Schnellverfahren an EU-Außengrenzen
Asylsuchende mit geringer Bleibechance - zum Beispiel aus Marokko, Tunesien oder Bangladesch - sollen schneller und direkt von den EU-Außengrenzen abgeschoben werden. Dafür sollen die Ankommenden bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen untergebracht werden können. Während der Schnellverfahren gelten die Menschen juristisch als "nicht eingereist". Das bedeutet, sie haben nicht dieselben Rechte wie Asylbewerber. Deutschland hatte sich dafür eingesetzt, neben unbegleiteten Minderjährigen auch Familien mit Kindern von diesen Verfahren auszunehmen, setzte sich mit dieser Forderung aber nicht durch.
In die Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen sollen auch Migranten kommen, die als Sicherheitsgefahr eingestuft werden, oder die Behörden in die Irre geführt haben, etwa mit einem falschen Pass. Betroffene sollen einen kostenlosen Rechtsbeistand erhalten.
Um die Schnellverfahren zu ermöglichen, wollen die Mitgliedsländer zunächst 30.000 Plätze in Grenzlagern schaffen, nach vier Jahren sollen es 120.000 sein.
Krisenverordnung macht Sonderregeln möglich
Die sogenannte Krisenverordnung ist ein weiterer Baustein des Reformpaketes. Sie tritt in Kraft, wenn besonders viele Migranten gleichzeitig nach Europa kommen. In diesem Fall sollen die Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen auch für Menschen aus Ländern mit einer 50-prozentigen Anerkennungsquote möglich sein. Sie können dann außerdem 18 statt 12 Wochen festgehalten werden.
Abschiebung in sichere Drittstaaten
Die Mitgliedsländer der EU dürfen künftig abgelehnte Asylbewerber in "sichere Drittstaaten" abschieben. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen eine Verbindung zu diesem Land haben - etwa Angehörige, die dort leben. Eine Durchreise reicht nicht aus. Ein Drittstaat gilt nur dann als sicher, wenn dort das Leben und die Freiheit der Migranten garantiert ist. Dabei können auch einzelne Regionen eines Drittstaates als "sicher" erklärt werden. Eine EU-Liste solcher sicherer Länder bzw. Regionen gibt es bisher nicht, sie soll nun erarbeitet werden.
EU-Solidaritätsmechanismus
Die EU will jährlich mindestens 30.000 Migranten aus Italien oder Griechenland auf andere EU-Länder umverteilen. Mitgliedstaaten, die sich weigern, Geflüchtete aufzunehmen, müssen künftig in anderer Form Unterstützung leisten – etwa durch Geldzahlungen. Im Gespräch sind 20.000 Euro pro Asylbewerber. Alternativ können sie Grenzbeamte entsenden oder Projekte in Drittländern finanzieren. Die Details werden von der EU-Kommission noch ausgearbeitet.
Neue Regeln für Erfassung der Migranten
Bislang kommen zahlreiche Menschen in Deutschland und anderen EU-Staaten an, die nach ihrer Einreise in die EU nicht registriert wurden. Dies soll sich mit der Reform ändern. Grenzländer wie Italien oder Griechenland sollen biometrische Fingerabdrücke oder Fotos der Migranten in der EU-Datenbank Eurodac speichern. Erstmals sind auch Kinder ab sechs Jahren davon betroffen, bisher galt 14 Jahre als Untergrenze.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Reform muss noch vom Rat der 27 Mitgliedstaaten bestätigt werden - was als Formsache gilt. Danach haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, um die Vorgaben umzusetzen.
Diese Nachricht wurde am 10.04.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.