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Die wachsende Macht der Suchmaschinen im Internet

Suchmaschinen haben als Filter für Informationen im Internet eine Schlüsselfunktion. Umso kritischer muss man die Konzentration auf wenige Anbieter bewerten. Jede zweite Suchanfrage läuft über den Marktführer Google. Yahoo rangiert mit 22 Prozent Marktanteil auf Platz 2.

Von Anja Arp | 29.06.2006
    "Ich denke wir befinden uns bei der Situation mit den Suchmaschinen so ein bisschen, wie beim Fernsehen in den 60er Jahren. Das ist eine Black-Box noch für uns. Ein neues Medium, wir sind fasziniert davon, was es hervorbringt, aber wir wissen wenig über die Hintergründe. Wir wissen wenig wie es funktioniert. (In den 60er Jahren war es beim Fernsehen ja auch so. Die Leute waren sehr gläubig gegenüber dem, was da produziert wurde und erst nach und nach haben wir eine Medienkritische Haltung erlernt.) Das müssen wir auch noch lernen im Bereich der Suchmaschinen. Wir müssen da differenzierter uns auskennen, wir müssen auch die Grenzen kennen."

    Eigentlich müssten wir mit den Suchmaschinen genauso kritisch umgehen wie mit anderen traditionellen Medien, fordert Tagungsleiter Prof. Marcel Machill vom Lehrstuhl für Journalismus der Universität Dortmund. Denn:

    "Suchmaschinen haben in unserer Medienwelt eine enorme Macht erlangt, da sie nämlich sehr stark darüber mitentscheiden, was wir im Internet überhaupt zu Gesicht bekommen. Zeitungen und Fernsehen und Radio sind ja auch solche Gatekeeper, also solche Torwächter, die darüber entscheiden, welche Nachrichten wir zu Gesicht bekommen oder zu hören bekommen. Und im Internet sind es eben ganz besonders die Suchmaschinen, die bei dieser großen Informationsfülle vorstrukturieren, was wir dann letztlich konsumieren können."

    In unserem "globalen Dorf" haben Suchmaschinen inzwischen als Filter für Informationen im Internet eine Schlüsselfunktion. Früher waren Radio und Fernsehen das Tor zur Welt. Heute benutzen viele vor allem den Datenhighway, um sich zu informieren. Und viele vertrauen dabei auf eine der großen Suchmaschinen. "Info Krake Google" titelte deshalb kürzlich eine renommierte Fachzeitschrift:

    "Im Bereich der Suchmaschinen hat eine enorme Konzentration stattgefunden. Eine Konzentration, die quasi zu einem Monopol geführt hat. Google ist sehr, sehr mächtig geworden. Und das ist eine Konstellation, die im klassischen Medienbereich von der Medienaufsicht kaum toleriert würde. Hier würde man nach Anti-Konzentrationsmaßnahmen rufen. Im Bereich der Suchmaschinen ist das bei der Medienpolitik noch nicht ganz so angekommen und es ist ja auch ein bisschen schwieriger dagegen vor zu gehen."

    Jede zweite Suchanfrage läuft über den Marktführer Google. Yahoo rangiert mit 22 Prozent Marktanteil auf Platz 2. Natürlich gibt es auch kleine Suchmaschinen wie die "Suchbiene" oder die "Blinde Kuh" für Kinder. Dennoch ist Konzentration enorm. Der zweitgrößte in der Branche hat damit offenbar kein Problem. Denn Yahoo versteht sich in erster Linie als Internet-Portal. Tagungsreferent Volker Gläser von Yahoo Deutschland:

    "Suche ist ein wichtiges Thema, das wir aufbauen und ausbauen. Wir bauen sehr kräftig diesen Bereich Suche jetzt weiter auf. Wir haben gerade im deutschen Markt und in den vergangenen anderthalb Jahren über zweieinhalb Millionen neue Nutzer gewonnen und wir sind ganz stolz darauf."

    Wie eine Suchmaschine genau funktioniert, das ist natürlich ein gut gehütetes Firmen-Geheimnis. Volker Gläser erklärt das Prinzip:
    "Wir betreiben eine Software, wenn sie so wollen. Bei Suchmaschinen spricht man sehr häufig von Crawlern oder Spidern. Das bedeutet, diese Software läuft eigentlich, um im Bild zu bleiben, läuft durch das Internet und sammelt Internet-Adressen ein, stellt sie dann in einen Index, listet diese Informationen nach Relevanz. Und dazu benutzen wir eine Technologie, die versucht, Internet-Inhalte auf Gehalt, auf Relevanz, auf Wichtigkeit zu den Suchbegriffen, die die User eingeben, die die Benutzer eingeben, zu gewichten."

