Das Alladale Wilderness Reserve liegt mitten in den schottischen Highlands, in der Einsamkeit einer kargen Berglandschaft, durchzogen von langgestreckten Tälern, von Flüssen und Seen. Das Land gehört dem Millionär und Geschäftsmann Paul Lister, er hat es 2003 gekauft: 23.000 Acres, umgerechnet 93 Quadratkilometer, meilenweit vom nächsten Dorf entfernt. Was macht ein Mann mit solchem Landbesitz? Paul Lister, 51 Jahre alt, hat eine Vision: Er will hier Wölfe, Braunbären und Wildkatzen ansiedeln, die einst in den Highlands gelebt haben, in Wäldern, die jahrhundertelang durch Abholzung zerstört wurden.
"Ich verfolge schon seit 30 Jahren die Idee, ein Stück Land in Schottland zu finden mit dem Potenzial, dort die ursprüngliche Natur wiederherzustellen. Ich wollte einen Fluss, Seen und wenigstens 20 Prozent Wald, aber den habe ich nicht bekommen. Ich wollte kein Land mit Bauernhöfen, keine Farmer mit Schafherden, keine Pächter mit Rechtsansprüchen. Das Land hier hat nur einen geringen Wert. Niemand lebte hier."
Paul Lister, Sohn eines Unternehmers, der mit billig aufgekauftem Holz und einer internationalen Möbelkette ein Vermögen gemacht hat, brennt für seinen Traum, als hätte er etwas gutzumachen. Mehr als 100.000 Bäume sind bereits gepflanzt worden. Die ersten wilden Tiere sind da, sechs Wildschweine und zwei Elche, eingeflogen aus Schweden. Eine ehemalige Jagd-Lodge auf dem Gelände von Alladale ist liebevoll renoviert worden und sieht jetzt aus wie der Landsitz eines Lords. Aber die Lizenz für Wölfe, die hat man Paul bisher verweigert.
"Ich habe den Leuten gesagt, dass ich die Wölfe der Natur zuliebe haben will, und ganz nebenbei – sie hätten den Nutzen davon. Jetzt kommen höchstens 300 Wanderer jährlich durch dieses Gebiet. Aber ich würde mit meinem Wildpark 20.000 Besucher im Jahr anlocken und 200 Arbeitsplätze schaffen, außerdem könnten Tausende Schulkinder hier professionell unterrichtet werden. Warum verstehen Sie das nicht, Mister Wanderer? Weil Sie nach schottischem Recht jederzeit überall hingehen wollen, für immer. Damit blockieren Sie die Natur, Tiere, Pflanzen und Arbeitsplätze."
Wegen des Rechtes auf freien Zugang auch in privates Land braucht Paul für wilde Tiere, die Wanderern gefährlich werden könnten, eine Genehmigung. Als wir durchs Gelände zu den Wildschweinen spazieren, wird klar, was das bedeutet: Einzäunung.
Quiekend und grunzend drängen sich die Tiere am Gatter, als warteten sie auf Fütterung. Eingezäunt ist auch das Terrain der Elche, die sich allerdings im dichten Buschwerk nicht blicken lassen.
Während wir am Flüsschen Carron entlanglaufen, das sich gurgelnd zwischen Felsbrocken und hellgrünem Laub windet, erzählt Paul, dass es ein großes Problem mit dem Rotwild gebe. Jedes Jahr müssten 500 Rehe und Hirsche geschossen werden, damit die Population nicht in die Tausende geht und den restlichen Wald vernichtet.
"Das ist in ein paar Wochen getan – peng. Aber wenn wir auf einem Stück Land ein Wolfsrudel einführen, würden vier bis fünf Wölfe die Zahl des Rotwildes auf einer Höchstgrenze von 700 halten. Das Wolfsrudel würde sich vermehren, wir hätten dann ein zweites Rudel in einem Gebiet von 200 Quadratkilometern. Wir brauchten nur die Zahl der Wölfe zu kontrollieren, das wäre die einzige Intervention. Weil die Wölfe das Wild Tag und Nacht jagen würden, während wir jetzt auf der Pirsch zehn Prozent schießen müssen."
deshalb, fügt Paul hinzu, brauche er doppelt soviel Land wie jetzt.
