Die Stimmung in "Les 3000" ist angespannt. Zu dicht leben die rund 24.000 Menschen, meist afrikanischer Abstammung, hier zusammen. Knapp die Hälfte davon sind unter 20 Jahre alt. Ein Protest- und Gewaltpotential, das sich aus der Perspektivlosigkeit speist. Viele haben eine schlechte oder gar keine Ausbildung, sind verarmt. Kaum jemand hat die Chance hier je wieder heraus zu kommen.
Um die Siedlung zu befrieden, soll sich die Polizei künftig besonders präsent zeigen. Deshalb wurde die Besetzung des Kommissariats kürzlich erhöht. Tagsüber sind zehn Beamte auf Streife, nachts fahren stets drei Polizisten in Zivil Patrouille. An der Ausstattung hat sich jedoch nichts geändert. Sie ist immer noch schlecht. Nur ein Polizeiauto ist einsatzbereit, die drei anderen sind mal wieder in der Werkstatt.
Ich nehme meinen Helm mit. Für den Fall, dass wir das Auto verlassen müssen und mit Steinen beworfen werden.
Die junge Frau ist klein und zierlich, nur der Oberkörper wirkt unförmig. Das liegt an der kugelsicheren Weste, die sie unter dem dunkelblauen Wollpullover mit dem Polizeiabzeichen trägt. Am Gürtel hängen schwarze Lederhandschuhe, Handschellen, ein Schlagstock und der Revolver, Magnum 367. In der Hand hält sie das Funkgerät. Die Polizistin geht zum Auto. Am Steuer und auf der Rückbank sitzen zwei männliche Kollegen.
Jetzt melden wir uns an, damit die Leitzentrale weiß, wo wir sind, falls uns was passiert.
Nervös fingert die Polizistin am Funkgerät, stellt es lauter. Der Funkverkehr, sagt sie, kann Leben retten, das eigene oder das der Kollegen. Vom Beifahrersitz aus beobachtet sie die Menschen auf Straße und Bürgersteig. Ihren Namen möchte die Beamtin nicht nennen. Um zu verhindern, dass sie ihn hier im Viertel als Graffiti wieder findet, zusammen mit Drohungen oder Beleidigungen.
Wir fahren durch Straßen, wo oft was los ist. Wo sich die Jugendlichen versammeln. Hier zum Beispiel, die Rue Paul Cezanne. Das ist ein Sektor, in dem es für uns schwierig ist, einzugreifen. Da können wir in kürzester Zeit von 30 Individuen umringt werden. Es ist eine Einbahnstraße, da können wir nicht umdrehen. Schauen Sie, die Türme rundherum. Wir sind eingekreist. Wenn sie uns angreifen und wir schnell abhauen müssen, wird es brenzlig.
Die Straße ist eng. Sie führt in Kurven an überfüllten Parkplätzen vorbei. Links und rechts liegen die Wohnblöcke. Sie sind nicht sehr hoch, sechs Stockwerke, dafür scheinbar endlos und alle gleich: 24 Fenster, ein Mauervorsprung, 24 Fenster, ein Mauervorsprung. Der gelbliche Putz blättert ab. Eine eintönige Gegend. Ob sich die Polizistin bedroht fühlt?
Nein, sagt die junge Frau wie aus der Pistole geschossen, so als ob sie die Frage gar nicht erst bedenken wollte. Sie fühlt sich nicht bedroht. Immerhin arbeitet sie freiwillig in diesem Problemviertel.
Vor zweieinhalb Jahren hat sie die Polizeischule beendet. Danach hat sie im Hauptkommissariat von Aulnay Anzeigen aufgenommen. Dann wechselte sie auf eigenen Wunsch in die Polizeiwache "Aulnay 3.000". Dort gehört die 28Jährige bereits zu den erfahrenen Beamten, leitet Patrouillen. Die Kollegen im Auto sind noch in der Probezeit. Sie haben die Polizeischule erst vor 6 Monaten verlassen.
Ich habe mir Aulnay ausgesucht. Ich habe die Polizeischule mit einer guten Note verlassen und wollte einen Ort, wo man richtig arbeitet. Hier gibt es viel zu tun, man langweilt sich nicht. Das ist mir recht.
Die Kollegen stimmen zu. Alle haben sich den Posten in der Siedlung selbst ausgesucht. Denn in "La Rose des Vents" lernen sie ihren Beruf schneller als in der Provinz. Da steigt auch mal der Adrenalinspiegel. Die beiden Männer im Streifenwagen mögen das. Außerdem ist das Viertel ein Sprungbrett für die weitere Karriere. Wer es hier ein paar Jahre ausgehalten hat, kommt gut weiter. Die junge Frau braucht keinen Kick. Sie fühlt, dass sie hier gebraucht wird.
