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Die Windbranche trifft sich unter veränderten Vorzeichen

Das Ergebnis der Bundestagswahl hat bei Windkraftbetreibern, Herstellern und Verbänden wie eine Bombe eingeschlagen. Denn die Windbranche gehört zu den Bereichen, die sehr stark von politischen Rahmenbedingungen abhängig sind. Deshalb ist trotz der großen Beteiligung an der HusumWind der Optimismus seit Sonntag verhalten.

Von Annette Eversberg |
    Dr. Klaus Rave vom Global Wind Energy Council in Brüssel berichtete bei der gestrigen Veranstaltung in Husum, dass die Wahlen von der europäischen und internationalen Windbranche genauestens beobachtet worden seien. Man habe sich davon überzeugen wollen, dass Deutschland auch künftig seine Rolle als Motor der Windenergie spielen werde:

    "Wir haben in Europa 34.000 Megawatt Windleistung installiert in den Ländern, in denen rechtliche Regime eingeführt worden sind, die eine Stabilität für den Investoren und die Preisabsicherung mit sich geführt haben. Und wir sehen, dass es eben bei der Windkraft nicht nur darum geht, welches Windregime herrscht, sondern auch, welches rechtliche Regime herrscht, und dass beides zusammenkommen muss, um das Potential der Windenergie voll auszuschöpfen."

    Dr. Peter Ahmels, Präsident des Bundesverbandes Windenergie, will sich deshalb in diesem Jahr mit einer klaren Botschaft an Hersteller und Betreiber wenden:

    "Der Markt internationalisiert sich. Es ist nicht mehr nur die Insel der Glückseligen Deutschland, wo Windenergie stattfindet, sondern mehr und mehr das Ausland. Das geht sogar soweit, dass sogar andere Länder mehr aufstellen, als in Deutschland aufgestellt werden, dass der Trend zu den erneuerbaren Energien, weg von den fossilen Energien, sich mehr und mehr durchsetzt."

    Der Staatssekretär im schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministerium, Jost de Jager, will deshalb auf jeden Fall das regionale Gewicht des Landes bei einer künftigen Bundesregierung, gleich welcher Couleur, ins Spiel bringen:

    "Wir haben eine Branche, wir haben einen guten Standort in dieser Branche. Wir haben sehr viele Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein - 5000 - die von der Windenergie abhängen. Und was wir auch bei einer künftigen Bundsregierung schützen wollen, und wo wir auch regionale Interessen wahrzunehmen haben."

    Die Hersteller erwarten eine schnelle Entscheidung für eine neue Bundesregierung. Denn in diesem Jahr werden allein in der Windenergie sieben Milliarden Euro umgesetzt. Die Gesamtzahl aller Beschäftigen in der Branche beläuft sich auf immerhin 67000. Sie kann noch weiter steigen, wenn man die geplanten Offshore-Windparks realisiert. Doch da gerät die Entwicklung in Deutschland derzeit ins Stocken. Anträge dauern Jahre. Da laufen die Kosten weg. Das liegt zum einen daran, dass die Energieversorger bei der Netzanbindung hohe Preise verlangen. Denn hier gibt es keine Liberalisierung, sondern nur ein Monopol. Dr. Hans Joachim Ziesing vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin:

    "Da läuft natürlich was falsch. Deshalb ist die große Hoffnung bei der Bundesnetzagentur angesiedelt, dass dort das Netz wirklich ein Netz wird, zu dem jeder Zugang zu fairen Bedingungen hat. Das ist das Hauptziel, das die Netzagentur hat. Wenn sie das Ziel verfehlt, hat die Netzagentur ihre Existenzberechtigung verfehlt."

    Solche Schwierigkeiten haben Rückwirkung auf die Finanzierungsbereitschaft der Banken. Denn das Risiko bei Offshore-Windparks steigt. Hier empfiehlt Hans Joachim Ziesing, dass Hersteller, Betreiber und Banken das Risiko gemeinsam tragen. Die Forderungen von Offshore-Windparkbetreibern, dass eine neue Bundesregierung die Förderrichtlinien für die Offshore-Parks im Erneuerbare-Energien-Gesetz noch einmal überdenken solle, weil die wirtschaftliche Entwicklung in Asien Auswirkungen auf den Stahlmarkt und damit auch auf die Windenergieanlagen hat, sind für Hans Joachim Ziesing jedoch keine Lösung:

    "Ich würde sagen, ehe man das EEG antastet, sollte man sehr vorsichtig sein, weil man schnell in ganz andere Modelle kommt, die im Ergebnis dann sehr viel ungünstiger sind. Ich glaube, mit dem EEG sind wir ganz gut gefahren bisher. Der Stahlmarkt ist eine sehr eigene Geschichte. Es werden auf dem Stahlmarkt erhebliche Kapazitäten ausgebaut. Und der Engpass, den wir gehabt haben, wird aus meiner Sicht beinahe dem Schweinezyklus folgen und eher wieder in Überschusssituationen landen. Also das sind vorübergehende Dinge. Und kein Fördersystem kann auf vorübergehende Ereignisse reagieren."