinglich werden, senken die Autohersteller ihre Vorsteuerpreise für die Händler ab. Ein holländischer Fiat-Händler bekommt seine Wagen von Fiat also deutlich billiger als beispielsweise Günter Bartels im benachbarten Emsland:

    Sehen Sie: Wenn ich in Holland einen Fiat Stilo Active kaufe, kostet dieses Fahrzeug 11 774 Euro, durch die Umstellung auf Euro ist es für einen Kunden natürlich einfacher, die Preise zu vergleichen. Das gleiche Fahrzeug kostet bei uns ohne Mw-Steuer 13 800 Euro. Sie sehen da einen erheblichen Preisunterschied.

    Wohlgemerkt bei den Händlereinkaufspreisen! Und damit kann ein holländischer Fiat-Händler Günter Bartels höchst unangenehm Konkurrenz machen. Denn die in den Niederlanden fällige Luxussteuer müssen nur niederländische Kunden bezahlen. Deutsche Autokäufer hingegen können den Wagen zum Nettopreis von 11 774 Euro kaufen und müssen bei der Einfuhr nach Deutschland dann nur die deutsche Mehrwertsteuer nachentrichten. Der jenseits der Grenze gekaufte Fiat Stilo kostet dann mit der deutschen Mehrwertsteuer 13 657 Euro, der Listenpreis bei Günter Bartels lautet dagegen auf 14 900 Euro - fast 1 300 Euro mehr.

    So verlangt Günter Bartels denn auch, dass die Autohersteller ihre Preise auf europäischer Ebene angleichen, damit in den Niederlanden günstig gekaufte Fiats das Geschäft in Deutschland nicht verderben. Fiats und VWs werden in Deutschland also nicht billiger, sondern in den Niederlanden oder Dänemark teurer, prophezeit VDA-Präsident Bernd Gottschalk:

    Es wird eine Vorsteuer-Preisangleichung in Europa geben, die wird Zug um Zug umgesetzt, und ich habe überhaupt keine Bedenken vorauszusagen, dass es innerhalb weniger Jahre kaum noch Vorsteuer-Preis-Unterschiede geben wird.

    Tatsächlich haben Hersteller wie Porsche schon längst europaweit einheitliche Preise und nehmen keine Rücksicht mehr auf Kunden, die unter den hohen Luxussteuern in kleineren Ländern wie Dänemark oder den Niederlanden ächzen. Auch Mercedes oder BMW versuchen, zumindest für ihre Spitzenmodelle europaweit die Vorsteuerpreise auf das hohe deutsche Niveau anzuheben. Fraglich ist jedoch, ob das auch den Massenherstellern wie VW, Opel, Ford, Fiat oder Renault gelingt. Voraussetzung wäre, dass alle Hersteller geschlossen auf diese neue Preispolitik einschwenken, so Michael Tscherny:

    Denn ein Ford Fiesta in Dänemark wird weiterhin in Konkurrenz stehen zu einem VW Polo und zu anderen Marken. Also Preiserhöhungen wird es nur geben, wenn alle Hersteller es parallel machen und das auch durchhalten. Das ist schon mal ein großes Fragezeichen und man könnte dann ja auch vermuten, dass es Absprachen gibt oder Kartelle, wenn sich so etwas durchhalten ließe.

    Deshalb wird die EU-Kommission die Preispolitik der Hersteller genau beobachten. Vor allem in den kommenden zwei Jahren. Denn das einzige Zugeständnis, dass die Autohersteller Mario Monti abringen konnten, besteht darin, dass die Niederlassungsfreiheit für Autohändler nicht schon zum 1. Oktober dieses Jahres, sondern erst mit zwei Jahren Verzögerung in Kraft tritt. Solange können sich Händler und Hersteller also auf die neuen Regeln beim Neuwagenvertrieb einstellen. Und diese Zeit soll erklärtermaßen für eine Angleichung der Vorsteuerpreise genutzt werden. Ob diese Preise bis dahin aber tatsächlich EU-weit auf das hohe deutsche Niveau angehoben werden konnten - das wird der Kunde entscheiden.