Es ist früher Nachmittag. Frauen mit Kinderwagen schleppen ihre Einkäufe nach Hause. Eine Frau ist völlig verhüllt in einer schwarzen Burka. Drei Männer beugen sich über den Motor eines Autos. Hier und da stehen Jugendliche untätig vor den Hauseingängen, blicken dem Polizeiauto nach. Alles ist ruhig.
Manche Bewohner sagen uns, dass es sie beruhigt, wenn sie uns im Viertel sehen. Leute, denen man das Auto zerstört oder angezündet hat, ehrliche Bürger, die zur Arbeit gehen. Es gibt sogar Jugendliche, die die Schnauze voll haben, von dem, was ihre Kumpel so anstellen. Für diese Menschen sind wir da, die brauchen uns. Hier leben ja nicht nur junge Leute, die sich dem Gesetz widersetzen.
Während der Streifenwagen seine Runden dreht, zieht ein großer, kräftiger Polizist mit drei Kollegen zu Fuß durch die Straßen. Er trägt keinen Helm, nur die blaue Uniformmütze in Form eines Schiffchens. Er hat auch nichts dagegen, seinen Vornamen zu nennen, sofern der im Viertel nicht die Runde macht. Jean-Marie sagt offen, was er denkt.
Das ist ein Viertel, das ich nicht mag. Die Bevölkerung ist feindselig. Bei diesen Leuten fühlt man sich nicht wohl.
Auch er ist aus freien Stücken in dieser Zone, wie er sagt, um seinen Beruf gründlich zu erlernen. Mit seinen 30 Jahren ist Jean-Marie einer der Ältesten auf der Polizeiwache "Aulnay 3.000", ein Dinosaurier, sagen die Kollegen. Neben der üblichen Bewaffnung hat er noch eine Sprühdose mit Tränengas dabei.
Hier zum Beispiel, die Rue Bailly de Suffren, das ist eine rechtlose Zone. Die Jugendlichen sagen uns, dass wir nicht das Recht haben, durch diese Straße zu gehen. Hier wird gedealt und mit gestohlenen Autos gehandelt… Sie nennen das die KDF-Zonen, KDF für Killeurs de Flics, Bullenmörder. Die mögen uns hier nicht.
Jean-Marie kommt aus Guadeloupe, er hat eine dunkle Haut. Manchmal erleichtert ihm das die Verständigung mit den Jungs aus dem Viertel. Doch meistens sehen die nur die Uniform. Schwierige Jugendliche kennt er auch von zuhause. Trotzdem hat er in der Pariser Vorstadt eine neue Erfahrung gemacht: Dass ganz hart gesottene Jugendliche sogar handgreiflich werden. Dabei ist es nur eine kleine Minderheit von 50 bis 100 jungen Leuten, die die Spannungen in der Cité schüren.
Das Viertel belebt sich. Überall Menschen: Kinder, Jugendliche, junge Männer. Nur die Frauen und Mädchen sind zielstrebig, sie stehen nicht herum wie die anderen. In der Ferne brüllt jemand eine Beschimpfung. Die Polizisten drehen sich nicht um. Sie wissen auch so, dass sie gemeint sind.
Vorhin, auf dem Jupiter-Platz, da haben sie uns Polypen gerufen. Die passen uns ab, gucken, wie wir reagieren. Die spielen Katz und Maus. Wenn wir ihnen nachlaufen würden, nähme das kein Ende. Strafen für Beamten-Beleidigung könnten wir hier jeden Tag vergeben. Es ist völlig sinnlos, sich darüber aufzuregen, wir müssen die Lage eher beruhigen. Da, hören Sie? Die rufen Bulle. Aber von weit weg, die amüsieren sich, da, noch mal…
Im Vorbeigehen werfen die Polizisten einen Blick in die Hauseingänge. Seit kurzem gilt ein Gesetz, wonach Herumlungern in Treppenhäusern verboten ist. Sobald sich dort zwei oder mehr Jugendliche aufhalten, können sie einschreiten und die Papiere kontrollieren. Sie wissen, dass sich die Jugendlichen dadurch provoziert fühlen. Vor allem bei Regen treffen sie sich oft in den Eingängen. An diesem schönen Nachmittag halten sich die jungen Leute aber vorwiegend im Freien auf.
Geradezu reflexartig schauen die Polizisten nach oben, checken Fenster und Hausdächer ab. Obwohl es wenig nutzt. Auch heute landet wieder ein Stein auf ihrem Weg, faustgroß. Um einen Meter hat er die Beamten verfehlt.
