Sie warteten vergebens. Drei Tage vor ihrem offiziellen Begnadigungstermin, dem 17. Dezember 1979, war Vera Brühne, noch ehe die Reporter kamen, ins Dunkel der Anonymität geflohen, das sie bis zu ihrem Tod im Jahr 2001 nicht mehr verlassen sollte. Ihre einsamen letzten Jahre standen in scharfem Kontrast zu dem Leben, das sie geführt hatte, bevor das Urteil eines deutschen Richters sie hinter Gitter brachte.
In einem Film von Hark Bohm spielte fast 40 Jahre nach dem Urteil Corinna Harfouch die Frau, deren Fall die Bundesrepublik nie zur Ruhe kommen ließ.
Am 20. April 1960 waren der Arzt Otto Praun und seine Haushälterin, Elfriede Kloo, erschossen aufgefunden worden. Praun hatte einen Revolver in der Hand, die Polizei verzichtete auf lästige Spurensicherung und protokollierte Mord und Selbstmord. Aber das Testament, in dem der sehr vermögende Arzt seine Freundin Vera Brühne zur Erbin machte, gab seinem Sohn zu denken: Er beantragte die Exhumierung, und da erst fand man in Prauns Kopf zwei Einschüsse: Selbstmord war das nicht gewesen.
Nun begann ein Jahrhundertprozess. Vor Gericht kam eine Frau von 50 Jahren, attraktiv, elegant und von einer Selbstsicherheit, die zu ihrem Verhängnis beitragen sollte: Vera Brühne. Der Mann, der das Werkzeug ihrer Habgier gewesen sein sollte, war ihr Jugendfreund Johann Ferbach. Gerhard Mauz, Gerichtsreporter des "Spiegel", erinnerte sich später
Mauz: Es war einer der Prozesse, wie man sie in Frankreich kannte, wie man sie auch in den USA kannte - aber nicht in Deutschland.
Von Anfang an nistete in diesem Verfahren der Zweifel. Eine Hauptbelastungszeugin, Vera Brühnes junge Tochter, widerrief ihre Aussage, ein anderer Zeuge erwies sich als unglaubwürdig. Dass schließlich weder fehlende Geständnisse noch schlampige Polizeiarbeit am Tatort den Urteilsspruch verhindern konnten, das führten viele auf die Person der Angeklagten zurück:
Vera Brühne, die "Lebedame". Eine, die sich hatte aushalten lassen, in reifem Alter noch dazu, eine, die sich ungeniert an jenem schönen Leben beteiligt hatte, das der frische Reichtum der 50er Jahre den Erfolgreichen bot. Sie verkörperte den Typ der femme fatale, den es in Deutschland seit der jungen Marlene Dietrich gar nicht mehr gegeben hatte.
Wurde in Vera Brühne die Frau bestraft, die aus der weiblichen Rolle, wie die fünfziger Jahre sie vorschrieben, gefallen war? Die Zweifel an der Schuld der beiden Angeklagten verstummten nie, und wie so oft bildete sich um den Fall ein schwer durchschaubares Gemisch aus immer neuen Zeugenaussagen, Alibis, Verschwörungstheorien. Jeder wollte mitreden, alles schien möglich: Von der Verwicklung des BND in die Waffengeschäfte des Dr. Praun bis zur Ausschaltung unliebsamer Zeugen. Jedenfalls aber bildete sich ein Kenntnisstand, nach dem Vera Brühne aus heutiger Sicht nicht hätte verurteilt werden dürfen. Noch nach Vera Brühnes Tod im Jahr 2001 blieb der Fall für viele Juristen eine Art offene Wunde, einer von ihnen, Gerhard Strate, hätte ihn am liebsten von neuem aufgerollt
Strate: Es gibt eine Kardinalfrage, das ist die der Tatzeit. Der Kollege Hattenhorst konnte nachweisen, dass die Leichenstarre auf einen späteren Todeszeitpunkt hinweist, die Anklage hatte von Gründonnerstag gesprochen, aber es war wahrscheinlich schon Karfreitag, und dafür hatte Frau Brühne ein Alibi.
