Von Volker Mrasek
Er ist verblüffend, der Vorschlag der britischen und US-amerikanischen Meteorologen: Um unser Wetter besser vorhersagen zu können, sollte man sich von der Wetterschicht lösen. Raus aus dem Parterre, der bodennahen Troposphäre! Und rein ins zweite Stockwerk der irdischen Lufthülle! In die Stratosphäre, wo sich auch die Ozonschicht befindet. Das empfiehlt etwa US-Forscher Marc Baldwin, einer der Autoren der neuen Studie. Dabei gilt die praktisch wolkenfreie Stratosphäre bisher nicht unbedingt als Wetterküche:
Es klingt schon ein bisschen paradox. Was man schon lange weiß, ist, dass die Luftzirkulation in der Stratosphäre von unten beeinflusst wird. Durch starke Windströmungen, die aus der Troposphäre kommen und an Gebirgen nach oben abgelenkt werden. Aber dass es auch ein Feedback aus der Stratosphäre gibt, wie aus unseren Daten hervorgeht - das darf man schon als Überraschung ansehen!
Die Stratosphäre beginnt rund zehn Kilometer über der Erde. Das ist die typische Reisehöhe von Verkehrsflugzeugen. In diesen Sphären können Satelliten wichtige Wetter-Signale aufschnappen, wie Baldwin und seine Kollegen jetzt entdeckten:
Wir haben tägliche Beobachtungsdaten aus den letzten 45 Jahren ausgewertet. Dabei konzentrierten wir uns auf den Polarwirbel. Im Winter wehen in der Stratosphäre starke Winde von Westen nach Osten. Aus dem All betrachtet rotiert dann ein gigantischer, kalter Luftwirbel um den Pol. Die Strömung ist mal stärker und mal schwächer ausgeprägt. Wir konnten nun herausfinden: Verändert sich die Stärke des stratosphärischen Wirbels, dann ändert sich auch die Luftzirkulation an der Erdoberfläche, und zwar einen oder zwei Monate später.
Das sollte es erlauben, die Stratosphäre als Wetter-Vorboten zu nutzen, und zwar gerade für Mitteleuropa. Das Wetter hier ist vor allem im Winter stark geprägt von der sogenannten Nordatlantik-Oszillation. Dahinter verbirgt sich das Wechselspiel zwischen Azoren-Hoch und Island-Tief. Das System kennt zwei Grundzustände: Sind die Luftdruckunterschiede über dem Atlantik stark ausgeprägt, dringt feucht-warme Meeresluft von Westen nach Mitteleuropa vor. Sind sie nur schwach ausgeprägt, setzt sich dagegen kalte trockene Festlandsluft aus der Arktis bei uns durch. Genau diese Luftdruckschwankungen lassen sich offenbar schon Wochen vorher erkennen, in den Veränderungen des Nordpolarwirbels in der Stratosphäre. Das sei von Nutzen für die langfristige Wettervorhersage in Europa, meint David Stephenson, Klimatologe an der Universität Reading in England. Auch er zählt zum Autoren-Team:
Zur Zeit gibt es große Anstrengungen, die Saison-Vorhersage zu verbessern. Also, da gibt man keine Prognose für einen bestimmten Tag ab. Sagen wir: 'So und so wird das Wetter in 25 Tagen'. Sondern man versucht, eine Tendenz für einen ganzen Monat oder mehr anzugeben. Man spricht dann auch von 'langfristiger Wettervorhersage'. Und da kann man die großräumige Zirkulation der Stratosphäre nutzen, um auf Grundmuster des zukünftigen Wetters in der Troposphäre zu schließen.