Rose des Vents wurde Opfer eines Steinwurfs in der Höhe der Nummer 23 rue Paul Cézanne, Steinwurf, kein Verletzter bei uns. - Es sind Individuen zu sehen, aber wir kennen den Täter nicht. - Wir nehmen den Streifengang wieder auf. Wir verlassen den Sektor jetzt. - Da, sehen Sie? Ich lüge nicht, wenn ich sage, dass wir mit Steinen beworfen werden.
Ein Auto biegt um die Ecke, bremst an der Kreuzung zur Nationalstraße. Am Steuer sitzt ein Jugendlicher. Jean-Marie kennt den jungen Mann. Er sprintet zum Wagen. Du hast doch keinen Führerschein, sagt er. Wem gehört denn dieses Auto? Der Fahrer ist erst 17. Er zeigt auf seinen Nebenmann: der da hat den Führerschein.
So trifft man sich wieder! Haben Sie einen Führerschein, Monsieur? Sicher?
Die Jungen protestieren: sie sind doch nur ein paar Meter gerollt, eine Bagatelle. Widerwillig steigen sie aus, zeigen ihre Papiere. Jean-Marie streift die schwarzen Handschuhe über, tastet sie ab. Keine Drogen, fragt er?
Von überall kommen junge Leute angelaufen, scharen sich um die Gruppe. Die Polizisten telefonieren mit der Leitzentrale, fordern Verstärkung an. Jean-Marie will die Gaffer zerstreuen – es gelingt ihm nicht. Den Jungen will er mitnehmen auf die Polizeiwache. Die beiden Autofahrer schimpfen, fluchen, drohen, provozieren.
Hört ihr, was er gesagt hat? Er sagt, dass er Haschisch hat und weiß, wo welches versteckt ist.
Endlich sind die Kollegen mit dem Polizeiauto da. Sie legen dem minderjährigen Fahrer Handschellen an, nehmen ihn mit. Wutschäumend steigt der Freund wieder ins Auto, rast davon. Die umstehenden Jungs schauen wortlos zu. Sie haben sich nicht stark gemacht für ihren Kumpel. Es ist gut gegangen.
Jean-Marie fährt aufs Kommissariat, um den Vorfall zu Protokoll zu geben. Seine Kollegen gehen zurück zur Wache. Für sie geht ein ganz normaler Arbeitstag zu Ende. Um 21 Uhr übernimmt die Anti-Kriminalitätsbrigade den Sektor.
Um die Siedlung zu befrieden, soll sich die Polizei künftig besonders präsent zeigen. Deshalb wurde die Besetzung des Kommissariats kürzlich erhöht. Tagsüber sind zehn Beamte auf Streife, nachts fahren stets drei Polizisten in Zivil Patrouille. An der Ausstattung hat sich jedoch nichts geändert. Sie ist immer noch schlecht. Nur ein Polizeiauto ist einsatzbereit, die drei anderen sind mal wieder in der Werkstatt.
Ich nehme meinen Helm mit. Für den Fall, dass wir das Auto verlassen müssen und mit Steinen beworfen werden.
Die junge Frau ist klein und zierlich, nur der Oberkörper wirkt unförmig. Das liegt an der kugelsicheren Weste, die sie unter dem dunkelblauen Wollpullover mit dem Polizeiabzeichen trägt. Am Gürtel hängen schwarze Lederhandschuhe, Handschellen, ein Schlagstock und der Revolver, Magnum 367. In der Hand hält sie das Funkgerät. Die Polizistin geht zum Auto. Am Steuer und auf der Rückbank sitzen zwei männliche Kollegen.
Jetzt melden wir uns an, damit die Leitzentrale weiß, wo wir sind, falls uns was passiert.
Nervös fingert die Polizistin am Funkgerät, stellt es lauter. Der Funkverkehr, sagt sie, kann Leben retten, das eigene oder das der Kollegen. Vom Beifahrersitz aus beobachtet sie die Menschen auf Straße und Bürgersteig. Ihren Namen möchte die Beamtin nicht nennen. Um zu verhindern, dass sie ihn hier im Viertel als Graffiti wieder findet, zusammen mit Drohungen oder Beleidigungen.
Wir fahren durch Straßen, wo oft was los ist. Wo sich die Jugendlichen versammeln. Hier zum Beispiel, die Rue Paul Cezanne. Das ist ein Sektor, in dem es für uns schwierig ist, einzugreifen. Da können wir in kürzester Zeit von 30 Individuen umringt werden. Es ist eine Einbahnstraße, da können wir nicht umdrehen. Schauen Sie, die Türme rundherum. Wir sind eingekreist. Wenn sie uns angreifen und wir schnell abhauen müssen, wird es brenzlig.