Ins Gewebe der Verdächtigungen, die bis in die Spitzen der Gesellschaft wiesen, fügte sich perfekt die Tatsache, dass Vera Brühne eine Wiederaufnahme des Verfahrens nie durchsetzen konnte. So verzichtete sie, nach 17 Jahren Haft, schließlich doch auf Recht - und nahm die Gnade.
In einem Film von Hark Bohm spielte fast 40 Jahre nach dem Urteil Corinna Harfouch die Frau, deren Fall die Bundesrepublik nie zur Ruhe kommen ließ.
Am 20. April 1960 waren der Arzt Otto Praun und seine Haushälterin, Elfriede Kloo, erschossen aufgefunden worden. Praun hatte einen Revolver in der Hand, die Polizei verzichtete auf lästige Spurensicherung und protokollierte Mord und Selbstmord. Aber das Testament, in dem der sehr vermögende Arzt seine Freundin Vera Brühne zur Erbin machte, gab seinem Sohn zu denken: Er beantragte die Exhumierung, und da erst fand man in Prauns Kopf zwei Einschüsse: Selbstmord war das nicht gewesen.
Nun begann ein Jahrhundertprozess. Vor Gericht kam eine Frau von 50 Jahren, attraktiv, elegant und von einer Selbstsicherheit, die zu ihrem Verhängnis beitragen sollte: Vera Brühne. Der Mann, der das Werkzeug ihrer Habgier gewesen sein sollte, war ihr Jugendfreund Johann Ferbach. Gerhard Mauz, Gerichtsreporter des "Spiegel", erinnerte sich später
Mauz: Es war einer der Prozesse, wie man sie in Frankreich kannte, wie man sie auch in den USA kannte - aber nicht in Deutschland.
Von Anfang an nistete in diesem Verfahren der Zweifel. Eine Hauptbelastungszeugin, Vera Brühnes junge Tochter, widerrief ihre Aussage, ein anderer Zeuge erwies sich als unglaubwürdig. Dass schließlich weder fehlende Geständnisse noch schlampige Polizeiarbeit am Tatort den Urteilsspruch verhindern konnten, das führten viele auf die Person der Angeklagten zurück:
Vera Brühne, die "Lebedame". Eine, die sich hatte aushalten lassen, in reifem Alter noch dazu, eine, die sich ungeniert an jenem schönen Leben beteiligt hatte, das der frische Reichtum der 50er Jahre den Erfolgreichen bot. Sie verkörperte den Typ der femme fatale, den es in Deutschland seit der jungen Marlene Dietrich gar nicht mehr gegeben hatte.
Wurde in Vera Brühne die Frau bestraft, die aus der weiblichen Rolle, wie die fünfziger Jahre sie vorschrieben, gefallen war? Die Zweifel an der Schuld der beiden Angeklagten verstummten nie, und wie so oft bildete sich um den Fall ein schwer durchschaubares Gemisch aus immer neuen Zeugenaussagen, Alibis, Verschwörungstheorien. Jeder wollte mitreden, alles schien möglich: Von der Verwicklung des BND in die Waffengeschäfte des Dr. Praun bis zur Ausschaltung unliebsamer Zeugen. Jedenfalls aber bildete sich ein Kenntnisstand, nach dem Vera Brühne aus heutiger Sicht nicht hätte verurteilt werden dürfen. Noch nach Vera Brühnes Tod im Jahr 2001 blieb der Fall für viele Juristen eine Art offene Wunde, einer von ihnen, Gerhard Strate, hätte ihn am liebsten von neuem aufgerollt
Strate: Es gibt eine Kardinalfrage, das ist die der Tatzeit. Der Kollege Hattenhorst konnte nachweisen, dass die Leichenstarre auf einen späteren Todeszeitpunkt hinweist, die Anklage hatte von Gründonnerstag gesprochen, aber es war wahrscheinlich schon Karfreitag, und dafür hatte Frau Brühne ein Alibi.
Ins Gewebe der Verdächtigungen, die bis in die Spitzen der Gesellschaft wiesen, fügte sich perfekt die Tatsache, dass Vera Brühne eine Wiederaufnahme des Verfahrens nie durchsetzen konnte. So verzichtete sie, nach 17 Jahren Haft, schließlich doch auf Recht - und nahm die Gnade.