Montag, 06. Mai 2024

Archiv


Die Unterstützter aus Warschau

Die Polen wollen helfen, dass die Beziehung zwischen den USA und Russland sich verbessern. Darum ratifizierten sie den START-Vertrag, mit dem künftig amerikanische Soldaten und Kampfflugzeuge auf polnischem Boden stationiert werden können.

Von Ludger Kazmierczak | 23.12.2010
    Vor einem weihnachtlich geschmückten Kamin nahmen sie Platz und plauderten miteinander wie alte Freunde. Zwischen uns stimmt die Chemie, das war die Botschaft, die von diesen Bildern ausgehen sollte. Gemacht wurden sie beim Antrittsbesuch von Polens Staatspräsident Bronislaw Komorowski vor zwei Wochen im Weißen Haus. In lockerer Atmosphäre unterhielten sich die beiden Staatschefs über den Irak, Afghanistan, die NATO und natürlich über den Abrüstungsvertrag zwischen Russland und den Vereinigten Staaten. Für die Polen ein Thema von höchster Bedeutung, aber – so Bronislaw Komorowski – kein Streitthema.:

    "Polen unterstützt und akzeptiert das Streben nach einer Ratifizierung des START-Vertrages. Wir sind der Meinung, dass es eine Investition in eine bessere und sicherere Zukunft ist."

    Polen werde dabei helfen, die Beziehungen zwischen Washington und Moskau zu verbessern, versprach der Gast aus Warschau, der gerade zwei Tage zuvor Russlands Präsident Medwedew empfangen durfte. Nach diesem Treffen hatte Komorowski die seit Jahrzehnten andauernde Periode der Dürre zwischen den beiden Nachbarstaaten für beendet erklärt. Polen und Amerikaner scheinen also das gleiche Ziel zu verfolgen: eine Annäherung an Russland. Deshalb hatte Obama von den Plänen seines Vorgängers George W. Bush Abstand genommen, in Polen und Tschechien ein Raketenabwehrsystem aufzubauen. Es hätte Russland zweifelsohne provoziert. Als Gegenleistung für den verwehrten Schutzschild will Amerika nun Soldaten und Kampflugzeuge in Polen stationieren. Das, so Komorowskis Berater Roman Kuzniar, sei für sein Land vermutlich sogar die bessere Alternative:

    "16 Maschinen vom Typ F16 und vier Herkules, das ist ein guter Tausch im Vergleich zu dem, was die Amerikaner uns 2008 angeboten haben. Diese Patriot-Abwehrraketen wären vermutlich wie eine Wanderbühne durchs Land gezogen. Wir werden weiter alles dafür tun, um unsere Sicherheit zu verbessern. Wenn wir kreativ genug sind, bekommen wir vielleicht noch mehr, als das worüber wir im Moment reden."

    Dabei dürfte den Polen bewusst sein, dass sie in der Diskussion um Abwehrsysteme und Abrüstungsverträge nur Statisten sind. Warschau wird nicht gefragt, wenn im Weißen Haus Entscheidungen getroffen werden. Obamas plötzlicher Rückzug von den Schutzschildplänen hatte Polen nicht nur überrascht, sondern gewaltig verärgert. Der Frust war so groß, dass sich die Regierung Tusk demonstrativ Brüssel und der EU zuwandte, um Washington die kalte Schulter zu zeigen. Dies sei ein Fehler gewesen, meint der nationalkonservative Oppositionspolitiker Pawel Kowal. Ein Fehler, den die Regierung glücklicherweise eingesehen und korrigiert haben:

    "Es hat sich erwiesen, dass nur Amerika und die NATO die Sicherheit Europas garantieren können. Die Europäische Union ist alleine einfach nicht im Stande, sich ausreichend zu sichern. Es ist gut, dass der Realismus in die polnische Politik zurückgekehrt ist. Amerika wird künftig wieder in Mittel-Ost-Europa anwesend sein. Denn die Amerikaner wissen sehr wohl, dass das ein Friedenslabor ist: wenn es hier Probleme gibt, dann gibt es später viel größere Probleme irgendwo anders."

    Polen fühle sich militärisch zwar nicht unmittelbar von Russland bedroht, sagte kürzlich Außenminister Radoslaw Sikorski, wisse aber, dass die meisten Atomwaffen Russlands gleich hinter der Ostgrenze Polens stationiert seien. Insofern kommt die Ratifizierung des START-Vertrages für ihn einer Beseitigung der Überreste des Kalten Krieges gleich. Die Moskauer Staatsduma hat angekündigt, grünes Licht für das Abkommen zu geben, sobald der US-Senat positiv darüber abgestimmt hat. Bei einer Vorabstimmung kamen die Demokraten von Präsident Obama auf 67 Stimmen. Das wäre beim Schlussvotum eine ausreichende Zweidrittelmehrheit.