Die Straße ist eng. Sie führt in Kurven an überfüllten Parkplätzen vorbei. Links und rechts liegen die Wohnblöcke. Sie sind nicht sehr hoch, sechs Stockwerke, dafür scheinbar endlos und alle gleich: 24 Fenster, ein Mauervorsprung, 24 Fenster, ein Mauervorsprung. Der gelbliche Putz blättert ab. Eine eintönige Gegend. Ob sich die Polizistin bedroht fühlt?
Nein, sagt die junge Frau wie aus der Pistole geschossen, so als ob sie die Frage gar nicht erst bedenken wollte. Sie fühlt sich nicht bedroht. Immerhin arbeitet sie freiwillig in diesem Problemviertel.
Vor zweieinhalb Jahren hat sie die Polizeischule beendet. Danach hat sie im Hauptkommissariat von Aulnay Anzeigen aufgenommen. Dann wechselte sie auf eigenen Wunsch in die Polizeiwache "Aulnay 3.000". Dort gehört die 28Jährige bereits zu den erfahrenen Beamten, leitet Patrouillen. Die Kollegen im Auto sind noch in der Probezeit. Sie haben die Polizeischule erst vor 6 Monaten verlassen.
Ich habe mir Aulnay ausgesucht. Ich habe die Polizeischule mit einer guten Note verlassen und wollte einen Ort, wo man richtig arbeitet. Hier gibt es viel zu tun, man langweilt sich nicht. Das ist mir recht.
Die Kollegen stimmen zu. Alle haben sich den Posten in der Siedlung selbst ausgesucht. Denn in "La Rose des Vents" lernen sie ihren Beruf schneller als in der Provinz. Da steigt auch mal der Adrenalinspiegel. Die beiden Männer im Streifenwagen mögen das. Außerdem ist das Viertel ein Sprungbrett für die weitere Karriere. Wer es hier ein paar Jahre ausgehalten hat, kommt gut weiter. Die junge Frau braucht keinen Kick. Sie fühlt, dass sie hier gebraucht wird.
Es ist früher Nachmittag. Frauen mit Kinderwagen schleppen ihre Einkäufe nach Hause. Eine Frau ist völlig verhüllt in einer schwarzen Burka. Drei Männer beugen sich über den Motor eines Autos. Hier und da stehen Jugendliche untätig vor den Hauseingängen, blicken dem Polizeiauto nach. Alles ist ruhig.
Manche Bewohner sagen uns, dass es sie beruhigt, wenn sie uns im Viertel sehen. Leute, denen man das Auto zerstört oder angezündet hat, ehrliche Bürger, die zur Arbeit gehen. Es gibt sogar Jugendliche, die die Schnauze voll haben, von dem, was ihre Kumpel so anstellen. Für diese Menschen sind wir da, die brauchen uns. Hier leben ja nicht nur junge Leute, die sich dem Gesetz widersetzen.
Während der Streifenwagen seine Runden dreht, zieht ein großer, kräftiger Polizist mit drei Kollegen zu Fuß durch die Straßen. Er trägt keinen Helm, nur die blaue Uniformmütze in Form eines Schiffchens. Er hat auch nichts dagegen, seinen Vornamen zu nennen, sofern der im Viertel nicht die Runde macht. Jean-Marie sagt offen, was er denkt.
Das ist ein Viertel, das ich nicht mag. Die Bevölkerung ist feindselig. Bei diesen Leuten fühlt man sich nicht wohl.
Auch er ist aus freien Stücken in dieser Zone, wie er sagt, um seinen Beruf gründlich zu erlernen. Mit seinen 30 Jahren ist Jean-Marie einer der Ältesten auf der Polizeiwache "Aulnay 3.000", ein Dinosaurier, sagen die Kollegen. Neben der üblichen Bewaffnung hat er noch eine Sprühdose mit Tränengas dabei.
Hier zum Beispiel, die Rue Bailly de Suffren, das ist eine rechtlose Zone. Die Jugendlichen sagen uns, dass wir nicht das Recht haben, durch diese Straße zu gehen. Hier wird gedealt und mit gestohlenen Autos gehandelt… Sie nennen das die KDF-Zonen, KDF für Killeurs de Flics, Bullenmörder. Die mögen uns hier nicht.