    Und die Relevanz oder das Ranking ist das eigentliche Geheimnis. Denn wer bei Google, Yahoo oder MSN auf dem ersten Platz landet, der wird mit ziemlicher Sicherheit angeklickt. Jede Suchmaschine hat dafür ihre speziellen Algorithmen, mit denen die Sucheinträge gefiltert, geordnet und dann gelistet werden.

    "Wie genau das Ranking zu Stande kommt, das wird von den Suchmaschinen nicht verraten. Das ist auch verständlich, das ist so zu sagen die geheime Coca-Cola Rezeptur einer Suchmaschine Aber wir wissen natürlich welche Faktoren insgesamt dort hineinspielen. Bei Google ist zum Beispiel ganz, ganz wichtig, das so genannte Page-Rank-Verfahren. Die Idee dahinter ist, je mehr Links auf eine Web-Seite verzeigen, desto bedeutender ist diese Web-Seite und dementsprechend wird sie dann in der Ranking-Liste höher gerankt. Damit kann man dann aber auch wieder manipulieren. Und das öffnet Tor und Tür den so genannten Search-Engine-Optimisern, also einem Berufsstand, der sich genau darauf spezialisiert hat, Web-Seiten künstlich im Ranking der Suchmaschinen nach oben zu bringen."
    Ein besonders beliebtes Verfahren sind dabei so genannte Link-Farmen.

    "Das heißt, ich baue mir künstlich zusätzliche Links auf, die dann auf meine zu optimierende Web-Seite verlinken. Wichtig ist halt, dass der Such-Roboter denkt, meine Web-Seite ist besonders gut verlinkt. Dieses Verfahren nennt man dann Goggle-Bombing."

    Wenn man also den Begriff "Winterreifen" eingibt und Sonnenschirme ganz oben auf dem Such-Ergebnis auftauchen, dann ist da eindeutig was schief gelaufen. Doch die Suchmaschinen-Betreiber wissen sich inzwischen gegen solche Attacken zu schützen, erklärt Volker Gläser:

    "Software, die wir heute einsetzen, erkennt das, sie erkennt ob Internet-Pages sich an diese Art von Internet-Tankstelle anschließen und der Suchmaschine vorgaukeln möchten, dass sie wichtig seien. Wenn sie das tatsächlich nicht sind, dann ist Software heute, dann ist Suchmaschinen-Technologie heute so weit, dies zu erkennen."

    Wie kann man Suchmaschinen sicher und transparent machen? Wie gehen wir mit der zunehmenden Konzentration um? Und wie kann man den Jugendschutz verbessern? - Das waren einige zentrale Fragen auf dem Workshop in Berlin. Marcel Machill:

    "Wir müssen sicherlich im Bereich des Internets neue medienpolitische Verfahren denken, insbesondere selbstregulatorische Verfahren. Also man darf nicht nach dem Staat mit der Gesetzes-Keule rufen, sondern man muss eben auch auf die Verantwortung der jeweiligen Player setzen. Und da haben insbesondere die deutschen Suchmaschinen Betreiber im vergangenen Jahr eigentlich sehr gutes geleistet, denn sie haben einen Verhaltenskodex unterzeichnet."

    Diesem freiwilligen Verhaltenskodex haben sich zum Beispiel die deutschen Fialen der großen Suchmaschinen-Betreiber angeschlossen, aber auch viele kleine Anbieter.

    "Der Verhaltenskodex beinhalten beispielsweise, dass die Suchmaschinen-Betreiber ganz klar zwischen Werbung und normalen Inhalten differenzieren. Sie machen also klar, ob ein Eintrag auf der Liste, die von der Suchmaschine generiert wird durch Bezahlung hervorgerufen wurde, oder ob sie über den normalen Such-Algorithmus hervorgerufen wurde. Ein zweites Beispiel ist, dass die Suchmaschinen in ihren Ranking-Lists, keine jugendgefährdenden Inhalte in Deutschland aufzeigen. Das denke ich, ist ein guter Fortschritt."

    In einem zweiten Panel ging es bei dem Workshop dann um Suchmaschinen und Journalismus: Prof. Marcel Machill:

    "Denn die Suchmaschinen werden ein immer wichtigeres Recherche-Instrument für die Journalisten. Das ist auf der einen Seite eine Chance, weil man sehr schnell an Informationen herankommt, auf der anderen Seite aber auch eine Gefahr, weil Journalisten sich zu sehr auf die Suchmaschinen verlassen und dann kann es gefährlich werden."

    Eine Recherche kann bei Google beginnen, sollte aber dort nicht enden, erklärt Marcel Machill. Sein Fazit der Tagung:

    "Suchmaschinen sind sehr hilfreiche Instrumente die uns dabei helfen, uns im Internet zu bewegen, sowohl für die normalen Nutzer als auch für Journalisten. Aber wir müssen noch mehr über ihre Grenzen und ihre Funktionsweisen wissen, damit wir nicht in die Fallen tappen, die teilweise von außen aufgestellt werden."