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Die USA ­ kurz vor dem öffentlichen Startschuss für die Stammzellenforschung

Stammzellen. - Die rechtliche Situation in den USA ist also geklärt oder fast geklärt, sieht man vom Klongesetz ab. Was ist nun von Forscherseite zu erwarten? Gibt es einen Ansturm auf die öffentlichen Fördermittel? Und inwieweit verdienen die Besitzer der Stammzellenlinien mit, an denen die Forscher der Unis und öffentlichen Institute nun arbeiten dürfen?

    Uns liegen ungefähr sechs Forschungsanträge vor, die wir bis zum 26. November erhalten haben und die nun in der Bewilligungsphase im Winter begutachtet werden. Im Sommer 2002 werden sich die Ausschüsse der verschiedenen Institute damit befassen. Wenn sie die Anträge für Förderungswürdig halten, werden die ersten Mittel dafür vergeben.

    Von ungefähr sechs Anträgen auf Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen spricht der Pressesprecher der Nationalen Gesundheitsinstitute NIH (http://www.nih.gov), John Burklow. Denn trotz der eigentlich übersichtlichen Zahl, tut sich die NIH mit genauen Angaben in diesem Winter noch schwer. Über Anträge, die sich im Genehmigungsverfahren befinden, soll eigentlich nicht gesprochen werden. Ebenso wenig über Projekte, die an internen Forschungsinstituten der NIH in Planung sind. Einen Run auf die neu verfügbaren Forschungsgelder gibt es bislang aber nicht. Die Behörde macht dafür die kurze Anlaufzeit verantwortlich, die Forscher zum Ausarbeiten ihrer Anträge hatten. Auf jeden Fall, sagt John Burklow arbeitet im Augenblick noch niemand mit NIH-Geld an den umstrittenen Zellen. In der Privatwirtschaft ist die Lage unübersichtlicher:

    Weil private Unternehmen der Öffentlichkeit keine Rechenschaft über ihre Aktivitäten schuldig sind, ist es schwer zu sagen, wie viel Forschung dort derzeit stattfindet. Wenn die Leute anfangen, mit staatlichen Geldern zu arbeiten, werden wir ein besseres Bild bekommen.

    Die privat geförderte Forschung, die heute bereits läuft, spielt sich allerdings kaum in den Firmen selbst ab. Es ist vielmehr Universitäts-Forschung, die ihre Gelder aus der Wirtschaft oder von Stiftungen bezieht. Die einzige Einrichtung, die nach eigenen Angaben derzeit menschliche Stammzellen für die Forschung verkauft, ist die WARF (http://www.warf.ws), die Wisconsin Alumni Research Foundation eine Stiftung der staatlichen Universität von Wisconsin. Über die Tochtergesellschaft WiCell (http://www.wicell.org) verschickt sie Stammzellen derzeit an "ungefähr" 25 Forschungslabors in den USA so genau darf die Angabe wieder nicht sein. Ansonsten besitzen nach Informationen der WARF nur drei US-Unternehmen embryonale Zelllinien. Sie heißen Geron (http://www.geron.com), BresaGen (http://www.bresagen.com) und CyThera (http://www.cytheraco.com) und sind allesamt im Stammzellenregister der NIH (http://escr.nih.gov) aufgelistet, weil ihre Zellinien den Kriterien entsprechen, die George W. Bush im August für die öffentliche Stammzellenforschung verkündet hat. Die Forscher, die nun ab Sommer 2002 mit öffentlichen Geldern forschen, werden aber voraussichtlich alle mit den 5 Zelllinien der WARF arbeiten . Der NIH-Sprecher:

    Wir haben ein Büro für Technologie-Transfer. Das hat im September mit der WARF ein Abkommen http://www.nih.gov/news/pr/sep2001/od-05.htm erarbeitet. Die Forscher der NIH werden also mit der WARF kooperieren, aber wir betrachten das auch als Modell für andere Forschungsabkommen.

    Irgendeine Art von Vereinbarung müssen schließlich alle Wissenschaftler treffen, die nun mit öffentlichem Geld arbeiten, denn Vorraussetzung für die Förderung ist, dass sie eine der bestehenden Zelllinien nutzen. Die WARF, die das Patent auf die Stammzellen hält, hat sich bereit erklärt, Forscher an allen staatlichen und akademischen Instituten zu beliefern. Sie verlangt einen Unkostenbeitrag dafür aber keine Gebühren, die sich aus dem Patentschutz ergeben. Die Forscher dürfen frei publizieren, aber wenn sie etwas entwickeln, was sich in Therapien vermarkten lässt, wird die WARF und wahrscheinlich auch die Firma Geron mitverdienen. Geron gehören nämlich die exklusiven Rechte auf Zellersatz-Therapien für Nerven- Herzmuskel- und Insulin-produzierende Zellen, die aus embryonalen Zellen gezüchtet werden könnten http://www.warf.ws/news/newsletters-article.jsp?articleid=41 Diese Patentsituation belastet die NIH derzeit aber nicht so sehr, denn:

    Der Schwerpunkt der Forschung liegt derzeit bei den Grundlagen, nicht bei einer bestimmten Erkrankung oder klinischen Studien. Zunächst geht es um die Eigenschaften der Zellen, ihre Regulation, durch die ihnen die Fähigkeit zur Teilung erhalten bleibt ohne dass sie sich spezialisieren. Und es geht um ihre Fähigkeit, sich dann doch zu bestimmten Zelltypen zu entwickeln, darum, wie man die charakteristischen Veränderungen dann erkennt. In dieser frühen Phase auf diesem Forschungsfeld sind das die wichtigen Fragen.

    Sollten deutsche Forscher demnächst mit dem Segen des Bundestages Stammzellen für ihre Forschung importieren dürfen, dann unterschiede sich ihre Lage also nicht wesentlich von der amerikanischer Akademiker. Die Vorstellungen von NIH und Deutscher Forschungsgemeinschaft über die nahen Forschungsziele entsprechen sich. Und die Zelllinien, die für diese Arbeiten in Frage kämen, müssten ähnlichen ethischen Anforderungen genügen und wären mit ähnlichen rechtlichen Ansprüchen belegt.

    Autorin: Grit Kienzlen