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Die Ukraine zwischen Russland und der EU

Östliche Partnerschaft: Unter diesem Begriff gestaltet die Europäische Union ihre enge Zusammenarbeit mit sechs ehemaligen Sowjetrepubliken. Gerade auch die Ukraine soll enger an Europa gebunden werden – allerdings ohne dass das Land förmlich EU-Mitglied wird.

Von Roman Goncharenko | 30.09.2011
    Warschau am heutigen Freitag. Gipfeltreffen von Staats- und Regierungschefs der Östlichen Partnerschaft. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ist an die Weichsel gekommen.

    "Wir haben hier in Warschau die Tagung der sogenannten Östlichen Partnerschaftsinitiative in der Europäischen Union. Das umfasst ja die Länder Ukraine, Weißrussland, Moldawien, Aserbaidschan, Armenien und Georgien. Man sieht an den Namen schon, dass dies Länder sind, die jeweils zum Teil auch eigene Probleme beziehungsweise regionale Konflikte zu lösen haben. Aber hier bei dieser Initiative steht im Vordergrund, dass diese Länder engere Beziehungen zur Europäischen Union bekommen sollen. Das umfasst einmal die wirtschaftliche Zusammenarbeit, zum anderen aber auch den Aufbau von Werten, wie wir sie in der Europäischen Union haben und miteinander teilen."

    Östliche Partnerschaft. Unter diesem Begriff gestaltet die Europäische Union ihre enge Zusammenarbeit mit sechs ehemaligen Sowjetrepubliken. Es sind direkte Nachbarn wie die Republik Moldau, die Ukraine oder Weißrussland. Es sind aber auch drei Südkaukasusrepubliken, die keine gemeinsame Grenze mit der EU haben – Armenien, Aserbaidschan und Georgien. 785 Millionen Euro werden bis 2013 ausgegeben, um diese Länder näher an die EU heranzuführen. Die Initiative, die im Frühjahr 2009 als "Strategie der östlichen Partnerschaft" – parallel zur Mittelmeerunion – ins Leben gerufen wurde, geht in erster Linie auf Polen zurück: Der Regierung in Warschau ist daran gelegen, seinen großen Nachbarn im Osten dabei zu unterstützen, eines Tages vollwertiges Mitglied der EU zu werden. Diesen Wunsch hat Kiew bereits vor mehr als zehn Jahren geäußert – doch bis heute haben sich die EU und viele ihrer Mitgliedstaaten nicht zu einer klaren Haltung durchringen können. Es gibt weder ein klares Ja noch ein definitives Nein.

    Stattdessen bietet die Europäische Union den zirka 45 Millionen Ukrainern einen Platz in ihrer Nähe an, in einem "Kreis von Freunden", wie es in der EU-Kommission einmal hieß. Die Botschaft ist klar: Wir wollen die Ukraine enger an Europa binden, ohne dass das Land förmlich Mitglied der Europäischen Union wird. Wir sind Freunde, aber ihr gehört nicht dazu.

    Gleichzeitig mit der EU-Erweiterung nach Ost- und Mitteleuropa entwickelte Brüssel die sogenannte Nachbarschaftspolitik. Ein umstrittenes Konzept, weil es auf 16 höchst unterschiedliche Staaten in der Nachbarschaft der EU zugeschnitten wurde und damit die Ukraine auf eine Ebene mit Marokko hebt. Dabei rückte der russisch-georgische Krieg im August 2008 die Ukraine als möglichen neuen Konfliktherd in Europa in den Fokus der EU: Brüssel beeilte sich, das Konzept für die Östliche Partnerschaft auf den Weg zu bringen. Doch die Ukraine beteiligt sich nur äußerst zurückhaltend an dieser neuen Initiative der EU. Winfried Schneider-Deters, Publizist und ehemaliger Leiter des Kiewer Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung:

    "Tatsache ist, dass die Östliche Partnerschaft dem Anliegen der Ukraine, Mitglied der Europäischen Union zu werden, schadet. Die Ukraine wurde jetzt wieder zusammengeworfen mit Ländern, die überhaupt auf 50 Jahre Zeithorizont keine Chance haben, Mitglied der EU zu werden. Nur sie alleine hat die Chance, Mitglied der EU zu werden. Es war gut gemeint von den Polen, es hat sich aber als ein Hindernis für die Ukraine herausgestellt."

    Ähnlich skeptisch äußert sich auch der ehemalige Erweiterungskommissar der EU, Günter Verheugen:

    "Ich habe auch das Gefühl, dass die Östliche Partnerschaft von einigen als ein sehr bequemes Instrument betrachtet wird, sich den schwierigen wirklichen Entscheidungen zu entziehen. Und ich muss sagen, diese ganze Östliche Partnerschaft ist in meinen Augen ganz, ganz dubios, wenn sie den östlichen Partnern angeboten wird als ein Ersatz für eine realistische Perspektive der Mitgliedschaft. Wenn sie angeboten wird als ein Instrument auf dem Weg dahin, als ein Heranführungsinstrument, dann ist es für mich in Ordnung."

    Das ist aber nicht der Fall. Die Brüsseler Administration betont, dass die Östliche Partnerschaft nicht als eine Vorstufe zu einer vollständigen EU-Mitgliedschaft betrachtet werden dürfe, dass es also keinen Automatismus in Richtung Mitgliedschaft gebe. Das heißt im Umkehrschluss: Die Ukraine, das flächenmäßig größte Land des Kontinents, bleibt damit de facto vom europäischen Einigungsprozess ausgeschlossen.

    Ein Blick zurück: Als vor 20 Jahren die Sowjetunion untergeht und die Ukraine unabhängig wird, denken nur ganz wenige daran, das Land in eine neue Union zu führen – diesmal in eine europäische. Kiew will zunächst unabhängig bleiben und den eigenen Staat aufbauen. Das ist der wesentliche Grund dafür, warum die Ukraine an den Vorgesprächen über die Erweiterung der Europäischen Union um die Länder des früheren Ostblocks in den 1990er-Jahren nicht beteiligt wird.

    Doch schon 1998 klopft die Ukraine zum ersten Mal an die Brüsseler Tür. Damals verkündet der ukrainische Präsident Leonid Kutschma, er wolle sein Land nach Westen führen – in die EU und in die NATO. Doch Kutschma schreckt vor Reformen zurück. Sein autoritärer Machtstil macht es europäischen Politikern leicht, die ukrainischen Avancen abzulehnen. Und als Kutschmas Regime inmitten handfester politischer Skandale ins Wanken gerät, wendet sich der ukrainische Präsident von Europa ab und Russland zu: Er erklärt sich bereit, ein neues Wirtschaftsbündnis mit Moskau einzugehen. Diese Pläne werden aber vom ukrainischen Volk gestoppt.

    Im November 2004 wird in der Ukraine ein neuer Präsident gewählt. Nach einer offensichtlich manipulierten Stichwahl wird ein Sieg des als autoritär und Russland freundlich geltenden Kandidaten Wiktor Janukowitsch verkündet. Hunderttausende Anhänger seines Gegners Wiktor Juschtschenko, der den Ruf eines westlich orientierten Reformers genießt, gehen auf die Straße. Die Ukraine erhebt sich in der sogenannten "Orangenen Revolution", benannt nach Juschtschenkos Parteifarbe.

    Die bis dahin kaum wahrgenommene Ukraine steht plötzlich im Mittelpunkt der Weltpolitik. Die Wahl wird wiederholt, und Juschtschenko wird neuer Präsident der Ukraine. Als Lohn für die friedliche Revolution, die im Namen von Demokratie und Freiheit geführt worden war, hofft Juschtschenko auf eine baldige konkrete Beitrittsperspektive. Er folgt Einladungen nach Berlin und Straßburg und spricht im Deutschen Bundestag und im Europäischen Parlament.

