Montag, 29. April 2024

Asylpolitik
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Bezahlkarte für Asylbewerber

Asylbewerber sollen künftig einen Teil ihrer Leistungen als Guthaben auf einer Bezahlkarte bekommen. Darauf hatten sich Bund und Länder schon im November geeinigt. Nun haben sich die Fraktionen der Ampel-Koalition nach wochenlangen Diskussionen auf einen Entwurf für eine bundesweite Rechtsgrundlage verständigt.

05.04.2024
    München: Ein Mann hält während einer Pressekonferenz eine Bezahlkarte in der Hand.
    In Bayern wurden die ersten Bezahlkarten an Asylbewerber schon ausgegeben - nun hat sich in Berlin die Ampel-Koalition auf eine Gesetzesgrundlage geeinigt (Archivbild). (Sven Hoppe / dpa / Sven Hoppe)
    Damit werde der Wunsch der Länder umgesetzt, teilten die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP in einer gemeinsamen Erklärung mit. Bezahlkarten seien bisher auch schon möglich gewesen, erklärte die SPD-Politikerin Schmidt. Nun gebe es einen gemeinsamen, rechtssicheren Rahmen.

    Wie funktionieren die Bezahlkarten?

    Mit der Karte sollen Geflüchtete einen Teil der ihnen zustehenden Leistungen als Guthaben statt per Barauszahlung erhalten. Sie sollen - wie mit einer EC-Karte - bargeldlos einkaufen können. Es soll eine guthabenbasierte Karte ohne Kontobindung sein. Zudem soll sie nur innerhalb Deutschlands nutzbar sein. Nach dem Rahmen, auf den sich die Länder geeinigt haben, sollen Überweisungen nicht möglich sein.
    Die Behörden vor Ort sollen selbst entscheiden können, wieviel Bargeld die Asylbewerber mit der Karte innerhalb eines bestimmten Zeitraums abheben können.
    Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Audretsch, sagte: "Das Taschengeld für den Schulausflug, das Busticket, um zum Ausbildungsplatz zu kommen, der Strom- oder Internetanschluss - all das muss bei der Einführung von Bezahlkarten vor Ort garantiert werden".

    Welchen Vorteil sollen die Karten haben?

    Politiker erhoffen sich zum einen eine Senkung des Verwaltungsaufwands. Durch eine eingeschränkte Nutzung soll außerdem sichergestellt werden, dass die Leistungsempfänger das Geld für sich nutzen und es zum Beispiel nicht in die Herkunftsländer überwiesen wird oder Schleuser damit bezahlt werden. Auch erwarten Politiker, dass dadurch Deutschland als Zielland für geflüchtete Menschen an Attraktivität verliert.

    Wo gibt es die Bezahlkarten bereits?

    Mehrere Landkreise haben bereits Modellprojekte gestartet - etwa die Thüringer Landkreise Greiz und Eichsfeld. Auch in Hannover gibt es bereits seit einiger Zeit eine solche Bezahlkarte, in Hamburg seit Februar. Bayern hat im März eine Testphase der Bezahlkarte in vier Pilotregionen (Landkreise Fürstenfeldbruck, Günzburg, Traunstein, kreisfreie Stadt Straubing) gestartet.
    Die Karten sind unterschiedlich ausgestaltet. Auch die Bilanz fällt unterschiedlich aus: Verantwortliche Politiker sind zufrieden, Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Verfahren und bemängeln Einschränkungen für Asylbewerber.

    Wann führen die Länder die Karten ein?

    14 Bundesländer haben sich inzwischen auf ein gemeinsames Vergabeverfahren verständigt. Eine Vergabe ist laut Ministerpräsidentenkonferenz ab Sommer angestrebt. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen eigene Wege gehen.

    Wie lautet die Kritik an der Bezahlkarte?

    Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Alabali-Radovan, hatte mit Blick auf die geplante Umstellung von Bargeldzahlungen auf Bezahlkarten vor Nachteilen für Asylbewerber gewarnt. Es dürfe nicht sein, dass Menschen durch Bezahlkarten in Läden als Geflüchtete identifizierbar seien. Die brandenburgische Integrationsbeauftragte Lemmermeier sprach von einer Art der Diskriminierung. Den Menschen werde nicht zugetraut, verantwortlich mit Geld umzugehen.
    Der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration der Bundesregierung, Vorländer, glaubt nicht, dass die Karte Flüchtlinge davon abhält, nach Deutschland zu kommen. Untersuchungen hätten gezeigt, dass Sozialleistungen keinen entscheidenden Pull-Faktor darstellten. Der Sozialwissenschaftler Marcus Engler sprach mit Blick auf die Einführung von Bezahlkarten von Symbolpolitik.

    Wie geht es jetzt weiter?

    Geplant ist, dass die Bezahlkarte explizit als eine Option ins Asylbewerberleistungsgesetz aufgenommen wird - neben den bereits bestehenden Möglichkeiten von Geld- oder Sachleistungen. Die Bundesländer können dann entscheiden, ob sie die Karte einführen und wie sie die Nutzung konkret ausgestalten.
    Das Gesetz solle in der kommenden Woche in den Bundestag eingebracht werden, sagte eine Sprecherin der FDP-Fraktion. Die Grünen hatten zuvor noch einige praktische Fragen geklärt wissen wollen. Mit dem nun erzielten Kompromiss zeigten sie sich zufrieden.