Zunächst traut man seinen eigenen Augen kaum: Das riesige Panoramagemälde, 4,20m breit und 1,60m hoch, das wegen seiner Größe nur an der Decke des Berliner Käthe-Kollwitz-Museums Platz findet, wirkt auf den ersten Blick, als habe der berühmt-berüchtigte belgische Maskenmaler James Ensor versucht, die deutsche Wiedervereinigung zu malen. Über die ganze Breite des Bildes erstreckt sich eine bunte Menschenmasse merkwürdig grinsend angedeuteter Gesichter, die an den Rändern mit der staubgrauen Umgebung der Stadt verschwimmen, und in der Mitte des Bildes, jedoch so weit entfernt, dass man es nicht gleich erkennt, steht ein windschiefes Brandenburger Tor, als ob es kurz davor sei, von der anbrandenden Menge umgeworfen zu werden. Die fiebrigen Grün-Gelb-Töne, das gehässige Scharlachrot und das triste Grau-Braun, aus dem Kurt Mühlenhaupt diese Feierlandschaft des 9. November 1989 zusammengesetzt hat, erinnern tatsächlich verblüffend an James Ensors Farbpalette, wie die ganze Bildkomposition auch Ensors Panorama-Meisterwerk "Der Einzug Christi in Brüssel" zitiert, ein Gemälde, das gut hundert Jahre vor der Wiedervereinigung entstand. Ob das alles Zufall sein kann?
Fest steht, und auch das lässt nicht weniger staunen, dass Mühlenhaupt sein Wiedervereinigungsgemälde erst im letzten Jahr, das heißt im stattlichen Alter von 84 Jahren fertig gestellt hat. Dem leicht tupfenden, tänzelnden Pinselstrich und der beinahe übermütigen Grundstimmung des Bildes ist nichts von den Plagen anzumerken, die der Maler durch Krankheit und Alter in den letzten Jahren durchlebt hat. Mit dem Gemälde ist ihm gelungen, was man am ehesten ein spätes "Opus Magnum" nennt.
Danach hatte es in den Jahren zuvor eigentlich gar nicht ausgesehen. Mühlenhaupt war seit Mitte der neunziger Jahre allmählich immer mehr zu seinen Anfängen als Landschaftsmaler zurückgeehrt, mit einem naturalistischen, fast betulichen Ansatz, der nur noch wenig von der unmittelbaren Ausdruckskraft seiner Portraits und Stadtlandschaften aus den besten Schaffensphasen verriet. Seine Vorliebe für Genrehaftes hat ihm seit den sechziger und siebziger Jahren immer wieder die Titulierung als Berliner Zille-Nachfolger oder als naiven Expressionisten eingebracht, von denen Mühlenhaupt selbst nie etwas wissen wollte.
Zwar wurde er früh als Maler Märkischer Landschaften von Karl Hofer in Berlin entdeckt, doch während seines Studiums an der Berliner Kunsthochschule unmittelbar nach Kriegsende ereilte Mühlenhaupt zunächst eine jähe Exkommunikation aus der verschworenen Riege der Berliner Künstlerschaft, indem der berühmte Expressionist und Lehrer Karl Schmidt-Rottluff Mühlenhaupt jegliche künstlerische Fähigkeit absprach. Tief getroffen zog sich Mühlenhaupt damals auf improvisierte Tätigkeiten zurück, eröffnete eine Trödelhandlung und eine Kneipe, traute sich erst langsam und gewissermaßen "trotz allem" an die Malerei zurück.
Die tiefe Niederlage an der Hochschule hat seinen Stil geprägt. Mühlenhaupt besann sich im Lauf der Jahre gewissermaßen auf seine ureigenste Lust am Malen und an der Abbildung seiner Umgebung, orientierte sich nicht an Moden und Stilen, suchte nun immer den möglichst unmittelbaren Ausdruck. Kein Wunder, dass er sich um Einordnungen schon lange nicht mehr schert. In seiner Hochphase, in der er viel gereist ist, sind ihm großartige, spontane Stadtansichten gelungen, Rom und Italien, New York oder Moskau und natürlich immer wieder Berlin, wo er nach und nach zu einer Institution ganz eigener Art wurde.
Er macht keine Unterschiede in den Sujets und weist politische Avancen aller Art zurück. Sein Malstil bleibt bewusst skizzenhaft und reportageartig, richtet sich jedoch dabei immer auf ein spontanes Gefühlsmoment aus, das die Atmosphäre einer Straße, die Anmutung eines Gesichtes oder einer Szene kongenial präzis und mit wenigen Strichen einfängt. Bewusst sucht er sich unauffällige, ja unansehnliche Stadtecken, unbekannte Gesichter von der Straße und rückt sie in den Mittelpunkt, als wolle er die vergessenen Reste der Alltagswahrnehmung ausleuchten. Auch die ensorschen Anklänge seiner Malerei bilden sich in dieser Phase heraus.
Als Mühlenhaupt nach der Wende hat Mühlenhaupt einen heruntergewirtschafteten Landsitz im Brandenburgischen Bergsdorf erwirbt, den er nach und nach zum eigenen Museum ausbaut, ist die späte Genugtuung gegenüber seinen früheren Gegnern gewissermaßen vollbracht. Zugleich aber rundet sich damit eines der bemerkenswertesten Malerleben, das sich auf diese Weise vielleicht nur im Nachkriegsberlin ereignen konnte.
Fest steht, und auch das lässt nicht weniger staunen, dass Mühlenhaupt sein Wiedervereinigungsgemälde erst im letzten Jahr, das heißt im stattlichen Alter von 84 Jahren fertig gestellt hat. Dem leicht tupfenden, tänzelnden Pinselstrich und der beinahe übermütigen Grundstimmung des Bildes ist nichts von den Plagen anzumerken, die der Maler durch Krankheit und Alter in den letzten Jahren durchlebt hat. Mit dem Gemälde ist ihm gelungen, was man am ehesten ein spätes "Opus Magnum" nennt.
Danach hatte es in den Jahren zuvor eigentlich gar nicht ausgesehen. Mühlenhaupt war seit Mitte der neunziger Jahre allmählich immer mehr zu seinen Anfängen als Landschaftsmaler zurückgeehrt, mit einem naturalistischen, fast betulichen Ansatz, der nur noch wenig von der unmittelbaren Ausdruckskraft seiner Portraits und Stadtlandschaften aus den besten Schaffensphasen verriet. Seine Vorliebe für Genrehaftes hat ihm seit den sechziger und siebziger Jahren immer wieder die Titulierung als Berliner Zille-Nachfolger oder als naiven Expressionisten eingebracht, von denen Mühlenhaupt selbst nie etwas wissen wollte.
Zwar wurde er früh als Maler Märkischer Landschaften von Karl Hofer in Berlin entdeckt, doch während seines Studiums an der Berliner Kunsthochschule unmittelbar nach Kriegsende ereilte Mühlenhaupt zunächst eine jähe Exkommunikation aus der verschworenen Riege der Berliner Künstlerschaft, indem der berühmte Expressionist und Lehrer Karl Schmidt-Rottluff Mühlenhaupt jegliche künstlerische Fähigkeit absprach. Tief getroffen zog sich Mühlenhaupt damals auf improvisierte Tätigkeiten zurück, eröffnete eine Trödelhandlung und eine Kneipe, traute sich erst langsam und gewissermaßen "trotz allem" an die Malerei zurück.
Die tiefe Niederlage an der Hochschule hat seinen Stil geprägt. Mühlenhaupt besann sich im Lauf der Jahre gewissermaßen auf seine ureigenste Lust am Malen und an der Abbildung seiner Umgebung, orientierte sich nicht an Moden und Stilen, suchte nun immer den möglichst unmittelbaren Ausdruck. Kein Wunder, dass er sich um Einordnungen schon lange nicht mehr schert. In seiner Hochphase, in der er viel gereist ist, sind ihm großartige, spontane Stadtansichten gelungen, Rom und Italien, New York oder Moskau und natürlich immer wieder Berlin, wo er nach und nach zu einer Institution ganz eigener Art wurde.
Er macht keine Unterschiede in den Sujets und weist politische Avancen aller Art zurück. Sein Malstil bleibt bewusst skizzenhaft und reportageartig, richtet sich jedoch dabei immer auf ein spontanes Gefühlsmoment aus, das die Atmosphäre einer Straße, die Anmutung eines Gesichtes oder einer Szene kongenial präzis und mit wenigen Strichen einfängt. Bewusst sucht er sich unauffällige, ja unansehnliche Stadtecken, unbekannte Gesichter von der Straße und rückt sie in den Mittelpunkt, als wolle er die vergessenen Reste der Alltagswahrnehmung ausleuchten. Auch die ensorschen Anklänge seiner Malerei bilden sich in dieser Phase heraus.
Als Mühlenhaupt nach der Wende hat Mühlenhaupt einen heruntergewirtschafteten Landsitz im Brandenburgischen Bergsdorf erwirbt, den er nach und nach zum eigenen Museum ausbaut, ist die späte Genugtuung gegenüber seinen früheren Gegnern gewissermaßen vollbracht. Zugleich aber rundet sich damit eines der bemerkenswertesten Malerleben, das sich auf diese Weise vielleicht nur im Nachkriegsberlin ereignen konnte.