Archiv


Die Umsetzung der neuen EU-Frequenzregeln

Dieser Tage muss die Telekommunikationsrichtlinie der EU in nationales Recht umgesetzt werden – und das zügig. Der deutsche Gesetzentwurf, der derzeit im Parlament diskutiert wird, sorgt jedoch für Aufregung bei Radiomachern und Fernsehveranstaltern, bei einigen aber auch für Freude.

Von Vera Linß |
    Privatradio-Manager Boris Lochthofen ist zufrieden. Kommt das neue Gesetz wie geplant, bleibt für Radiohörer hierzulande erst mal vieles beim Alten. Und das bedeutet: Auch in nächster Zukunft ist UKW Übertragungsstandard Nummer eins.
    Der Grund: Mit der Neuregelung wird in Deutschland die Verantwortung für die Lizenzierung von Frequenzen neu sortiert. Diese gehören dem Bund und der hat bislang darüber verfügt. Mit dem neuen Gesetz haben nun die Länder das Sagen, wie Boris Lochthofen erklärt.

    "De facto sagt der jetzt vorliegende Entwurf nichts weniger, als dass die Verfügbarkeit, die Entscheidung darüber, wie lange UKW weiter senden wird, auf die Länder übergeht. Das heißt, die Länder kommen in den Driver Seat und entscheiden durch ihre Lizenzierungspraxis, die der Bund dann nur noch nachvollzieht, indem er die Frequenz dementsprechend zuordnet, darüber, wie lange UKW noch existiert. Und diese Entscheidung treffen die Länder sicher nicht ganz so abstrakt wie der Bund, der bisher mit den Radioveranstaltern in Deutschland relativ wenig zu tun hatte."

    Das heißt: Weil die Länder näher dran sind an den Bedürfnissen von Hörern und Radiomachern, haben sie das bessere Gespür dafür, wie lange UKW noch wirtschaftlich sinnvoll ist, meint Lochthofen, Kommunikationschef beim Privatfunkveranstalter Regiocast.
    Als Absage an digitales Radio will er das jedoch nicht verstehen. Im Gegenteil: Die erfolgreiche Umstellung vom analogen UKW auf einen digitalen Radio-Standard funktioniert aus seiner Sicht nur dann, wenn man erst einmal an UKW festhält.

    "Weil nur dort ist es den Radioveranstaltern möglich, das Geld zu verdienen, das in die Investitionen gesteckt werden muss, die dann letztlich zu Digitalradio über DAB oder über IP die Veranstalter in die Lage versetzen. Ohne UKW wird es auch kein Digitalradio geben, weil einfach das Geld der Veranstalter dazu nicht reicht. Und es wäre abenteuerlich zu sagen, wir machen jetzt mal UKW dicht und dann digitalisiert sich das Radio von allein, das ist ein Trugschluss, das sollten wir nicht tun."

    Das neue Telekommunikationsgesetz berührt Frequenzregelungen aber noch in anderer Hinsicht – und hier schlagen Radio- und Fernsehmacher Alarm. Denn: Zunehmend werden Frequenzen, die bislang Radio und Fernsehen vorbehalten waren, auch vom Mobilfunk genutzt. Das kann – perspektivisch – zu Störungen beim digitalen Fernsehen führen, mahnt Karola Wille, Justiziarin des Mitteldeutschen Rundfunks.

    "Da gibt's verschiedene Studien, die dann zu dem Ergebnis kommen, es wird Störungen schwerwiegender Natur geben. Bis zum Totalausfall. Wir sind im digitalen Bereich und im digitalen Bereich ne Störung ist ne Klötzchenbildung oder ein Wegfall des Bildes. Und davor haben wir Sorge, dass dann nicht berechenbar ist, in welchen Größenordnungen diese Störungen auftreten werden und dass wir im Vorfeld planerisch hätten das Problem lösen müssen. Das ist alles nicht passiert. Sodass wir vielleicht wirklich irgendwann aufwachen und sehen, wie viele Störungen wir haben."

    Eigentlich soll – so die EU-Vorgabe – beim Wechsel von Frequenzen Störungsfreiheit garantiert und dies durch entsprechende Maßnahmen gesichert werden – etwa durch ausreichende Störabstände zwischen Rundfunk und Mobilfunk. Im deutschen Gesetzentwurf wird das jedoch nicht hinreichend geregelt. Im Moment sieht es so aus, als müssten sich die Rundfunkveranstalter darauf einstellen, dass in Zukunft ein Teil ihrer Programme durch die Einstrahlung von Handys gestört wird. Spätestens wenn der neue Mobilfunk-Standard LTE flächendeckend an den Start geht, wird dies der Fall sein – zum Nachsehen der Hörer und Zuschauer.