11. Juni 2024
Die Wirtschaftspresseschau

Die Kommentare beschäftigen sich mit den wirtschaftlichen Folgen der Europawahl.

11.06.2024
Ein Wahlbrief wird in eine Wahlurne gesteckt, im Hintergrund eine EU-Flagge.
Die Europawahl beschäftigt auch die Kommentatoren in den Wirtschaftsteilen der Zeitungen. (picture alliance / Panama Pictures / Dwi Anoraganingrum)
Die WIRTSCHAFTSWOCHE sieht das Signal für einen Wandel:
"Der grüne Mainstream in Europa ist ebenso wie der Green Deal in den Hintergrund gerückt. Krieg, Energiepreisexplosion, Inflation und eine grassierende Unsicherheit über die Folgen und das Tempo der ökologischen Transformation in der Industrie haben die politischen Gewichte verschoben. Gewachsen ist auch die Sorge, dass Europa im Muskelspiel der Supermächte zwischen China und den USA zerrieben wird. Zur Selbstbehauptung sind daher mehr Wettbewerbsfähigkeit und eine Entlastung der europäischen Wirtschaft vonnöten."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG folgert aus der Wahl:
"Dass die Ampelparteien hierzulande nicht als strahlender Sieger hervorgehen werden, galt als gesetzt. Dass auch in anderen Ländern Parteien vom rechten Rand im Aufwind sind, war ebenso bekannt. Und doch hat diese Europawahl Märkte derart bewegt, wie es bei nationalen Urnengängen nicht immer der Fall ist. Das lag nicht nur daran, dass die Ankündigung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Neuwahlen noch in diesem Monat auszurufen, Schockwellen bis hin zur japanischen Börse auslöste. Europakritische Kräfte sind auf dem Vormarsch. Das schlägt auf die Märkte durch und drückt den Kurs des Euros. Europa muss Partikularinteressen in den Hintergrund stellen, als Einheit auftreten - wie die USA oder China auch. Dann können auch die Kurse europäischer Aktien, die derzeit historisch günstig sind, ihr volles Potential heben, dann kann der Euro seinen fairen Wert - insbesondere auch gegen den Dollar - abbilden."
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf blickt auf die Partei von Finanzminister Lindner:
"Aus der Europawahl lässt sich für die FDP schwer herauslesen, ob ihr harter Haushaltskurs wirklich noch ein Gewinnerthema ist. Mit 5,2 Prozent schneiden die Liberalen nicht besser ab als 2019, aber eben auch nicht viel schlechter. Selbst für FDP-Anhänger dürfte im Zweifel aber eine gelungene Wirtschaftswende wichtiger sein als das stoische Festhalten an der Schuldenbremse. Der Druck von SPD und Grünen auf FDP-Chef Lindner, in den laufenden Haushaltsverhandlungen nachzugeben, nimmt nach dieser Wahl noch einmal enorm zu. Beide linke Parteien interpretieren ihr miserables Wahlergebnis vor allem als Auftrag, deutlich mehr für Klimaschutz, Infrastruktur sowie innere, äußere und soziale Sicherheit tun zu müssen. Und das geht kurzfristig vor allem mit mehr Geld. Dass aber der Finanzminister im aktuellen Haushaltspoker nachgibt, ist auch nach der Wahl unwahrscheinlich."