Jean-Marie kommt aus Guadeloupe, er hat eine dunkle Haut. Manchmal erleichtert ihm das die Verständigung mit den Jungs aus dem Viertel. Doch meistens sehen die nur die Uniform. Schwierige Jugendliche kennt er auch von zuhause. Trotzdem hat er in der Pariser Vorstadt eine neue Erfahrung gemacht: Dass ganz hart gesottene Jugendliche sogar handgreiflich werden. Dabei ist es nur eine kleine Minderheit von 50 bis 100 jungen Leuten, die die Spannungen in der Cité schüren.
Das Viertel belebt sich. Überall Menschen: Kinder, Jugendliche, junge Männer. Nur die Frauen und Mädchen sind zielstrebig, sie stehen nicht herum wie die anderen. In der Ferne brüllt jemand eine Beschimpfung. Die Polizisten drehen sich nicht um. Sie wissen auch so, dass sie gemeint sind.
Vorhin, auf dem Jupiter-Platz, da haben sie uns Polypen gerufen. Die passen uns ab, gucken, wie wir reagieren. Die spielen Katz und Maus. Wenn wir ihnen nachlaufen würden, nähme das kein Ende. Strafen für Beamten-Beleidigung könnten wir hier jeden Tag vergeben. Es ist völlig sinnlos, sich darüber aufzuregen, wir müssen die Lage eher beruhigen. Da, hören Sie? Die rufen Bulle. Aber von weit weg, die amüsieren sich, da, noch mal…
Im Vorbeigehen werfen die Polizisten einen Blick in die Hauseingänge. Seit kurzem gilt ein Gesetz, wonach Herumlungern in Treppenhäusern verboten ist. Sobald sich dort zwei oder mehr Jugendliche aufhalten, können sie einschreiten und die Papiere kontrollieren. Sie wissen, dass sich die Jugendlichen dadurch provoziert fühlen. Vor allem bei Regen treffen sie sich oft in den Eingängen. An diesem schönen Nachmittag halten sich die jungen Leute aber vorwiegend im Freien auf.
Geradezu reflexartig schauen die Polizisten nach oben, checken Fenster und Hausdächer ab. Obwohl es wenig nutzt. Auch heute landet wieder ein Stein auf ihrem Weg, faustgroß. Um einen Meter hat er die Beamten verfehlt.
Rose des Vents wurde Opfer eines Steinwurfs in der Höhe der Nummer 23 rue Paul Cézanne, Steinwurf, kein Verletzter bei uns. - Es sind Individuen zu sehen, aber wir kennen den Täter nicht. - Wir nehmen den Streifengang wieder auf. Wir verlassen den Sektor jetzt. - Da, sehen Sie? Ich lüge nicht, wenn ich sage, dass wir mit Steinen beworfen werden.
Ein Auto biegt um die Ecke, bremst an der Kreuzung zur Nationalstraße. Am Steuer sitzt ein Jugendlicher. Jean-Marie kennt den jungen Mann. Er sprintet zum Wagen. Du hast doch keinen Führerschein, sagt er. Wem gehört denn dieses Auto? Der Fahrer ist erst 17. Er zeigt auf seinen Nebenmann: der da hat den Führerschein.
So trifft man sich wieder! Haben Sie einen Führerschein, Monsieur? Sicher?
Die Jungen protestieren: sie sind doch nur ein paar Meter gerollt, eine Bagatelle. Widerwillig steigen sie aus, zeigen ihre Papiere. Jean-Marie streift die schwarzen Handschuhe über, tastet sie ab. Keine Drogen, fragt er?
Von überall kommen junge Leute angelaufen, scharen sich um die Gruppe. Die Polizisten telefonieren mit der Leitzentrale, fordern Verstärkung an. Jean-Marie will die Gaffer zerstreuen – es gelingt ihm nicht. Den Jungen will er mitnehmen auf die Polizeiwache. Die beiden Autofahrer schimpfen, fluchen, drohen, provozieren.
Hört ihr, was er gesagt hat? Er sagt, dass er Haschisch hat und weiß, wo welches versteckt ist.
Endlich sind die Kollegen mit dem Polizeiauto da. Sie legen dem minderjährigen Fahrer Handschellen an, nehmen ihn mit. Wutschäumend steigt der Freund wieder ins Auto, rast davon. Die umstehenden Jungs schauen wortlos zu. Sie haben sich nicht stark gemacht für ihren Kumpel. Es ist gut gegangen.
Jean-Marie fährt aufs Kommissariat, um den Vorfall zu Protokoll zu geben. Seine Kollegen gehen zurück zur Wache. Für sie geht ein ganz normaler Arbeitstag zu Ende. Um 21 Uhr übernimmt die Anti-Kriminalitätsbrigade den Sektor.