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Die Wüste brennt

Klimaforschung. - In Wüstengebieten scheint sich die mittlere Temperatur stärker zu erhöhen als in anderen Gebieten der Erde. Das hat ein NASA-Forschungsteam vom kalifornischen Ames-Forschungszentrum im Death Valley festgestellt. Die Lufttemperatur dort stieg im letzten Jahrhundert dreimal so stark wie die globale Mitteltemperatur.

    Von Volker Mrasek

    Es soll ja vorkommen, dass Forscher schon einmal Nächte im Labor verbringen. Chris McKay hat gute Gründe, es ständig so zu halten. Denn der Planetenkundler von der US-Raumfahrtbehörde NASA arbeitet im Death Valley, dem berühmten und größten Nationalpark der Vereinigten Staaten im Bundesstaat Kalifornien:

    Im Sommer ist es dort wahnsinnig heiß. Deswegen fahr' ich lieber nachts hin. Ich hab' dann einen Scheinwerfer dabei, wenn ich unsere Messstation kontrolliere. Beim letzten Mal waren es da 45 Grad Celsius. Das kann man noch aushalten. Am Tage dagegen bringt einen die Hitze fast um.

    Gut, dass McKay und seine Arbeitsgruppe vom Ames-Forschungszentrum der NASA sich das alles antun. Denn dadurch erfahren wir jetzt: In Wüstenregionen schlägt die Erderwärmung offenbar stärker durch als in vielen anderen Klimazonen der Erde.

    Im Death Valley ist die durchschnittliche Luft-Temperatur im letzten Jahrhundert dreimal so stark angestiegen wie im Weltmittel - um 1,7 Grad Celsius. Das zeigt eine neue Studie des NASA-Teams. Bisher gilt die Aufmerksamkeit der Klimaforscher vor allem den Polargebieten. Auch sie erwärmen sich derzeit stärker als andere Weltregionen. Doch mit neuen Temperatur-Rekorden ist in Trockenwüsten der Erde zu rechnen. McKay:

    Death Valley ist der heißeste Ort Nordamerikas und deshalb so interessant für uns. Wenn sich die Welt weiter erwärmt, dann werden extrem heiße Tage im Death Valley wahrscheinlich häufiger. Das heißt, wir haben hier einen guten Indikator für den globalen Wandel.

    Neuerdings ist das Death Valley sogar der heißeste Ort auf der ganzen Erde. Jedenfalls der heißeste, an dem Messapparaturen stehen. 1998 zeigte das Thermometer in McKays Station an einem Juli-Tag genau 53,06 Grad Celsius. Im vorletzten Jahr waren es 52,6 Grad - beides Weltjahresrekorde.

    Dass es in dem berühmten "Todestal" immer heißer wird, kündigt sich schon länger an. Immer öfter klettert das Thermometer über die 52-Grad-Marke. McKay:

    In den 60er Jahren war es nur einmal so heiß, in den 70ern und 80ern ein paar Mal. Und in den 90er Jahren dann schon 13mal. Also wenn die Leute im Death Valley das Gefühl haben, es wird immer häufiger extrem heiß, dann zeigen unsere Daten: Das stimmt!

    Nicht mehr lange, dann bricht der auch von vielen europäischen Touristen besuchte Nationalpark alle Rekorde. McKay:

    Das Guiness-Buch der Rekorde führt 58 Grad Celsius als höchste jemals gemessene Temperatur auf. Das war 1922 in Libyen. Ich glaube: Wenn der Klimawandel anhält, wird Death Valley diesen Rekord brechen, innerhalb der nächsten zehn Jahre.

    Dabei war es vor 80 Jahren in der libyschen Wüste vermutlich nicht einmal so heiß, wie die Aufzeichnungen vorgeben. Das Thermometer dürfte sich damals selbst stark aufgeheizt und den Messwert deshalb verfälscht haben. In Death Valley betreibt McKays Arbeitsgruppe jetzt ein Gerät, das ständig gekühlt wird. Dennoch müssen immer wieder die Batterien ersetzt werden - bevor sie der Hitze wegen explodieren.

    Die NASA-Forscher wollen weitere Messstationen in brütend heißen Wüstengegenden aufbauen, vorerst nur in den USA. McKays innigster Wunsch ist es aber, Sensoren auch in der libyschen Wüste zu installieren. Und vielleicht in Israel, am Toten Meer. Dort befindet sich der tiefste Ort der Erde, rund 400 Meter unter dem Meeresspiegel. Nirgendwo sonst auf dem europäisch-asiatischen Kontinent ist es heißer. Gut möglich, dass auch dort die Temperaturen demnächst noch höher steigen.

    Es ist im übrigen ein Irrtum anzunehmen, das ein paar Grad mehr in der Wüste uns nicht kümmern müssen. Denn auch, wenn man es nicht glauben mag: Im Todestal Death Valley zum Beispiel leben Menschen. Es gibt sogar eine Schule. Und der Unterricht ist nicht nachts, sondern tagsüber.