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Die wertvollsten Saiteninstrumente der Welt sind in Italien zu Hause

Cremona ist die Hochburg des europäischen Geigenbaus. Hier in der Lombardei wurden die bis heute wertvollsten Saiteninstrumente gebaut - von Antonio Giacomo Stradivari. Dank einer Stiftung und anderen Förderern hat nun in Cremona das erste Stradivari-Museum eröffnet.

Von Thomas Migge | 20.09.2013
    Jeden Tag findet sich ein Geigenbauer im Museum ein, um einige Stunden an einer Werkbank zu arbeiten – vor Publikum.

    Führungen, auf Wunsch auch in englischer Sprache, Videoinstallationen, multimediale Erklärungstafeln, Hunderte von Ausstellungsobjekten aus rund 600 Jahren Instrumentengeschichte und natürlich Musik: In den zehn Sälen des neuen und europaweit ersten Museums der Violine werden nicht einfach nur sündhaft teure Stradivari und andere Streichinstrumente ausgestellt, erklärt Museumskurator Andrea Mosconi:

    "Wir wollen die Violine vorstellen. Ihre Geschichte, ihre Tradition. Aber nicht nur in Form von Ausstellungsobjekten, die hinter Panzerglas gezeigt werden. Musik ist etwas Lebendiges, also musste auch dieses Museum lebendig gestaltet werden. Und so sieht man hier auch, wie eine Violine geschaffen wird."

    Die Geigenbautradition Cremonas begann mit Nicolo Amati, 1596 bis 1684. Amatis Geigenmodell ist für seine Größe und die charakteristische hohe Wölbung der Decke bekannt. Auf diese Weise erreichte Amati einen intensiven aber doch lieblichen Klang. Erst mit diesem Instrument wurden die Geigen aus Cremona europaweit berühmt. Amatis bedeutendster Schüler war Antonio Stradivari, 1648 bis 1737. Er entwickelte eine kleinere, niedriger gewölbte und kräftiger klingende Violine als sein Meister. Mit den Ansprüchen des solistischen Spiels im Laufe der Musikgeschichte setzte sich dieser Geigentypus durch. Bis heute versorgen sich berühmte Musiker mit Instrumenten aus Cremona.
    Andrea Mosconi:
    "Es existiert bei uns immer noch die Tradition der Instrumentenbauer. Wir haben 156 Handwerksbetriebe, die Streichinstrumente herstellen. 40 Prozent aller Geigenbauer sind Ausländer, auch Deutsche. Die Stadt vergibt alle drei Jahre einen begehrten Preis, mit dem der beste Handwerker für Streichinstrumente ausgezeichnet wird. Dieser Handwerkszweig ist nach wie vor lebendig."

    Untergebracht ist das Museum in einem modernistischen Bau aus den 30er Jahren. Herzstück sind zwei Säle. Sie präsentieren Meisterwerke Cremoneser und italienischer Violinenkunst: Violine "Clisbee", 1669, von Antonio Stradivari, die Violine "Stauffer" von Giuseppe Guarneri, 1734, um nur einige zu nennen.

    Das Violinenmuseum in Cremona ist nur dank der finanziellen Hilfe einer privaten Stiftung möglich geworden. Sie finanziert auch die laufenden Kosten sowie das Programm des museumseigenen Auditoriums mit 500 Sitzplätzen. Geld kommt auch von den so genannten "Friends of Stradivari", ein internationales Netzwerk von Sponsoren, Musikologen und Künstlern. Sie stellten dem Museum acht kostbare Stradivaris aus dem späten 17. bis späten 18. Jahrhundert als Dauerleihgaben zur Verfügung. Darunter die berühmte "The Rougemont"-Violine von 1703, aus dem Besitz des Henry Ford Museum in den USA.
    Die Stadt Cremona, die Region Lombardei oder das Kulturministerium in Rom - alle drei mehr als nur knapp bei Kasse – hätten angesichts der immer noch dramatischen italienischen Finanz- und Wirtschaftskrise nie die nötigen Gelder für dieses Museumsprojekt aufbringen können.