Der psychische Zusammenbruch in der Adoleszenz wird von Katz als Heimsuchung erfahren. Und damit ist auch der Zusammenhang hergestellt zwischen seiner Welt und der Welt der titelstiftenden Kafka-Erzählung "Die Wahrheit über Sancho Pansa", die im Geburtsjahr von Heinrich Katz 1917 entstanden ist. Sancho Pansa, heißt es bei Kafka, habe seinen Dämon durch Lektüren von sich abgelenkt und aus seinen verrückten Taten "nützliche Unterhaltung bis an sein Ende" gezogen. Bei Kafka steht Sancho Pansa für die gleichmütige, mittlere, verantwortliche Lebensführung, Don Quixote hingegen für die wahnhafte, gefahrvolle und ‘teuflische’ Phantasie. Der Kampf mit dem Dämon wird als innerpersonal-psychisches Problem dargestellt, und zugleich sind der traurige Ritter und sein munterer Knecht auch Archetypen des Erinnerungsvermögens. "Mit ihnen reitet das Gedächtnis, und zwar auf dem Esel - sowie das Vergessen, und zwar zu Pferde", so Harald Weinrich.
Heinrich Katz wird als ruhiger, besonnener, fast betulicher alter Mann geschildert, als Flaneur und ein bißchen auch Voyeur, dem es - ähnlich wie Sancho Pansa - gelungen ist, seinen Dämon durch Lektüren in Schach zu halten. Er heißt Heinrich, wie Faust, aber nicht Pudel, sondern Katz. Ganz folgerichtig hat er sich den wenig aufregenden Beruf des Bankangestellten ausgesucht, bevor er ins universitäre Lehrfach Philosophie wechselte. Auf seiner Publikationsliste steht ein Werk über Plotin, der am Feldzug von Kaiser Gordianus teilnahm - und damit am "kurze[n], romantisch vergebliche[n] Kampf gegen die Windmühlen der neuen Zeit". Gemeint ist die offene Feldschlacht zwischen Kultur und Barbarei, die im Deutschland der dreißiger Jahre ebenso wie im 3. Jahrhundert nach Christus von den Barbaren angezettelt und gewonnen wurde.
Am Leitfaden des 20. Jahrhunderts verschriftet Katz, den Laptop auf den Knien, sein eigenes Leben. Für die Heimsuchung durch den wie immer gearteten "Teufel" hat auch er keine Erklärung. Dem Autor Stephan Wackwitz geht es weniger um Psychologie als um Mythologie. Der Fiktion zufolge präsentiert uns dieser Roman die Rollenprosa eines alten Mannes, dem Erinnerungsbilder aufsteigen, die er für eine Nachwelt verschriftet. Zu dieser Rollenprosa gehört der leicht antiquierte, häufig zum Idiom erstarrte Sprachgebrauch: "Anfechtungen", "schlechterdings", "gemeinhin", "derlei", "hierzulande" und dergleichen. Die lyrische Prosa, die Katz schreibt, ist nur zur Hälfte die des Philosophen, zur anderen Hälfte aber die des Bankangestellten - wenig bildhaft und anschaulich, oberflächlich-beschreibend, oft zu harmlos und nicht selten seelenlos. Der existentielle Schrecken, von dem Katz erzählt, bleibt ebenso Behauptung wie die Phantasie, die ihn angeblich umtreibt. Für einen Dritten ist beides nicht erfahrbar, die Figuren bleiben blaß, die Erzählung beginnt und endet konventionell: Am Anfang die Vorstellung der Familie, wer bin ich, wo komme ich her. Am Ende der Tod - mitten im Satz. Mühsam und ohne Ingenium erfolgt die Bereitstellung des kulturellen Wissens: Wer war Plotin, wie kam es zum Sturz der beiden Gordiane, was hat das alles mit dem verschollenen Werk des Origines zu tun, "Der König allein ist Dichter". Man spürt, hier ist eine sorgfältig konstruierte Geschichte zu bergen, nur die sprachliche und imaginative Kraft reicht nicht aus, es mit Verve und Farbe zu tun. Das Programm also ist überzeugender als seine Umsetzung - ein schmales Werk zieht sich ermüdend hin: Die Darstellung des Selbst ist kein Abenteuer mehr, kein lohnendes Stoffgebiet, und die formale Bewältigung erschöpft sich in der konventionellen Nacherzählung einer subjektiven Selbstvermessung.
Heinrich Katz wird als ruhiger, besonnener, fast betulicher alter Mann geschildert, als Flaneur und ein bißchen auch Voyeur, dem es - ähnlich wie Sancho Pansa - gelungen ist, seinen Dämon durch Lektüren in Schach zu halten. Er heißt Heinrich, wie Faust, aber nicht Pudel, sondern Katz. Ganz folgerichtig hat er sich den wenig aufregenden Beruf des Bankangestellten ausgesucht, bevor er ins universitäre Lehrfach Philosophie wechselte. Auf seiner Publikationsliste steht ein Werk über Plotin, der am Feldzug von Kaiser Gordianus teilnahm - und damit am "kurze[n], romantisch vergebliche[n] Kampf gegen die Windmühlen der neuen Zeit". Gemeint ist die offene Feldschlacht zwischen Kultur und Barbarei, die im Deutschland der dreißiger Jahre ebenso wie im 3. Jahrhundert nach Christus von den Barbaren angezettelt und gewonnen wurde.
Am Leitfaden des 20. Jahrhunderts verschriftet Katz, den Laptop auf den Knien, sein eigenes Leben. Für die Heimsuchung durch den wie immer gearteten "Teufel" hat auch er keine Erklärung. Dem Autor Stephan Wackwitz geht es weniger um Psychologie als um Mythologie. Der Fiktion zufolge präsentiert uns dieser Roman die Rollenprosa eines alten Mannes, dem Erinnerungsbilder aufsteigen, die er für eine Nachwelt verschriftet. Zu dieser Rollenprosa gehört der leicht antiquierte, häufig zum Idiom erstarrte Sprachgebrauch: "Anfechtungen", "schlechterdings", "gemeinhin", "derlei", "hierzulande" und dergleichen. Die lyrische Prosa, die Katz schreibt, ist nur zur Hälfte die des Philosophen, zur anderen Hälfte aber die des Bankangestellten - wenig bildhaft und anschaulich, oberflächlich-beschreibend, oft zu harmlos und nicht selten seelenlos. Der existentielle Schrecken, von dem Katz erzählt, bleibt ebenso Behauptung wie die Phantasie, die ihn angeblich umtreibt. Für einen Dritten ist beides nicht erfahrbar, die Figuren bleiben blaß, die Erzählung beginnt und endet konventionell: Am Anfang die Vorstellung der Familie, wer bin ich, wo komme ich her. Am Ende der Tod - mitten im Satz. Mühsam und ohne Ingenium erfolgt die Bereitstellung des kulturellen Wissens: Wer war Plotin, wie kam es zum Sturz der beiden Gordiane, was hat das alles mit dem verschollenen Werk des Origines zu tun, "Der König allein ist Dichter". Man spürt, hier ist eine sorgfältig konstruierte Geschichte zu bergen, nur die sprachliche und imaginative Kraft reicht nicht aus, es mit Verve und Farbe zu tun. Das Programm also ist überzeugender als seine Umsetzung - ein schmales Werk zieht sich ermüdend hin: Die Darstellung des Selbst ist kein Abenteuer mehr, kein lohnendes Stoffgebiet, und die formale Bewältigung erschöpft sich in der konventionellen Nacherzählung einer subjektiven Selbstvermessung.