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Die Suche nach dem besseren Argument

Unter Zeitdruck vorgegebene Meinungen vertreten: In Berlin findet zur Zeit die Weltmeisterschaft im studentischen Debattieren statt. Auch ein deutsches Team ist noch im Rennen.

Von Verena Kemna |
    Noch sind nicht alle Plätze im großen Hörsaal der Technischen Universität Berlin besetzt. Graeme Cowie aus Glasgow sieht immer wieder zur Tür, nichts zu sehen von seinem Teampartner Duncan Crowe. Beide studieren Jura, sind erfahrene Debattierer und haben es nach neun Vorrunden bis ins Halbfinale geschafft.

    Als schon fast alles Plätze besetzt sind, auf dem Podium die Namen der Teilnehmer in den Hörsaal gerufen werden, erscheint Duncan Crowe in der Uniform seiner Heimatuniversität Glasgow, weißes Hemd und blau-rot gestreifte Krawatte. Er balanciert lässig in der einen Hand das Käsebrötchen in der anderen den Teebecher. Für die nächste Debatte wird das Thema aufgerufen. Eine provozierende These, nach der Universitäten wissenschaftliche Arbeiten anerkennen müssen, auch wenn sie unter diskriminierenden Bedingungen entstanden sind.

    Die beiden Jurastudenten aus Glasgow sind ein eingespieltes Debattierteam. Duncan Crowe fängt sofort an, laut zu denken, nach Argumenten zu suchen, eine schlüssige Gegenposition zu finden. 15 Minuten später beginnt die Debatte.

    Graeme Cowie steht am Rednerpult. Vor ihm sitzen die gegnerischen Teams aus Harvard und Yale, alle im Raum gelten als Favoriten für das Finale. Im kleinen Hörsaal ist es dämmrig. Während Graeme Cowie gegen Geschlechterdiskriminierung argumentiert, macht sich sein Teampartner Notizen. Erst heute am späten Nachmittag werden die beiden aus Glasgow wissen, ob sie es bis ins Finale schaffen. Auch Johannes Samlenski und Jannis Limperg haben noch Hoffnung. Beide studieren an der Universität Freiburg und sind glücklich, dass sie mit dem Team Tübingen als einzige deutsche Teams überhaupt noch im Rennen sind. Jannis Limperg, Informatikstudent im ersten Semester, gibt sich nach neun erfolgreichen Vorrunden gelassen.

    "Es ist schon so, dass man während der Debatte unter großem Zeitdruck steht. Normalerweise schafft man es in der Vorbereitungszeit nicht, seine komplette Rede zu strukturieren und zu schreiben. Das heißt, man versucht simultan die Beiträge der anderen, auf die man reagieren muss, zu verstehen und eigene Argumente zu strukturieren und zu schauen, wo Argumentationslücken sind, wo die andere Seite reinstoßen könnte."

    Eine echte Herausforderung und gerade deswegen ein großer Spaß, meinen beide. Sie trainieren einmal pro Woche gemeinsam an der Heimatuni in Freiburg. Es geht immer um die besten Argumente. Johannes Samlenski hofft, morgen beim Finale dabei sein zu können.

    "Jeder, der in so einer Situation ist, auf einem Turnier noch einmal weiter zu kommen, freut sich unglaublich darauf, dass es weiter geht und will sein Bestes geben, dass es weitergeht. Und das versuchen wir fortzusetzen."


    Verband der Debattierclubs an Hochschulen (Homepage)