Wem nutzt eine solche Zwei-Monats-Prognose? Zum Beispiel den Skitourismus-Regionen in den Alpen. Sie wüssten frühzeitig, worauf sie sich einstellen müssen: auf einen schneereichen oder eine schneearmen Winter. Auch für den Hochwasserschutz und die Versicherungswirtschaft ist eine solche Vorab-Information nützlich. Allerdings wird es wohl noch eine Weile dauern, bis die Wetterprognose routinemäßig mit Daten aus der Stratosphäre läuft. Einige Vorhersagemodelle versuchten das zwar schon, sagt Marc Baldwin. Doch ließen sie noch sehr zu wünschen übrig:
Er ist verblüffend, der Vorschlag der britischen und US-amerikanischen Meteorologen: Um unser Wetter besser vorhersagen zu können, sollte man sich von der Wetterschicht lösen. Raus aus dem Parterre, der bodennahen Troposphäre! Und rein ins zweite Stockwerk der irdischen Lufthülle! In die Stratosphäre, wo sich auch die Ozonschicht befindet. Das empfiehlt etwa US-Forscher Marc Baldwin, einer der Autoren der neuen Studie. Dabei gilt die praktisch wolkenfreie Stratosphäre bisher nicht unbedingt als Wetterküche:
Es klingt schon ein bisschen paradox. Was man schon lange weiß, ist, dass die Luftzirkulation in der Stratosphäre von unten beeinflusst wird. Durch starke Windströmungen, die aus der Troposphäre kommen und an Gebirgen nach oben abgelenkt werden. Aber dass es auch ein Feedback aus der Stratosphäre gibt, wie aus unseren Daten hervorgeht - das darf man schon als Überraschung ansehen!
Die Stratosphäre beginnt rund zehn Kilometer über der Erde. Das ist die typische Reisehöhe von Verkehrsflugzeugen. In diesen Sphären können Satelliten wichtige Wetter-Signale aufschnappen, wie Baldwin und seine Kollegen jetzt entdeckten:
Wir haben tägliche Beobachtungsdaten aus den letzten 45 Jahren ausgewertet. Dabei konzentrierten wir uns auf den Polarwirbel. Im Winter wehen in der Stratosphäre starke Winde von Westen nach Osten. Aus dem All betrachtet rotiert dann ein gigantischer, kalter Luftwirbel um den Pol. Die Strömung ist mal stärker und mal schwächer ausgeprägt. Wir konnten nun herausfinden: Verändert sich die Stärke des stratosphärischen Wirbels, dann ändert sich auch die Luftzirkulation an der Erdoberfläche, und zwar einen oder zwei Monate später.
Das sollte es erlauben, die Stratosphäre als Wetter-Vorboten zu nutzen, und zwar gerade für Mitteleuropa. Das Wetter hier ist vor allem im Winter stark geprägt von der sogenannten Nordatlantik-Oszillation. Dahinter verbirgt sich das Wechselspiel zwischen Azoren-Hoch und Island-Tief. Das System kennt zwei Grundzustände: Sind die Luftdruckunterschiede über dem Atlantik stark ausgeprägt, dringt feucht-warme Meeresluft von Westen nach Mitteleuropa vor. Sind sie nur schwach ausgeprägt, setzt sich dagegen kalte trockene Festlandsluft aus der Arktis bei uns durch. Genau diese Luftdruckschwankungen lassen sich offenbar schon Wochen vorher erkennen, in den Veränderungen des Nordpolarwirbels in der Stratosphäre. Das sei von Nutzen für die langfristige Wettervorhersage in Europa, meint David Stephenson, Klimatologe an der Universität Reading in England. Auch er zählt zum Autoren-Team:
Zur Zeit gibt es große Anstrengungen, die Saison-Vorhersage zu verbessern. Also, da gibt man keine Prognose für einen bestimmten Tag ab. Sagen wir: 'So und so wird das Wetter in 25 Tagen'. Sondern man versucht, eine Tendenz für einen ganzen Monat oder mehr anzugeben. Man spricht dann auch von 'langfristiger Wettervorhersage'. Und da kann man die großräumige Zirkulation der Stratosphäre nutzen, um auf Grundmuster des zukünftigen Wetters in der Troposphäre zu schließen.
Wem nutzt eine solche Zwei-Monats-Prognose? Zum Beispiel den Skitourismus-Regionen in den Alpen. Sie wüssten frühzeitig, worauf sie sich einstellen müssen: auf einen schneereichen oder eine schneearmen Winter. Auch für den Hochwasserschutz und die Versicherungswirtschaft ist eine solche Vorab-Information nützlich. Allerdings wird es wohl noch eine Weile dauern, bis die Wetterprognose routinemäßig mit Daten aus der Stratosphäre läuft. Einige Vorhersagemodelle versuchten das zwar schon, sagt Marc Baldwin. Doch ließen sie noch sehr zu wünschen übrig: