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Die Vorbereitung auf den Ernstfall

Sie sind immer blitzschnell vor Ort, wenn Katastrophen wie Hochwasser, Erdbeben oder Flugzeugabstürze eintreten. Ihre Einsatzfähigkeit trainieren sie in großen Stabsübungen - die Ehrenamtlichen vom Technischen Hilfswerks.

Von Claudia Sanders |
    Für den Fall der Fälle sind sie einsatzbereit, die 80.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des Technischen Hilfswerks, kurz THW genannt. Frank Schulz:

    "Dann machen wir gegebenenfalls auch Voralarmierung, dass also Helfer sich bereithalten für den Fall, dass es zum Einsatz kommt, dass man eben schnell über die Personen verfügen kann. Das kann bis dahin gehen, dass eine gewisse Anzahl von Helfern schon in den Ortsverbänden ist, um in Bereitschaft zu sein, um die nötigen Maßnahmen einzuleiten. Das ist bisher nicht der Fall."

    Das erklärt Frank Schulz, Bundessprecher der Ehrenamtlichen. Die Sicherheitswarnung lässt die THW-Helfer zwar hellhörig werden, in Alarmbereitschaft sind sie deswegen aber noch nicht. Zu unkonkret sind die Hinweise. Zudem gilt, so Schulz. Seine Leute werden nur nach Aufforderung tätig, in den meisten Fällen sind es Polizei oder Feuerwehr, die direkte Hilfe des THW anfordern.

    Nach jedem größeren Schadenfall gibt es die sog. Chaosphase, die je nach Intensität unterschiedlich lang ist. Chaosphase, in der noch keine Struktur da ist, wie man das angeht, keine ausreichende Kommunikation, Aufstellung, erreichen von Hilfskräften vor Ort.

    Damit diese Chaosphasen möglichst kurz sind, muss das Zusammenspiel aller Einsatzkräfte geübt werden. Je nach Kommune und Land geschieht dies unterschiedlich häufig. Und auch auf Bundesebene gibt es solche Übungen. Frank Schulz:

    "Also bundesweit haben wir eine große Stabsübung jedes Jahr, Lükex, mit unterschiedlichen Szenarien. (Das war jetzt Pandemie, das war ein über mehrere Tage gehender Stromausfall, es soll geübt werden eine schmutzige Bombe, die also Radioaktivität verbreitet und dadurch z großen Schaden und Toten führen würde.) Dass hier eben auch das Zusammenspiel der Länder und Organisationseinheiten geübt wird. Das ist denke ich das Wichtigste, das Zusammenspiel und die Kommunikation zwischen den einzelnen Einheiten und das ist sicher noch verbesserungsfähig."

    Ob Gasexplosion, Zugunglück, Hochwasser oder Flugzeugabsturz – alles Szenarien, bei denen das THW schon oft geholfen und entsprechend gut vorbereitet ist. Es gebe aber Punkte, da sieht Schulz noch deutlichen Handlungsbedarf. Er verweist auf eine Studie des Allianz-Unternehmens aus dem Jahr 2008. Darin wurde untersucht, wie gut das Katastrophen- und Krisenmanagement in Deutschland ist. Auszug aus der Studie:

    "Insbesondere folgende Katastrophe wird die Leistungsfähigkeit des heutigen Katastrophenschutzes übersteigen: ein Massenanfall von deutlich mehr als ca. 1000 Verletzten; Begründung: Für derartige Fälle liegen keine Erfahrungen, keine Einsatzpläne und keine Behandlungskapazitäten, also Notärzte, Rettungsfahrzeuge, Operationsteams, Klinikbetten et cetera, vor."

    Wobei ein Massenanfall beispielsweise ein Bombenanschlag sein könnte, bei dem Hunderte oder eben über tausend Verletzte oder Tote zu beklagen wären. Frank Schulz:

    "Ich meine weiterhin, so wie die Allianzversicherung es korrekt in ihrer Studie darstellt, das ist ein wunder Punkt, wo wir nicht genügend aufgestellt sind."

    Daneben bereitet Frank Schulz noch ein weiteres Szenario – das kein terroristischer Angriff sein muss und auch in der Allianz Studie erwähnt wird - Kopfzerbrechen:

    "Andere Sorgen, die wir haben, was unsere Infrastruktur angeht wie: ein langfristiger Stromausfall. Da macht sich ein Großteil der Bevölkerung überhaupt keine Gedanken darüber, wie weitgreifend das ist. Dass kein Supermarkt, keine Tankstelle mehr funktioniert, die Heizung nicht geht und Vorstellung, dass es hier zu lang dauernden Störungen kommt, ist meistens doch sehr fremd."

    Die Bevölkerung müsste noch mehr aufgeklärt werden, findet Frank Schulz, so mache beispielsweise das Anlegen von Vorräten durchaus auch heute noch Sinn. Das helfe im Krisenfall und spare Geld:

    "Jeder Euro, den wir vor einer Katastrophe nicht ausgeben, muss den siebenfachen Betrag nach einer Katastrophe ausgeben."

    Womit wir beim Geld wären – das auch beim THW knapp ist. Terrorismusdrohungen hin oder her – die Ausstattung des Technischen Hilfswerkes ist in manchen Bereichen nicht gerade auf dem neusten Stand: Frank Schulz:

    "Wir haben immer noch einen Stau in der Fahrzeugbeschaffung von 120 Millionen Euro. Oft sind die Fahrzeuge älter als die Fahrer, die auf ihnen sitzen."

    Im vergangenen Jahr bekam das THW aus dem Konjunkturpaket II gut 28 Millionen Euro um Fahrzeuge zu beschaffen – nur reicht das immer noch nicht. Frank Schulz:

    "Es war jetzt im Haushalt geplant worden eine Reduzierung unserer investiven Mittel, aus denen eben auch Fahrzeuge und Geräte gekauft werden, um vier Millionen Euro. Erfreulicherweise hat sich bei der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses letzte Woche die große Mehrheit aller Parteien darauf geeinigt, dass diese Reduzierung nur um zwei Millionen stattfindet."

    Auch am Personal sollte gespart werden: 74 Stellen von den knapp 800 hätten laut erstem Haushaltsentwurf wegfallen sollen. Immerhin - auch hier waren sich alle Parteien im Haushaltsausschuss einig. Einen Personalabbau darf und wird es nicht geben. Und mehr noch: Das Technische Hilfswerk ist nun als "Sicherheitsbehörde" eingestuft worden. Und die bleiben generell von solchen Kürzungen verschont.