15. Juni 2023
Die Wirtschaftspresseschau

Das Europäische Parlament hat seine Position zum Umgang mit künstlicher Intelligenz festgelegt. Das ist ein Thema in den Wirtschaftskommentaren der Zeitungen.

Eine Schülerin greift bei einer Ausstellung nach der künstlichen Hand eines Roboters.
Wie sollte Künstliche Intelligenz reguliert werden? (picture alliance / Frank May / Frank May)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG verweist auf die Unterschiede zwischen dem Vorschlag der EU-Kommission und der nun formulierten Haltung des Parlaments:
"Es gleicht der Reparatur eines Rennwagens bei Höchstgeschwindigkeit. So rasant entwickelt sich die KI. Die EU-Kommission konnte bei der Vorlage des KI-Gesetzes vor zwei Jahren nicht mit dem ChatGPT-Schock rechnen. Der Charme des Kommissionsansatzes ist, dass er nicht die KI selbst anschaut, sondern was sie macht. Der Großteil der Anwendungen ist unbedenklich. Es gibt keinen Grund, hier enge Grenzen zu setzen. Dabei hätte es das EU-Parlament belassen sollen. Offenbar aber war der ChatGPT-Schock dann doch zu groß. Die Abgeordneten wollen generative KI unabhängig vom Einsatzgebiet umfassend auf Risiken überprüfen. Das ist exakt der Tritt auf die Bremse, den Europa nicht braucht."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt:
"Die Technologie steht erst am Anfang ihrer Möglichkeiten. Es ist daher nicht zu früh, aber auch noch nicht völlig zu spät, sie per Gesetz einzuhegen – immerhin ist die EU-Initiative weltweit die erste, die etwas Derartiges versucht. Dass die EU-Parlamentarier mehrheitlich gegen Dinge wie eine automatische Gesichtserkennung per KI votierten, positioniert Europa eindeutig gegenüber repressiven Staaten wie China, die damit längst ihre Bürger überwachen. Dass die Entwickler von KI-Systemen jedoch ein sehr umfassendes Risiko-Management betreiben sollen, könnte gerade die kleineren Firmen benachteiligen. Der Schuss könnte damit nach hinten losgehen und erst recht die Dominanz der Konzerne bestärken."
Nach dem gestrigen Protesttag der Apotheken beschäftigt sich die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz mit der Zukunft der Branche:
"Ein Weiter so hilft niemandem. Auch bei den Apotheken gibt es ein Stadt-Land-Gefälle. Daher braucht es ein differenziertes Honorarsystem, das die Vorhaltekosten auf dem Land abdeckt, aber nicht jede Apotheke in der Stadt retten muss. Und es braucht ehrliche Antworten auf die Frage, wie wieder mehr insbesondere junge Pharmazieabsolventinnen dafür begeistert werden können, in der Apotheke zu arbeiten oder sie gar zu besitzen. Ob Apotheker oder Hausarzt – wer diese Berufe ergreift, wird dies auch künftig aus einem gewissen Idealismus tun müssen. Doch es muss sich auch auszahlen, dass man diese manchmal unterschätzten hochkomplexen und anspruchsvollen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllt."