Für etwas Aufsehen sorgte der Grazer Komponist Bernhard Lang 2006 anlässlich eines der einschlägigen österreichischen Musik-Jubeljahre, zu dem er für das Theater an der Wien das Projekt "I hate Mozart" beisteuerte. In Fachkreisen hatte bereits drei Jahre zuvor ein "Theater der Widerholungen" für Aufmerksamkeit gesorgt, das – wie der Name bereits andeutet – das Stil- und Streckmittel der Wiederholung auslotete.
Die Wiederholung von Satzteilen und musikalischen Phrasen, feinöhrig modifiziert bei der zweiten und dritten Wiederkehr, ist auch bei Langs Montezuma-Projekt ein unverwechselbares Kennzeichen des minutiös ausgefeilten Tonsatzes für verstärktes Instrumental-Ensemble, Jazz-Combo, Gesangs-Stimmen, Chor und einen Meister am Mischpult. Der Komponist hält es gut in österreichischer Tradition mit dem einstigen Hause Habsburg, das sich mit Feuer und Bett ferne Länder und Menschen einverleibte – mithilfe seiner Konquistadoren und seiner Heiratspolitik. Lang verwandelt sich immer wieder Werke der Musikgeschichte an – am hörbarsten von Richard Wagner (aus der "Götterdämmerung" und dem "Parsifal"), aus alten Madrigalbüchern und von Meistern der Bordun-Technik im elften Jahrhundert sowie beim Stichwort Lamm und Blut Bach-Choral.
Dies Sammelsurium des Alten wird freilich allemal 'überschrieben'. Und diese postmoderne Arbeitsweise degradiert die Arbeiten der Früheren zum "Material" (die Originalurheber werden nicht konsultiert bei dieser Kunst des Erbens, weil sie nicht mehr befragt werden können). Aber es finden sich auch große Strecken bei Lang, auf denen dieses in besonderer Weise an die Ohren der Bildungshörer appellierende Mittel nicht zum Einsatz gelangt und die Lineatur neuer Musik den Horizont absteckt.
Bernhard Lang schreibt eine polyglotte Musik, diskursiv oder 'beredt' – gemessen an manchem, was in den letzten Wochen in den Theatern zu hören war, auch ausgesprochen theaterwirksam: Musik, die abschnittweise ihre spezifischen Strömungsgeschwindigkeiten entwickelt und streckenweise hohe Intensität. Dann aber, Aufmerksamkeit heischend, in das Stocken der Repetitionen verfällt.
Am Horizont taucht eine der politisch-militärischen Katastrophen der frühen Neuzeit auf – in Form von Kunst über Kunst über Kunst. Dem Libretto von Peter Leisch liegt ein Text des österreichischen Lyrikers Christian Loidl zu Grunde, durch den die Vernichtung des Aztekenreichs durch ein paar hundert habgierige und mordlüsterne Spanier geistert. Im Mittelpunkt steht die Begegnung des Azteken-Herrschers und Appeasement-Politikers Moctezuma II. mit dem zur Erkundung der mexikanischen Küste ausgesandten Logistiker Hernán Cortés, der sich mit rund 600 Mann selbstständig machte, mit Indio-Stämmen, welche die Azteken unterworfen hatten, verbündete und sich mit der indianischen Dolmetscherin Malintzin eine Geliebte zulegte, die ihn mit der Infrastruktur vertraut machte. Für die Mannheimer Uraufführung versetzte sich die Sopranistin Cornelia Ptassek in diese tief gespaltene Figur und schafft ihr stimmhaften Ausdruck.
Es geht mit dieser Produktion nicht um Historie, schon gar nicht historisch-kritisch akzentuierte, sondern um Kunst; die kapriziert sich in diesem Fall – wie bereits bei Wolfgang Rihms 1992 in Hamburg uraufgeführter Oper "Die Eroberung von Mexico" – um den Blickwinkel des französischen Kulturtheoretikers Artaud auf Kolonisation von Ländern, Körpern und Köpfen.
Nachdem zu Beginn eine Video-Projektion unbestimmtes Ufer mit sich kräuselnden Wellen andeutete und Schemen von Menschen, die sich nähern – ein schönes Bild, das am Ende wiederkehrt – zeigt Peter Missotten in der Hauptsache und in Anspielung auf die Azteken-Hauptstadt Tenochtitlán eine Wasserfläche, aus der ein Verhandlungs- und Opfertisch aufragt für die Protagonisten aus den beiden konträren Hemisphären: Den Counter Daniel Gloger in der Titelpartie, die ebenfalls falsettierenden Spanier Ekkehard Abele als Cortés und Tim Severloh als Mönch Damiano, der von Montezuma vom Sumpffieber kuriert und dann geopfert wird.