Nach einer Weile erreichen wir einen Wasserfall, in einer wilden Schlucht.
Paul, lässig in Jeans und blau kariertem Hemd, lässt es sich nicht nehmen, auf die zerklüfteten Felsen zu klettern, unter ihm die reißende Strömung des Flusses. Mit bloßem Auge sehe man Lachse durch die Gischt springen, schreit er herüber.
"Sie kommen von Grönland, immer zu demselben Fluss, in dem sie geboren sind, nachdem sie Tausende Meilen geschwommen sind. Die Ökologie der Lachse ist ziemlich kompliziert, aber faszinierend. Alladale ist einer der besten Plätze für den Lachsfang. Genau hier legen sie ihre Eier, nicht unten am Fluss, sondern hier oben. Ein guter Platz für Sportfischer."
Wildnisbegeisterte Gäste können in Alladale auch Forellen angeln und Fliegenfischen lernen. Sie können mit Highland Ponys ausreiten, Trekking- und Radtouren unternehmen und auf Rotwild-Pirsch gehen. Man wohnt mitten in der Natur und gleichzeitig komfortabel – in der Lodge und in zwei kleinen, romantisch gelegenen Steinhäuschen, die erst kürzlich in die Hänge gebaut wurden. Mittlerweile arbeiten 19 Leute in Alladale. Pauls wichtigster Mann im Gelände ist Ranger Innes MacNeill, fest verwurzelt in den Highlands und von selbstbewusster Gelassenheit. Die Gegend kennt er wie seine Westentasche, die Pflanzen und Tiere, die Verstecke der Dachse, die Plätze der roten und schwarzen Moorhühner.
"Die Wölfe verschwanden hier vor 350 Jahren, nachdem die Bäume für den Schiffsbau abgeholzt worden waren. Und vor 150 Jahren folgte die gewaltsame Vertreibung der Hochlandbauern durch den Herzog von Sutherland, der den ganzen Norden besaß. Er ließ die Wälder niederbrennen, um frisches Weideland für Schafe, Abertausende von Schafen zu gewinnen."
Im Geländewagen kurven wir auf schmalem Pfad am mäandernden Fluss entlang durch ein enges Tal, gesäumt von braunroten, heidekrautbedeckten Bergen. Wie schlafende Dinosaurier liegen sie unter einem schwermütigen Himmel. Eine zottelige Hochlandkuh mit langen gebogenen Hörnern, die Augen unsichtbar unter dichten Haaren, trottet durch das Gras am Ufersaum.
Ein Stückchen weiter stoppt Innes den Landrover vor einer großen Ansammlung von Setzlingen.
"Die hat uns die Forstwirtschaft der schottischen Regierung gestiftet, 1600 Kiefern-Bäumchen pro Hektar. In den nächsten Wochen werden an den Hängen insgesamt 150.000 Setzlinge eingepflanzt. Sie werden eine Fläche von knapp einem Quadratkilometer bedecken. Das ist nichts! Ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir zäunen die Bäumchen ein, um sie vor dem Rotwild zu schützen. Vielleicht wird man hier in 50 Jahren einen schottischen Kiefernwald sehen. Aber dann falle ich um und sterbe. Dann wird noch nicht alles bedeckt sein, es ist zu schlimm zerstört. Ich kann nur hoffen, dass meine Enkelkinder den Wald sehen werden."
Und Paul? Man muss damit anfangen, sagt er, auch wenn es 100 Jahre dauert, den ursprünglichen schottischen Wald zu restaurieren.
"Aber es ist ja nicht für mich. Was ich will, ist der Wolf. Mein Modell ist, die Wölfe zurückzubringen. Und ohne Wölfe wird es keine 100 Jobs geben."
Im Dorfpub von Ardgay, meilenweit entfernt, hat man sich über Paul, den "Wolfsmann", lustig gemacht und seine Ranger oft mit Wolfsgeheul begrüßt. Aber die meisten stehen mittlerweile hinter Paul, weil seine Vision Hoffnung macht. Hoffnung auf Jobs. Hoffnung auf eine Zukunft in den Dörfern der Highlands.
"Ich verfolge schon seit 30 Jahren die Idee, ein Stück Land in Schottland zu finden mit dem Potenzial, dort die ursprüngliche Natur wiederherzustellen. Ich wollte einen Fluss, Seen und wenigstens 20 Prozent Wald, aber den habe ich nicht bekommen. Ich wollte kein Land mit Bauernhöfen, keine Farmer mit Schafherden, keine Pächter mit Rechtsansprüchen. Das Land hier hat nur einen geringen Wert. Niemand lebte hier."
Paul Lister, Sohn eines Unternehmers, der mit billig aufgekauftem Holz und einer internationalen Möbelkette ein Vermögen gemacht hat, brennt für seinen Traum, als hätte er etwas gutzumachen. Mehr als 100.000 Bäume sind bereits gepflanzt worden. Die ersten wilden Tiere sind da, sechs Wildschweine und zwei Elche, eingeflogen aus Schweden. Eine ehemalige Jagd-Lodge auf dem Gelände von Alladale ist liebevoll renoviert worden und sieht jetzt aus wie der Landsitz eines Lords. Aber die Lizenz für Wölfe, die hat man Paul bisher verweigert.
"Ich habe den Leuten gesagt, dass ich die Wölfe der Natur zuliebe haben will, und ganz nebenbei – sie hätten den Nutzen davon. Jetzt kommen höchstens 300 Wanderer jährlich durch dieses Gebiet. Aber ich würde mit meinem Wildpark 20.000 Besucher im Jahr anlocken und 200 Arbeitsplätze schaffen, außerdem könnten Tausende Schulkinder hier professionell unterrichtet werden. Warum verstehen Sie das nicht, Mister Wanderer? Weil Sie nach schottischem Recht jederzeit überall hingehen wollen, für immer. Damit blockieren Sie die Natur, Tiere, Pflanzen und Arbeitsplätze."
Wegen des Rechtes auf freien Zugang auch in privates Land braucht Paul für wilde Tiere, die Wanderern gefährlich werden könnten, eine Genehmigung. Als wir durchs Gelände zu den Wildschweinen spazieren, wird klar, was das bedeutet: Einzäunung.
Quiekend und grunzend drängen sich die Tiere am Gatter, als warteten sie auf Fütterung. Eingezäunt ist auch das Terrain der Elche, die sich allerdings im dichten Buschwerk nicht blicken lassen.
Während wir am Flüsschen Carron entlanglaufen, das sich gurgelnd zwischen Felsbrocken und hellgrünem Laub windet, erzählt Paul, dass es ein großes Problem mit dem Rotwild gebe. Jedes Jahr müssten 500 Rehe und Hirsche geschossen werden, damit die Population nicht in die Tausende geht und den restlichen Wald vernichtet.
"Das ist in ein paar Wochen getan – peng. Aber wenn wir auf einem Stück Land ein Wolfsrudel einführen, würden vier bis fünf Wölfe die Zahl des Rotwildes auf einer Höchstgrenze von 700 halten. Das Wolfsrudel würde sich vermehren, wir hätten dann ein zweites Rudel in einem Gebiet von 200 Quadratkilometern. Wir brauchten nur die Zahl der Wölfe zu kontrollieren, das wäre die einzige Intervention. Weil die Wölfe das Wild Tag und Nacht jagen würden, während wir jetzt auf der Pirsch zehn Prozent schießen müssen."
deshalb, fügt Paul hinzu, brauche er doppelt soviel Land wie jetzt.
Nach einer Weile erreichen wir einen Wasserfall, in einer wilden Schlucht.
Paul, lässig in Jeans und blau kariertem Hemd, lässt es sich nicht nehmen, auf die zerklüfteten Felsen zu klettern, unter ihm die reißende Strömung des Flusses. Mit bloßem Auge sehe man Lachse durch die Gischt springen, schreit er herüber.
"Sie kommen von Grönland, immer zu demselben Fluss, in dem sie geboren sind, nachdem sie Tausende Meilen geschwommen sind. Die Ökologie der Lachse ist ziemlich kompliziert, aber faszinierend. Alladale ist einer der besten Plätze für den Lachsfang. Genau hier legen sie ihre Eier, nicht unten am Fluss, sondern hier oben. Ein guter Platz für Sportfischer."
Wildnisbegeisterte Gäste können in Alladale auch Forellen angeln und Fliegenfischen lernen. Sie können mit Highland Ponys ausreiten, Trekking- und Radtouren unternehmen und auf Rotwild-Pirsch gehen. Man wohnt mitten in der Natur und gleichzeitig komfortabel – in der Lodge und in zwei kleinen, romantisch gelegenen Steinhäuschen, die erst kürzlich in die Hänge gebaut wurden. Mittlerweile arbeiten 19 Leute in Alladale. Pauls wichtigster Mann im Gelände ist Ranger Innes MacNeill, fest verwurzelt in den Highlands und von selbstbewusster Gelassenheit. Die Gegend kennt er wie seine Westentasche, die Pflanzen und Tiere, die Verstecke der Dachse, die Plätze der roten und schwarzen Moorhühner.
"Die Wölfe verschwanden hier vor 350 Jahren, nachdem die Bäume für den Schiffsbau abgeholzt worden waren. Und vor 150 Jahren folgte die gewaltsame Vertreibung der Hochlandbauern durch den Herzog von Sutherland, der den ganzen Norden besaß. Er ließ die Wälder niederbrennen, um frisches Weideland für Schafe, Abertausende von Schafen zu gewinnen."
Im Geländewagen kurven wir auf schmalem Pfad am mäandernden Fluss entlang durch ein enges Tal, gesäumt von braunroten, heidekrautbedeckten Bergen. Wie schlafende Dinosaurier liegen sie unter einem schwermütigen Himmel. Eine zottelige Hochlandkuh mit langen gebogenen Hörnern, die Augen unsichtbar unter dichten Haaren, trottet durch das Gras am Ufersaum.
Ein Stückchen weiter stoppt Innes den Landrover vor einer großen Ansammlung von Setzlingen.
"Die hat uns die Forstwirtschaft der schottischen Regierung gestiftet, 1600 Kiefern-Bäumchen pro Hektar. In den nächsten Wochen werden an den Hängen insgesamt 150.000 Setzlinge eingepflanzt. Sie werden eine Fläche von knapp einem Quadratkilometer bedecken. Das ist nichts! Ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir zäunen die Bäumchen ein, um sie vor dem Rotwild zu schützen. Vielleicht wird man hier in 50 Jahren einen schottischen Kiefernwald sehen. Aber dann falle ich um und sterbe. Dann wird noch nicht alles bedeckt sein, es ist zu schlimm zerstört. Ich kann nur hoffen, dass meine Enkelkinder den Wald sehen werden."
Und Paul? Man muss damit anfangen, sagt er, auch wenn es 100 Jahre dauert, den ursprünglichen schottischen Wald zu restaurieren.
"Aber es ist ja nicht für mich. Was ich will, ist der Wolf. Mein Modell ist, die Wölfe zurückzubringen. Und ohne Wölfe wird es keine 100 Jobs geben."
Im Dorfpub von Ardgay, meilenweit entfernt, hat man sich über Paul, den "Wolfsmann", lustig gemacht und seine Ranger oft mit Wolfsgeheul begrüßt. Aber die meisten stehen mittlerweile hinter Paul, weil seine Vision Hoffnung macht. Hoffnung auf Jobs. Hoffnung auf eine Zukunft in den Dörfern der Highlands.