    "Die "Orange Revolution" hat die Zugehörigkeit der Ukraine zur europäischen Zivilisation bestätigt, und zwar nicht nur geographisch, sondern auch politisch, seelisch und geistig. Liebe Freunde! Heute muss die Ukraine noch sehr viel tun, um ein vollständiges Mitglied der Europäischen Union zu werden. Die europäische Integration ist eigentlich das einzige effektive Reformprogramm für die moderne Ukraine. Der EU-Beitritt ist eine wichtige Aufgabe der jetzigen Regierung. Das ist ein strategisch-politisches Ziel der Ukraine!"

    Das EU-Parlament geht im Januar 2005 auf die Ukraine zu und fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf,

    "der Ukraine eine klare europäische Perspektive zu geben, wobei am Ende der Beitritt des Landes zur Union stehen kann."

    Dieser Appell stößt jedoch bei der EU-Kommission, aber vor allem auch in westeuropäischen Hauptstädten auf taube Ohren. Denn die EU steckt selbst in einer tiefen Krise, nachdem Franzosen und Niederländer der geplanten europäischen Verfassung in Volksabstimmungen eine Absage erteilten. Eine erneute Erweiterung der EU scheint unter diesen Umständen unmöglich und wird auf Eis gelegt.

    Doch die Diskussion über die Grenzen Europas geht weiter: Das Wort von einer stringenten europäischen Nachbarschaftspolitik macht die Runde. Es müsse ja nicht um alles oder nichts gehen. Vorstellbar sei Partnerschaft statt Mitgliedschaft.

    Tatsächlich könnte die Ukraine bereits jetzt einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft in Brüssel stellen. Das Land ist zwar noch weit davon entfernt, die Beitrittskriterien zu erfüllen - es befindet sich aber unzweifelhaft in der Mitte Europas und könnte sich auf den Artikel 49 des EU-Vertrages beziehen. Darin heißt es:

    "Jeder europäische Staat … kann beantragen, Mitglied der Union zu werden."

    Voraussetzungen dafür sind im Artikel 2 aufgelistet:

    "Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören."

    Doch wie gesagt: Noch ist die Ukraine nicht so weit. Der Transformationsprozess ist ins Stocken geraten. Und seit Wiktor Janukowitsch im vergangenen Jahr Präsident wurde, ist eher von Rückschritten die Rede als von Fortschritten: Um Meinungsfreiheit, Menschenrechte und die Umsetzung rechtsstaatlicher Prinzipien ist es schlecht bestellt. In den kommenden Tagen wird ein Urteil in einem Prozess gegen die ehemalige Regierungschefin und Oppositionsführerin Julia Timoschenko erwartet. Ihr wird Amtsmissbrauch vorgeworfen. Sowohl Timoschenko selbst als auch die EU-Kommission in Brüssel sprechen von einer politisch gelenkten Justiz.

    Die Regierung in Kiew weiß, dass ein Beitrittsantrag der Ukraine keinerlei Chancen hätte. Abgesehen davon, dass eine Erweiterung politisch nicht vermittelbar wäre – Europa steckt selbst tief in der Finanzkrise und weiß, dass auch die Ukraine hoch verschuldet ist und sich nur dank der Kredite des Internationalen Währungsfonds über Wasser halten kann. Doch es gibt noch andere Gründe, sagt der ehemalige EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen:

    "Für viele ist die Ukraine eben nur eine Variable unseres Verhältnisses zu Russland. Das geht in beide Richtungen. Das kann in die Richtung gehen, wir wollen uns nicht so sehr mit der Ukraine einlassen, weil das könnte vielleicht bestimmten Leuten in Moskau nicht gefallen. Aber auch umgekehrt zu sagen, wir vertreten die Rechte der Ukraine, um den Russen zu zeigen, wir lassen nicht zu, dass ihr eine expansionistische Politik auf dem früheren sowjetischen Territorium betreibt."

    Ein Blick auf die Karte genügt, um zu verstehen, worum es geht: um strategische Interessen. Um Geopolitik.

    "Die Ukraine liegt geostrategisch zwischen zwei Machtzentren. Sie befindet sich in einer Pufferzone zwischen der Europäischen Union und der NATO auf der einen Seite und Russland auf der anderen Seite, und Russland verfügt über eigene militärische und wirtschaftliche Integrationsstrukturen. Die Lage ist so, dass man sie nicht verändern kann – egal wie. An der nordöstlichen Grenze der Ukraine wird es nie Deutschland geben. Sondern immer Russland. Damit muss man rechnen, und seine Strategie und Pläne entsprechend anpassen."

    Walerij Tschaly ist stellvertretender Leiter des Rasumkow-Zentrums für wirtschaftliche und politische Studien. Sein Büro liegt einen Steinwurf von dem berühmten Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra entfernt. Als dieses orthodoxe Kloster im elften Jahrhundert gebaut wurde, gab es weder die Ukraine noch Russland. Kiew war die Hauptstadt eines ostslawischen Reiches im Herzen Europas, dessen Grenzen bis an die Ostsee reichten und dessen Fürsten mit europäischen Königshäusern verschwägert waren. Kiewer Rus.

    Damals begann die gemeinsame russisch-ukrainische, von der christlichen Orthodoxie geprägte Geschichte. Sie wird immer wieder als ein Argument gegen eine westliche Integration der Ukraine genannt. In der Tat war ein Großteil der Ukraine über 350 Jahre Teil des Russischen Reiches. Die Herrschaft über die Westukraine teilten sich Polen und Österreich-Ungarn, bis diese Gebiete 1939 von der Sowjetunion annektiert wurden.

    Die Ukraine wird in der politischen Fachliteratur immer wieder "Zwischeneuropa" genannt. Sie gehört zu jenem Teil des Kontinents, der sich nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Zerfall der Sowjetunion von dem einen Machtzentrum lösen, dem anderen aber nicht anschließen konnte. Beide Pole ziehen die Ukraine an, was die Machthaber in Kiew besonders in den 1990er-Jahren dazu veranlasste, eine Schaukelpolitik zwischen Moskau und Brüssel zu betreiben. Die Ukraine selbst ist zu groß, um sich zwischen den Polen zu zerreiben. Und doch fällt es dem Land schwer, einen Platz dazwischen zu finden. Die Erwartungen des Kreml, dass der 2010 gewählte ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch die Ukraine wieder ins russische Fahrwasser bringen würde, haben sich nicht erfüllt. Janukowitsch setzt den europäischen Kurs seines Vorgängers Juschtschenko fort und kann sich dabei auf eine breite Mehrheit im Parlament stützen. Der Präsident und seine regierende "Partei der Regionen" vertreten die Interessen der ukrainischen Industrie. Kohle- und Stahlbarone, sogenannte Oligarchen, haben sich offenbar für Europa und nicht für Russland entschieden. Die EU ist jetzt schon der wichtigste Handelspartner der Ukraine.

    Russland hingegen versucht, die Ukraine an der Seite anderer ehemaliger Sowjetrepubliken in eine Zollunion mit Moskau zu drängen. Präsident Dmitri Medwedew.

    "Wenn die Ukraine eine europäische Richtung wählt, dann wird es für sie natürlich schwieriger sein, Lösungen im Rahmen des gemeinsamen Wirtschaftsraums und der Zollunion, an der Russland, Kasachstan und Weißrussland teilnehmen, zu finden … Man kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen, man muss sich entscheiden."

    Der Ton zwischen Moskau und Kiew ist in den letzten Wochen immer rauer geworden. Die Ukraine fordert von Russland, die aus ihrer Sicht ungünstigen Gasverträge aus dem Jahr 2009 neu zu verhandeln. Die ukrainische Wirtschaft ist von russischen Energielieferungen stark abhängig. Doch Moskau bleibt hart. Wer billiges Gas will, müsse mit Russland eine wirtschaftliche Allianz eingehen.