Dass es für die Interpreten, gerade auch die im Orchestergraben, besondere Mühen und Aufwendungen bereitete, dieses Projekt zu realisieren, soll nicht unerwähnt bleiben. Walter Nußbaum, der Dirigent, hat anstrengende Wochen hinter sich.
Die Wiederholung von Satzteilen und musikalischen Phrasen, feinöhrig modifiziert bei der zweiten und dritten Wiederkehr, ist auch bei Langs Montezuma-Projekt ein unverwechselbares Kennzeichen des minutiös ausgefeilten Tonsatzes für verstärktes Instrumental-Ensemble, Jazz-Combo, Gesangs-Stimmen, Chor und einen Meister am Mischpult. Der Komponist hält es gut in österreichischer Tradition mit dem einstigen Hause Habsburg, das sich mit Feuer und Bett ferne Länder und Menschen einverleibte – mithilfe seiner Konquistadoren und seiner Heiratspolitik. Lang verwandelt sich immer wieder Werke der Musikgeschichte an – am hörbarsten von Richard Wagner (aus der "Götterdämmerung" und dem "Parsifal"), aus alten Madrigalbüchern und von Meistern der Bordun-Technik im elften Jahrhundert sowie beim Stichwort Lamm und Blut Bach-Choral.
Dies Sammelsurium des Alten wird freilich allemal 'überschrieben'. Und diese postmoderne Arbeitsweise degradiert die Arbeiten der Früheren zum "Material" (die Originalurheber werden nicht konsultiert bei dieser Kunst des Erbens, weil sie nicht mehr befragt werden können). Aber es finden sich auch große Strecken bei Lang, auf denen dieses in besonderer Weise an die Ohren der Bildungshörer appellierende Mittel nicht zum Einsatz gelangt und die Lineatur neuer Musik den Horizont absteckt.
Bernhard Lang schreibt eine polyglotte Musik, diskursiv oder 'beredt' – gemessen an manchem, was in den letzten Wochen in den Theatern zu hören war, auch ausgesprochen theaterwirksam: Musik, die abschnittweise ihre spezifischen Strömungsgeschwindigkeiten entwickelt und streckenweise hohe Intensität. Dann aber, Aufmerksamkeit heischend, in das Stocken der Repetitionen verfällt.
Am Horizont taucht eine der politisch-militärischen Katastrophen der frühen Neuzeit auf – in Form von Kunst über Kunst über Kunst. Dem Libretto von Peter Leisch liegt ein Text des österreichischen Lyrikers Christian Loidl zu Grunde, durch den die Vernichtung des Aztekenreichs durch ein paar hundert habgierige und mordlüsterne Spanier geistert. Im Mittelpunkt steht die Begegnung des Azteken-Herrschers und Appeasement-Politikers Moctezuma II. mit dem zur Erkundung der mexikanischen Küste ausgesandten Logistiker Hernán Cortés, der sich mit rund 600 Mann selbstständig machte, mit Indio-Stämmen, welche die Azteken unterworfen hatten, verbündete und sich mit der indianischen Dolmetscherin Malintzin eine Geliebte zulegte, die ihn mit der Infrastruktur vertraut machte. Für die Mannheimer Uraufführung versetzte sich die Sopranistin Cornelia Ptassek in diese tief gespaltene Figur und schafft ihr stimmhaften Ausdruck.
Es geht mit dieser Produktion nicht um Historie, schon gar nicht historisch-kritisch akzentuierte, sondern um Kunst; die kapriziert sich in diesem Fall – wie bereits bei Wolfgang Rihms 1992 in Hamburg uraufgeführter Oper "Die Eroberung von Mexico" – um den Blickwinkel des französischen Kulturtheoretikers Artaud auf Kolonisation von Ländern, Körpern und Köpfen.
Nachdem zu Beginn eine Video-Projektion unbestimmtes Ufer mit sich kräuselnden Wellen andeutete und Schemen von Menschen, die sich nähern – ein schönes Bild, das am Ende wiederkehrt – zeigt Peter Missotten in der Hauptsache und in Anspielung auf die Azteken-Hauptstadt Tenochtitlán eine Wasserfläche, aus der ein Verhandlungs- und Opfertisch aufragt für die Protagonisten aus den beiden konträren Hemisphären: Den Counter Daniel Gloger in der Titelpartie, die ebenfalls falsettierenden Spanier Ekkehard Abele als Cortés und Tim Severloh als Mönch Damiano, der von Montezuma vom Sumpffieber kuriert und dann geopfert wird.
Dass es für die Interpreten, gerade auch die im Orchestergraben, besondere Mühen und Aufwendungen bereitete, dieses Projekt zu realisieren, soll nicht unerwähnt bleiben. Walter Nußbaum, der Dirigent, hat anstrengende Wochen hinter sich.