    Der wachsende Druck aus Russland auf die Ukraine hat einen einfachen Grund: Die Regierung in Kiew steht kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union. Ein zentraler Bestandteil dieses Abkommens wird eine vertiefte und umfassende Freihandelszone sein. Im Grunde geht es darum, die Ukraine wirtschaftlich in den europäischen Binnenmarkt zu integrieren. Nach Schätzungen der Experten würde die Ukraine bis zu 80 Prozent des Acquis communautaire übernehmen, also der für alle EU-Mitglieder verbindlichen Gesetzgebung. Walerij Tschaly vom Kiewer Rasumkow-Zentrum:

    "Sobald das Assoziierungsabkommen nicht nur unterschrieben, sondern auch ratifiziert sein wird, wird es keine Rückkehr der Ukraine zu irgendwelchen gemeinsamen Integrationsstrukturen mit Russland und anderen Ländern der Zollunion geben. Das wird nicht mehr möglich sein. Es wird auch politisch schwierig sein, den europäischen Integrationskurs der Ukraine zu ändern."

    Ironie der Geschichte: Ausgerechnet der russlandfreundliche Präsident Wiktor Janukowitsch, der aus dem Osten der Ukraine stammt, könnte als der Politiker in die Geschichte des Landes eingehen, der die europäische Integration der Ukraine besiegelt hat. Kiew und Brüssel wollen ihre Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen bis zum EU-Ukraine-Gipfel in Dezember abschließen. Eine Unterzeichnung ist für das nächste Jahr geplant. Der Ratifizierungsprozess durch nationale Parlamente dürfte dann noch einige Jahre dauern.

    Die Ukraine ist heute so nah an die EU herangerückt wie noch nie. Der Wunsch Kiews nach einer europäischen Perspektive gemäß Artikel 49 des EU-Vertrags wird aber wohl unerfüllt bleiben. Die Europäische Kommission will auch weiterhin alles vermeiden, was als ein verbindliches Versprechen einer EU-Mitgliedschaft interpretiert werden könnte. Doch die Zeiten könnten sich ändern. Der ukrainische Politik-Experte Walerij Tschaly:

    "Alles hängt von Zielen ab, die sich die Europäische Union stellt. Wenn es strategische Ziele sein werden und die EU ein geopolitischer Spieler sein will wie China und die USA, dann kann sie ohne die Ukraine nicht auskommen. Doch wenn die EU weniger ambitioniert sein wird, dann wird sie höchstwahrscheinlich die heutigen Grenzen beibehalten, nur der Balkan kommt noch dazu."

    Bleibt nur die Frage, was das Volk darüber denkt. Nachdem ukrainische Politiker ihren Bürgern jahrelang eine rosige Zukunft in Europa versprochen haben und nichts davon wahr wurde, ist Ernüchterung eingetreten. Noch vor zehn Jahren lag die Zustimmung zu einem möglichen EU-Beitritt der Ukraine bei zwei Dritteln der Bevölkerung. Heute sind es zirka 45 Prozent. Eine Zollunion mit Russland findet aber noch weniger Anhänger.

    Laut Unfragen sind die meisten Ukrainer inzwischen pragmatisch eingestellt. Sie wollen in die EU, sehen aber ein, dass das nicht sofort möglich ist. Sie wären schon damit zufrieden, wenn sie wieder ohne Visa in die Europäische Union einreisen könnten. Reisefreiheit ist deshalb für viele der größte Wunsch, wie bei diesem Mann aus dem ostukrainischen Donezk.

    "Die Integration in Richtung Europa geht voran, das ist gar keine Frage. Ich wäre sehr glücklich, wenn man zum Beispiel die Visumspflicht für den Schengener Raum für die Ukraine abschaffen würde. Aber wir sollten gute Beziehungen mit slawischen Brüdern beibehalten, schließlich haben wir mit Russland eine längere gemeinsame Grenze als mit Europa. Ob ich für eine Mitgliedschaft in der EU bin? Ja, sicher!"